Nachdem das Bundesverfassungsgericht im November 2017 entschieden hatte, dass in standesamtlichen Einträgen ein drittes Geschlecht aufgeführt werden müsse, weil andernfalls Intersexuelle diskriminiert würden, veröffentlichte Die Zeit unter dem Titel Hallo, ich bin die dritte Option das Porträt eines zum Mädchen zwangsoperierten Intersexuellen, in dem alles enthalten war, was das Urteil zum dritten Geschlecht problematisch macht. Es ging bei dem Urteil nämlich gar nicht darum, intersexuellen Kindern die erniedrigende Erfahrung zu ersparen, dass es keine amtliche Bezeichnung für ihr Geschlecht gibt, vielmehr wurde – analog zur politischen Propaganda des dritten Weges – dem immer massenwirksameren Bedürfnis stattgegeben, sich psychosexuell als Vertreter einer dritten Option zu identifizieren, die über die als binäres Zwangsschema perhorreszierte Zweigeschlechtlichkeit hinausweise. Ein Bedürfnis, das reale Intersexuelle lediglich als Alibi in Dienst nimmt für eine mittleweile unter Linken zum kollektiven Phantasma gewordene obsessive Triebzielvermeidung, die als gelebte Praxis nicht anders als repressiv, lust- und damit geistfeindlich ausfallen kann. Denn der Sexus ist keine Option, sondern bezeichnet in allen seinen unterschiedlichen Ausdrucksformen die Erscheinung eines Widerspruchs: Heterosexualität und Homosexualität wie die sogenannten Perversionen sind allesamt Vermittlungsversuche, die auf die Erfahrung dieses Widerspruchs reagieren – dass nämlich anatomische und psychosexuelle Geschlechteridentität nie zusammenfallen, es sei denn um den Preis der Liquiderung von Geschlechtlichkeit. Der Begriff des Triebschicksals bezeichnet in der Psychoanalyse kein Fatum, sondern dessen Gegenteil: die nur individuell rekonstruierbare, in ihrer Individualität aber allgemeine Psychohistorie der Sexualität als Vollzugsform und nie endgültig fixierbares Resultat der Vermittlung zwischen erster und zweiter Natur, Trieb und gesellschaftlichem Subjekt. Der Queerfeminsimus zielt auf nichts anderes als die Liquidierung des so verstandenen Triebschicksals: Im Kult um Intersexualität propagiert er die Zwangsanpassung des psychosexuellen Identität ans vorgefundene Geschlecht, also an krude Natur; in der Feier der Transsexualität affirmiert er die restlose Anpassung der ersten Natur an die je subjektive Willkür. Entgegen der ständig beschworenen Identitätskritik geht es in beiden Fällen um die zwangsförmige Herstellung von Identität: Wie man sich fühlt, so muss man sein; wie man ist, so muss man sich fühlen. Jede Erfahrung der Nichtidentität von Selbst und Selbstgefühl wird zum Verstummen gebracht. Der Vortrag versucht zu zeigen, weshalb dieses Denken und die mit ihm einhergehende Praxis genau das sind, was Queerfeministen ihren Kritikern zu sein vorwerfen: menschenfeindlich.
Eine Veranstaltung der Gruppe Flying Fortress. Unterstützt vom StuPa der PH Heidelberg.