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Die „Großdemonstration“ am 28.1.07 und ihre Verteidiger – Ein Briefwechsel aus aktuellem Anlass

 

Am 17.1.07 schrieb Frau A. aus B. einen Brief an die Redaktion, in dem sie ihren Standpunkt als kritisches Mitglied der Deutsch Israelischen Gesellschaft darlegte. Die Redaktion hat darauf am 21.1.07 geantwortet. Beide Briefe werden im Folgenden dokumentiert.

 

 

Liebe Bahamas-Redaktionsmitglieder,

 

bislang fand ich eure Polemik mit gut recherchierten Argumenten verbunden. Angesichts eurer Veranstaltungsankündigung gegen die Demonstration am Samstag, den 27. Januar 2007 aber frage ich mich, was hinter dieser Polemik steckt.  Was bedeutet die Bezeichnung „organisiertes Judentum in Deutschland“ ?  Wen meint Ihr damit?  Wie kommt ihr begrifflich zu dieser Art der Verallgemeinerung?

Wäre es nicht besser, sich mit den einzelnen Demonstrationsunterzeichnern und ihren Kritikern auseinanderzusetzen. Es scheint, dass Ihr selber  alle Demonstranten und deren Kritiker in einen Topf werft.

Gehören nach eurer Lesart  Charlotte Knobloch, die Demounterzeichner aus  DIG  und Johannes Gerster  etc. „zum repräsentiven Ausschnitt des organisierten Judentums“?

Frau Knobloch hat vernünftige Projekte vorgeschlagen. Ihr Argument aber, Aktionen gegen die iranische Bedrohung auf eine breite Basis von Zentralrat, Kirche, Gewerkschaft usw. zu stellen, ist, denke ich, eine unrealistische Hoffnung angesichts der Politik dieser Organisationen der letzten Jahre. Auf- Andere-Zu-Warten ist keine politische Handlung sondern ein vorgeschobenes Argument nicht ins Fettnäpfchen zu treten.

         

Unverständlich ist mir eure Kritik an Gerster. Gersters Position ist überhaupt nicht identisch mit den Arbeitsgemeinschaften der DIG, die sich für die Demonstration gegen Ahmadinejad entschieden haben. Seine Appeasement-Politik geht in der allgemeinen Floskel auf „Freunde Israels ohne wenn und aber“ zu sein. Er lehnt eine Demo gegen die Bedrohung Israels durch den Iran schlichtweg ab. Dazu schweigt er und lässt keine Diskussion zu.

 

Mit der Frage: Irans Präsident plant den Massenmord. An wem?“ Meint Ihr denn, nur Ihr seid es, die an Israelis, Bekannte und Verwandte denkt und die Bedrohung des Staates erkannt habt?

Ich denke, dass die vom israelischen Ministerpräsidenten Olmert bei seinem Besuch im Dez. gestellte Forderung nach BRD-Wirtschaftssanktionen wesentlich ist zu unterstützen. Von linken wie rechten Politikern  und von der Presse wurde sie völlig übergangen und verschwiegen!  33 Milliarden Euro an Exportgütern aus der BRD in den Iran könnte der Grund der Zurückhaltung und des Schweigens sein. Auch Ihr fragt nicht danach! Warum? Wir können diese Kritik nur versuchen öffentlich zu machen und diese Gelegenheit wird auch auf der Demonstration am 27.01. geboten. Die Kritik am Bild  und einigen Formulierungen des Demoaufrufs oder am Demo-Weg sind zwar wichtig aber nicht wesentlich, um als eine kleine Koalition mit unterschiedlich denkenden Staatsbürgern, die wir nun mal sind, gegen die Bedrohung Israels durch den Iran und für das Einklagen der politischen wie wirtschaftlichen Aufgabe der BRD-Regierung zu demonstrieren.

   

Nach Theodor W. Adorno dürfen wir uns von unserer  politischen und wirtschaftlichen Ohnmacht nicht dumm machen lassen – und ich füge noch hinzu – auch nicht von einer Kritik, die aus welchen Gründen auch immer mit einer Bezeichnung  wie „organisiertes Judentum“  polemisieren will. ‚Verallgemeinerung dieser Denkart‘  stehen unter den Verdacht aus  fortwesenden Motiven der deutschen Vergangenheit her zu resultieren.

 

gezeichnet: Frau A. aus B., DIG-Mitglied und Bahamas Leserin

 

 

 

Liebe Frau A.,

 

Die Redaktion hat mich beauftragt, Ihren Brief zu beantworten.

