Alle paar Jahre wartet der Psychomarkt mit einem neuen Renner zur Menschheitsbeglückung auf. Der aktuellste trägt den Namen Positive Psychologie. In den rund 15 Jahren ihres Bestehens hat sie es nicht nur geschafft, sich eine dauerhafte und positive Medienpräsenz zu sichern. Vor allem im englischsprachigen Teil der Welt hat sich die neue Wissenschaft längst als anerkannte akademische Größe etabliert. Zwar stellt sie in Deutschland noch keinen verbindlichen Bestandteil des universitären Ausbildungskanons dar. Ihren Marsch durch die Vorlesungsverzeichnisse hat sie jedoch längst begonnen, und es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis auch deutsche Psychologiestudenten Abschlüsse in jenem Fach machen können, dass für sich den Anspruch erhebt, den Menschen zu „authentischem Glück“, zu einem „gelingenden Leben“ und zum „Aufblühen“ verhelfen zu können.
Die Positive Psychologie ist jedoch weit mehr, als ein universitäres Phänomen. In ihrem Schlepptau hat sie eine ganze Armee von Therapeuten, Mediatoren, Erziehern und anderen Unmenschen, die ihr Konzept an den Mann bringen wollen. Einig ist man sich dabei, dass Glück etwas sei, das man erlernen könne, wenn man nur fleißig und ernsthaft an sich selbst arbeitet und das Leben so hinnimmt, wie es nun einmal ist. Egal ob Schulfach Glück, Positive Psychotherapie, positivistische Glücksforschung oder esoterische Lebensberatung, sie alle propagieren nur eines: die blinde und bedingungslose Anpassung an die bestehenden Verhältnisse. Dass die Positive Psychologie vor allem das zementiert, wovon sie so auffällig laut schweigt – das gesellschaftliche Leid nämlich –, soll Thema des Vortrags sein.
Frühere Aktivitäten sind im Aktuell-Archiv aufgeführt. Dort gibt es auch einige Audio-Aufnahmen.
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