Was erlauben sich die Amis, einen wie Trump zu wählen, was erlauben sich die Tommies, der EU den Rücken zu kehren? Die deutsche Öffentlichkeit jedenfalls, insbesondere die linke, ist seit gut einem Jahr dauerempört über den vermeintlichen moralischen Absturz der Westmäche des Zweiten Weltkriegs. Eine Empörung, die zugleich einen satten moralischen Mehrwert verspricht: Glauben doch mittlerweile nicht zuletzt jene, die sich selbst für deutschlandkritisch halten, dass das anständige Merkel-Deutschland, das inmitten des auf Austerität gepolten Europa von einer Exportbestmarke zur nächsten eilt, der wahre Hüter des Westens wäre, der aus der Geschichte lernte, dass Nation und Grenzen (und nicht der paranoide Antisemitismus) Auslöser des Zweiten Weltkriegs waren.
Dieser neue Antiamerikanismus erinnert fatal an die Methoden der Wiedergutwerdung (Eike Geisel) der Deutschen gegenüber den Juden. Auch sie wurden mit den Lehren aus der Geschichte konfrontiert, die die Täter von einst formulierten: Frieden mit jedem, gleich ob der einem an den Kragen will, und bloß sich nicht wehren gegen erklärte Feinde, sonst werde man selbst zum Täter wie einst Hitlerdeutschland. Hitlers potentieller Wiedergänger ist hier jeder, der dem Islam misstraut, der gegen die neue transnationale Produktionsordnung zu verstoßen versucht, der den abgehängten Abschaum (Hillary Clinton) überhaupt als potentielle Wähler anzusprechen versucht und nicht gleich in den Mülleimer der Geschichte zu stoßen beabsichtigt - und nicht zuletzt der, der Grenzen sichert, gerade jene Grenzen, die einen Raum möglichst angst- und gewaltfreien gesellschaftlichen Verkehrs sichern und definieren, also der, der nicht insgeheim den Ausnahmezustand herbeisehnt (wie die Deutschen es zwanghaft immer wieder tun).
Gegen diesen neuen Antiamerikanismus wenden sich die Überlegungen von Magnus Klaue und Uli Krug. Sie werden unter anderem die Frage aufwerfen, ob America First unter heutigen Bedingungen nicht etwas ganz anderes meint, als es die amerikanischen Rechten taten, die einst den Slogan aufbrachten, um eine Intervention gegen Hitlerdeutschland zu verhindern, oder ob der neue deutsche Antinationalismus im Kern nicht ebenso antiwestlich ist, wie es der alte Kulturnationalismus schon war.
Der Vortrag findet im Rahmen der Antifaschistischen Hochschultage 2017 der AG Antifa statt