Wenn Sie sich die Aufruferliste zur Demonstration am 28.1. ansehen, werden Sie feststellen, dass mehr als zwei Duzend jüdische Gemeinden und andere jüdische Verbände unter den Aufrufern sind. In Gemeinden oder Verbänden organisieren sich Leute, um ihren gemeinsamen Interessen oder Vorlieben stärkeres Gehör zu verschaffen, oder ihnen besser nachgehen zu können. Deshalb ergibt die Summe aller Sportverbände das organisierte Sportlertum, und der durch eine Parkanlage laufende Bahamas-Redakteur bleibt im Gegensatz dazu ein einzelner Läufer. Wenn jüdische Gemeinden, die keineswegs nur ein bestimmtes minoritäres Spektrum  abdecken, in ziemlich großer Zahl einen Aufruf unterschreiben, dann ist das „ein repräsentativer Ausschnitt des organisierten  Judentums.“ Ich weiß nicht, warum Ihnen das unangenehm ist. Die Redaktion Bahamas hält die Selbstorganisierung von Juden für sehr gut nachvollziehbar und in weiterhin für Juden  unfreundlichen Zeiten sogar unverzichtbar. Dass die DIG zum organisierten Judentum nicht gehören kann, weil sie keine jüdische Organisation ist, versteht sich ja wohl von selbst. Dass Charlotte Knobloch, wiewohl organisierte jüdische Interessenvertreterin zum genannten Ausschnitt nicht gehört, weil sie die Demonstration ablehnt, dürfte doch ebenfalls offensichtlich sein.

„Im Topf“ sind in unserem Nicht-Aufruf all jene zusammengefaßt, die zu der Demonstration aufgerufen haben und sonst niemand. Dazu gehört, und wenn Sie ihn dreimal nicht mögen und nur ungern mit ihm in einem Atemzug genannt werden wollen, nun einmal der Präsident des Vereins, dem auch Sie angehören, Johannes Gerster. Es wird in den letzten Tagen verschiedentlich von kritischeren Untergliederungen der DIG versucht, diese Tatsache zu dementieren – eine kuriose Bemühung, schließlich hat Gerster kurz vor Weihnachten in aller Deutlichkeit im Namen der ganzen DIG zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen (es sei denn, der als Anhang mitgeschickte Brief ist eine Fälschung).

Liebe Frau A., Sie dürfen die bestimmt unschöne Situation, in einem deutschen Verein immer und ewig in der Minderheit zu sein und zähneknirschend den Unsinn der Oberen in den Verbands- und Pressemitteilungen lesen zu müssen, nicht der Bahamas zum Vorwurf machen. Die DIG ist ein Honoratiorenverein, dessen Vorstandsposten fast auf allen Ebenen von wenig verlässlichen „Freunden“ Israels eingenommen werden. Mir ist auch wohl bekannt, dass Sie keineswegs die Einzige sind, die genauso viel gegen die Lattmanns und Gersters einzuwenden hat, wie die Redakteure dieser Zeitschrift. Auch weiß ich, dass die Entscheidung für die Demonstration in der DIG sehr umstritten war, und erst sehr spät sich auch ihr Präsident dahinter gestellt hat. Tun Sie jetzt aber bitte nicht so, als ob das Ihr und Ihrer kritischer Mitstreiter Erfolg gewesen sei, oder Ausdruck besonderer Boshaftigkeit von Herrn Gerster. Für diesen Übelstand ist allein ein Plakat und ein Aufruf verantwortlich, deren Urheber es sich haben angelegen sein, so zu gestalten und zu texten wie es einem Herrn Gerster gefällt, und eben nicht Ihnen und anderen mit Israel wirklich solidarischen Mitgliedern der DIG. Warum Frau Knobloch nicht aufgerufen hat, ist der Redaktion schleierhaft. Anscheinend sind ihr die Befindlichkeiten des Unglücksburschen Kramer, der mutmaßlich für sie die Öffentlichkeitsarbeit macht, wichtiger, als ein kluger politischer Schachzug, wie Gerster ihn getan hat. Frau Knobloch hat anders als er einfach nicht verstanden, dass eine solche „Großdemonstration“ wegen ihres korrupten Aufrufs jedenfalls dazu geeignet sein wird, dass Sie, liebe Frau A., aber auch nicht wenige kritische Geister aus dem organisierten Judentum auch in Zukunft zur Einflusslosigkeit verdammt unter der Verwaltung von Präsidenten, ersten Vorsitzenden, Gemeindesprechern und anderen Funktionsträgern des deutschen Vereinsrecht stehen werden.

