50 Jahre nachdem die Achtundsechziger-Bewegung die Einheit von sozialer, politischer und sexueller Revolution proklamierte, ist von diesem Versprechen so gut wie nichts mehr übrig, obwohl es weiterhin als Trademark diverser partikularer, sei es libertär-hedonistisch oder postfeministisch-sexpositiv daherkommender Gruppen fungiert. Unsystematisch und konstellativ sammelt Die Antiquiertheit des Sexus Überbleibsel des Glückversprechens der freien Liebe ein und fragt, wie es dazu kommen konnte, dass aus Bewegungen, die sich einmal die sexuelle Emanzipation auf die Fahnen schrieben, unter dem Label des Antisexismus islamsensible, zuverlässig misogyne und homophobe Zivilgesellschaftsverbände werden konnten.
Im Mittelpunkt stehen bei der Beantwortung dieser Frage die Perhorreszierung kindlicher Sexualität, die die Geschichte des Bürgertums hindurch bis in die Zweite Frauenbewegung zu beobachten ist, und die Verdrängung des Leibes als Erinnerung an die erste Natur durch sogenannte Körpertechnologien, in denen die zur Totalität gewordene zweite Natur affirmiert wird.