Deutschland scheint ein Land von Glückssuchern zu sein. Enquete-Kommissionen diskutieren nach dem Vorbild des bhutanischen „Bruttonationalglücks“ über neue Messzahlen für Wachstum und Fortschritt. Öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten senden ganze Themenwochen zum Glück und stoßen auf erhebliche Begeisterung. Sogenannte „Glücksforscher“ werden durch die Talkshows gereicht, und das Angebot der entsprechenden Ratgeber- und Lebenshilfeschriften auf dem deutschsprachigen Büchermarkt ist längst unüberschaubar geworden. An der Spitze des Glückshypes, der die gesamte Gesellschaft erfasst zu haben scheint, stehen Therapeuten, Erzieher und andere Unmenschen, die ihre Konzepte an den Mann bringen wollen. Ganz gleich ob Psychologie, Pädagogik oder Beratungsbranche, einig ist man sich in der Vorstellung, Glück sei etwas, das man erlernen könne, wenn man nur fleißig und ernsthaft an sich selbst arbeitet und das Leben so hinnimmt, wie es nun einmal ist. Egal ob Schulfach Glück, Positive Psychologie, positivistische Glücksforschung oder esoterische Lebensberatung, sie alle propagieren nur eines: die blinde und bedingungslose Anpassung an die bestehenden Verhältnisse. Dass sie damit vor allem das zementieren, wovon sie auffällig laut schweigen, soll der Vortrag thematisieren. Es wird davon zu reden sein, worin die Gründe für den gegenwärtigen Glücksboom zu suchen sind, was es mit der Formel vom Glück als „Lebens- und Lernkompetenz“ auf sich hat und warum das notwendige Scheitern von autoritären Beglückungskonzepten nur wenig Anlass zur Hoffnung gibt, dass die Menschen eines Tages vielleicht doch noch ihr Glück in die eigene Hand nehmen könnten.
Eine Veranstaltung des Arbeitskreises Gesellschaftskritik
Frühere Aktivitäten sind im Aktuell-Archiv aufgeführt. Dort gibt es auch einige Audio-Aufnahmen.
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