Solange solche Aufrufe, mit Ausnahme der Redaktion dieser Zeitschrift, unangefochten die sogenannte Israelsolidarität in Deutschland – sei sie nun jüdisch oder nicht jüdisch – bündeln dürfen und jeder Kritiker am faulen Frieden als Kameradenschwein vor die Tür gesetzt wird, vor der die Bahamas aus guten Gründen immer schon ihren sicheren Ort bezogen hat, bleibt alles wie gehabt – und das wenige Monate vor der Fertigstellung der ersten iranischen Atombombe. Wir haben manche Briefe bekommen, in denen wir in sehr beleidigtem Ton dafür gescholten werden, dass wir ein streng gehütetes Geheimnis öffentlich gemacht und dadurch die Israelsolidarität quasi gespalten hätten. Diese Briefeschreiber haben uns ähnlich wie Sie darauf hingewiesen, dass sie den Aufruf natürlich schlecht, mindestens ungenügend, undeutlich und unglücklich hielten, um dann hinzuzufügen, dass es doch unsolidarisch und spitzfindig wäre, über einen öffentlichen Aufruf in der Öffentlichkeit kritische Anmerkungen zu machen. Lügen jetzt alle, oder besteht die Wahrheit darin, dass darauf gesetzt wird, dass alle Teilnehmer der „Großdemonstration“ viel radikaler und mutiger seien, als die seltsamen Vereinsmeier die für ihre öffentliche Darbietung zuständig sind? Selbst wenn das stimmte, was wir bis zum Beweis des Gegenteils bezweifeln, bleibt doch die Frage unbeantwortet, warum man die Passanten am 28.1. in Berlin und all die anderen uneingeweihten Leser des Aufrufs, vom einfachen Zeitungsleser bis hin zu Presseleuten und Politikern, einfach mit der Wahrheit, dass man in Wirklichkeit gegen das Appeasement der deutschen Regierung und Öffentlichkeit demonstriere, verschont.

 

Den letzten Absatz Ihres Briefes, der recht kryptisch mit Adorno hantiert, und aus ihm einen Art Gewerkschaftsfunktionär im Streit für „große gesellschaftliche Bündnisse“ zu machen sucht und aus uns verkappte Antisemiten, mögen sie uns bei Gelegenheit einmal erklären.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Sabine Schulzendorf

 

(Repräsentativer Ausschnitt des organisierten Bahamasianertums)

 

 

 

Anhang

Eine Spiegelung von:
http://www.bibelgarten.de/id_menue+114-seite+1-newssystem+488.html

Grossdemonstration gegen Ahmadinedschad
in Berlin, Sonntag, 28.Januar, 15.00 Uhr
Aufruf des Präsidenten der DIG
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
das ablaufende Jahr brachte mit den Attacken des iranischen Präsidenten
und der Holocaust-Leugner-Konferenz in Teheran neue erschütternde
Höhepunkte im Kampf gegen das Existenz-
recht des Staates Israel. Wir dürfen zu diesen Vorgängen nicht schweigen.
Deshalb wird die DIG mit anderen Organisationen einen Tag nach dem
Holocaust-Gedenktag und einen Tag vor der Sondersitzung des Deutschen
Bundestages
am Sonntag, dem 28. Januar 2007, um 15.00 Uhr im Zentrum von Berlin eine
G r o ß d e m o n s t r a t i o n veranstalten,
auf der wir öffentlichkeitswirksam und klar gegen das zerstörerische
Wirken des Iran und seiner Verbündeten Position beziehen werden.
Am gleichen Tag ist für 11.00 Uhr eine Sitzung des Präsidiums der DIG
vorgesehen.
Dieses Schreiben ist eine erste Vorinformation, der Anfang Januar eine
genaue Darstellung der Einzelheiten folgen wird.
Heute möchte ich Sie sehr herzlich bitten, soweit es Ihre eigenen
Veranstaltungen am Holocaustgedenktag zulassen, unsere zentrale
Kundgebung mit Herz und Verstand zu unterstützen. Wir wollen uns
kraftvoll zu Wort melden, unser Gemeinschaftsgefühl in der DIG stärken
und erfahren, dass wir mit unserer Arbeit nicht allein stehen.
Es bieten sich, je nach Entfernung zu Berlin, Ein- oder
Zweitages-Busreisen, auch mehrerer benachbarter AG`s, zusammen, an. Es
gibt Billigflüge, auch PKW- Fahrgemeinschaften sind natürlich möglich.
Wir haben durch die AG - Berlin bereits Zimmer - DZ plus Frühstück für
112 Euro - blockiert. Dem Ideenreichtum sind jedenfalls keine Grenzen
gesetzt. Anfang 2007 erhalten Sie auch einen Entwurf einer
Presseerklärung, mit der Sie in der örtlichen Presse für eine Teilnahme
an einer Gruppenfahrt werben können.
Bitte unterstützen Sie dieses Großereignis, dessen Erfolg auch von
unserem Einsatz abhängt.
Ein frohes Weihnachtsfest, Glück, Gesundheit und Erfolg im Neuen Jahr
und einen herzlichen Dank Ihnen zum Jahresende für Ihre Arbeit in und
für die DIG.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr
Johannes Gerster
Präsident

Unser Bibelgarten-Bus fährt ab Synagoge Dresden über Großröhrsdorf
Pulsnitz - Kamenz bis zur S-Bahn Berlin-Adlergestell und zurück. Kosten
euro 25,00 p.P. Anmeldungen sofort möglich.

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