Einmal mehr ist der Untergang des Westens ausgeblieben. Während man daheim Angela Merkel schon zur Anführerin der freien Welt kürte, entwickelten sich die Verhältnisse nach der Präsidentenwahl in den USA anders, als man erwartet, ja genauestens prophezeit hatte: Die postdemokratische Populistendiktatur lässt auf sich warten. Nach 100 Tagen Trump müssen die Künder des Kollapses enttäuscht feststellen: Keine seiner erfolgreichen innenpolitischen Amtshandlungen war besonders radikal. Heikler wurde es allerdings in der Außenpolitik: Wird Trump die nationalen Interessen dem wiederentdeckten Feind Russland aushändigen? Beendet er nun wirklich die transatlantische Allianz, wie man zugleich befürchtet und doch auch ein wenig erhofft? Wird China im Pazifik die Oberhand gewinnen? Und muss sich Trump gegen die Nuklearmacht Nordkorea geschlagen geben?
Am deutlichsten war die Hoffnung im Fall Israels und des Nahen Ostens. Der neu proklamierte Isolationismus der Vereinigten Staaten müsste doch bedeuten, dass sie sich auch dort zurückziehen, obwohl Trumps zentrale außenpolitische Wahlkampfbotschaft ein angeberisches Bomb the shit out of ISIS! war. Und ist Trump nicht ein wenigstens struktureller Antisemit, der seine Tochter Ivanka lediglich als Alibi heranzieht? Müsste Trumps Außenpolitik nicht auf Kosten der Juden und ihres Staates gehen, wie es die einen zu ersehnen und die anderen zu befürchten scheinen?
Die mittlerweile zur Gewohnheit gewordene Verwechslung von Psychodeuterei mit der Analyse von Staatspolitik ist bereits aus der Ära Obama bekannt, wenn auch unter umgekehrtem Vorzeichen: Als Person vielleicht mehr likable, entpuppte sich die tatsächliche Politik seiner Administration gegenüber Israel als äußerst radikal und feindselig. Das Verhältnis der neuen US-Regierung zum Staat Israel ist weniger eindeutig. Der punitive Schlag auf den syrischen Flughafen, von dem aus Assad den letzten Chemiewaffenangriff startete, und der Abwurf der mother of all bombs auf die IS-Höhlen in Afghanistan lassen noch nicht auf eine langfristige Strategie im Nahen Osten schließen. Dass es zwischen Amerika und Israel wieder freundlicher zugeht, lässt sich leicht konstatieren. Doch folgt daraus auch, dass, wie es die antisemitischen Besserwisser immer schon ahnten, der Judenstaat in der Tat als Gewinner hervorgeht?
Von den vielen groß angekündigten Initiativen Trumps ist sein Wunsch, den Frieden zwischen den Palästinensern und Israel zu schließen, die wohl wichtigste. Laut Netanyahu ist es nun das Ziel, ein umfassendes Abkommen mit den sunnitischen arabischen Ländern zu erreichen, die von der durch den Atom-Deal gestärkten Großmachtpolitik des Iran gefährdet sind. Das soll auch die Frage des Friedens im Nahen Osten einschließen, was allerdings eine Schwächung des Iran voraussetzt. Diese wiederum wird durch den noch immer wütenden Terrorismus des Islamischen Staats behindert. Wie sich die Verhältnisse zwischen Trumps Amerika und Israel entwickeln, erscheint demnach abhängig vom Ausgang des Kriegs in Syrien, vom Zurückdrängen des Iran in der Region, von der Beseitigung des IS und – wenig überraschend – der Deeskalation der nuklearen Gefahr Nordkorea.
Eine Veranstaltung der Gruppe Thunder in Paradise unterstützt vom Referat für politische Bildung im AStA der Uni Frankfurt sowie vom Jungen Forum in der DIG Frankfurt