Man hat sich bereits allzu sehr daran gewöhnt, dass die Krise des politischen Bewusstseins viel tiefer reicht, als es die tatsächliche Krise politischer Repräsentation wie ökonomischer Reproduktion eigentlich rechtfertigt: Weltherrschaftsfantasien, Verschwörungsdenken, antiwissenschaftliche Affekte und Vernunftfeindlichkeit im allgemeinen – wenn man so wollte: das antisemitische Syndrom – haben das gesellschaftliche Denken bereits so stark affiziert, dass sie es im Grunde auch da noch bestimmen, wo man noch genügend Restvernunft besitzt, wenigstens die Exzesse dieses Syndroms zurückzuweisen.
Zu zeigen, dass diese Regression systematischen Charakter besitzt, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Charakterwandel der Gesellschaft und dem Wandel des gesellschaftlich vorherrschenden Charakters, ist Anliegen von Der Wert und das Es. Das Buch schlägt vor, die vollendete Selbsttätigkeit des fixen Kapitals als das sozusagen äußere Es der Gesellschaft zu begreifen, als jenen Trieburgrund, der die Kontrolle des Individuums bricht, während im Inneren dieses entmachteten Individuums das Verdrängte die Kontrolle durchs Ich abschüttelt - also das innere Es Verhalten und Verstand regelrecht in seinen Dienst zu stellen beginnt.
Deshalb sind Marxismus und Psychoanalyse zwar epistemologisch grundverschieden und gehören trotzdem, sofern beide ihr jeweiligen kritischen Gehalt bewahren möchten, auf Gedeih und Verderb zusammen. Das gilt spätestens seit jenem Zeitpunkt, ab dem der Kapitalismus nur noch auf Kosten des von ihm einst mitgeführten äußeren wie inneren Fortschritts weiterzuleben vermochte und vermag; jenem Zeitpunkt in etwa, den Wolfgang Pohrt als den identifizierte, an dem das Kapital seinen historischen Gebrauchswert zerstörte. Und genau deshalb bedeutet Verzicht auf psychoanalytische Erkenntnis heute mehr denn je Verzicht auf Kritik überhaupt.
Veranstaltet vom _[a:ka]_