Vortrag und Diskussion in Berlin
Freitag, 6. Dezember, um 19:00 Uhr
Humboldt Uni, Raum 2002
Erdoğans Kulturrevolution
Mit Murat Yörük
Die Türkei Atatürks ging einst aus dem untergegangenen Osmanischen Reich hervor und trat gegen die islamische Tradition an, indem sie den Westen zum Vorbild erklärte. Durch Atatürks Kulturrevolution, die eine radikale Säkularisierung zum Ziel hatte, sollte die islamische Alltagsmoral zurückgedrängt und durch staatliche Aufsicht kontrolliert werden. Nach nunmehr 90 Jahren ist immer weniger davon im Alltag zu spüren – die heutige Türkei ist vielmehr auf dem besten Weg in eine totalitäre Herrschaft. Pünktlich zum hundertjährigen Bestehen der Republik hofft darum der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan an seinem persönlichen Ziel, der Gründung einer „zweiten Republik“, angelangt zu sein.
Recep Tayyip Erdoğan und seine AK Parti (AKP) traten 2002 mit dem Versprechen an, eine umfassende Demokratisierung vorzunehmen. Nach 10 Jahren kann resümiert werden, dass im Namen der Demokratisierung, die hier eine ReIslamisierung der Gesellschaft bedeutet, an die Stelle der alten laizistisch-kemalistischen Elite eine neue, die islamisch-kemalistische getreten ist, die innerhalb der rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen zur schleichenden ReIslamisierung der Gesellschaft beiträgt.
Im Vortrag soll der politische Werdegang Erdoğans, der sich allzu gerne als Triumphator inszeniert, skizziert und anhand ausgewählter Reden dessen politische Rhetorik näher untersucht werden. Dabei werden auch einige Gedanken zur Sozialpsychologie des türkischen Islamismus zur Diskussion gestellt und die Frage geklärt werden, wie es dazu kommen konnte, dass scheinbar nicht wenige Türken eher an islamischer Prosperität interessiert sind als an individueller Freiheit.
Eine Veranstaltung der Association Antiallemande Berlin.
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