„Nie wieder Deutschland!“ – Unter diesem Motto mobilisierte die außerparlamentarische Linke vor 25 Jahren, im Mai 1990, strömungsübergreifend auf den Frankfurter Opernplatz, um gegen die deutsche Wiedervereinigung zu protestieren. 20.000 Menschen folgten dem Aufruf. Wenige Monate später war diese ungewohnte Harmonie vorbei: Es brachen jene Konfliktlinien auf, an denen sich die außerparlamentarische Linke in den nächsten beiden Jahrzehnten gruppieren sollte. In personeller Hinsicht fiel man in die Bedeutungslosigkeit. Gruppierungen, die seit mehr als zwanzig Jahren bestanden hatten, lösten sich auf; die Linke geriet in eine der größten Krisen ihrer Geschichte. Dieser Umstand verwundert zunächst. So hatten APO und Co. dem Honecker-Regime und den anderen Staaten des „real existierenden Sozialismus“ in der Regel kritisch bis feindselig gegenübergestanden. Es stellt sich damit die Frage, warum die außerparlamentarische Linke ausgerechnet durch das Ende der DDR, die deutsche Wiedervereinigung und den Untergang des Ostblocks in einen Schockzustand fiel. Und: Warum hat sie sich auch heute, mehr als ein Vierteljahrhundert später, noch nicht von diesem Schock erholt? Um hierauf antworten zu können, ist sowohl ein Blick auf die Zeit des Kalten Krieges als auch eine Auseinandersetzung mit jenen drei Begriffen nötig, die nach wie vor im Zentrum des linken Selbstverständnisses stehen: Revolution, Antifaschismus, Antiimperialismus.
Jan-Georg Gerber ist u.a. Autor der Bücher Das letzte Gefecht – Die Linke im Kalten Krieg (XS-Verlag, Berlin 2015), das bei gleicher Gelegenheit vorgestellt werden soll.
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