Schillers Diktum „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“ verwirklicht sich heute in einer Weise, die seinen Wahrheitsgehalt irreparabel zerrüttet. Die in Pädagogik- und Coaching-Ratgebern ventilierte Ansicht, dass „spielerisches Lernen“ nachhaltiger und humaner sei als die bürgerlichen Bildungsanstalten mit ihren starren Autoritäten, hat geholfen, einen Lehr- und Forschungsbetrieb hervorzubringen, in dem Leute, die sich selbst so wenig wie einander ernst nehmen, mit Bierernst und Verbissenheit daran arbeiten, einander in Schaukämpfen zu überbieten. Weil alle wissen, dass insistentes Denken das akademische Image desjenigen, dem es unterläuft, langfristig schädigt, dass aber der ungeliebte Betrieb die einzige Möglichkeit ist, die Subsistenz zu sichern, folgen alle dem von Adorno in Minima Moralia beschriebenen Prinzip „Hinunter und immer weiter“, wonach noch „in der kleinsten Gemeinschaft [...] das Niveau dem Subalternsten ihrer Mitglieder“ gehorcht: „Seitdem die Welt den Menschen die Rede verschlagen hat, behält der Unansprechbare recht.“ Unansprechbare aber zeichnen sich dadurch aus, dass sie hemmungslos reden. Maßstab für die Beurteilung solcher Rede ist nicht ihre immanente Triftigkeit oder die Adäquanz von Sprache und Sache, sondern ihre Kommunikabilität. Doch der Begriff der Kommunikation hat sich seit der Epoche Adornos verändert. Er bezeichnet nicht mehr einfach den instrumentellen Aspekt von Sprache, ihre Brauchbarkeit im Dienst der Mitteilung, sondern ihre Fähigkeit, diejenigen, an die sie sich richtet, „mitzunehmen“, „anzusprechen“, „einzubeziehen“, und wie sonst die Stichworte des autoritären Populismus lauten. Deshalb ist das Denken zunehmend gezwungen, sich in Spiel, Performance, Unterhaltung zu verwandeln und sich eigene Bühnen zu schaffen, auf denen es vermeintlich unmittelbar „den Menschen“ gegenübertreten kann. Gerade durch solch falsche Mimesis aber begibt es sich seines spielerischen Moments, der Freiheit zur Sache und zum Ausdruck, die es zum Denken machen, und wird zum Exorzismus des Geistes. Der Vortrag soll das an der jüngsten Schrumpfform dieser Entwicklung entfalten, den Science Slams, die derzeit als angesagte Form der „Wissenschaftskommunikation“ gelten.
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