In der Ausstellung „Kunst und Propaganda im Streit der Nationen 1933–1945“ im Deutschen Historischen Museum läßt sich derzeit erleben, wie unwidersprochen man in Deutschland die Gleichsetzung von Stalins Sowjetunion mit Hitlers Deutschland von antifaschistischer Seite hinnimmt, wenn nur dabei herauskommt, daß Roosevelts New Deal-Werbung im Grunde auch nicht viel besser war als die nationalsozialistische Propaganda, die stalinistische oder die des faschistischen Italiens.
Es waren die 68er, die sich Horkheimers berühmtes Diktum so hinbogen, daß sie vom Kapitalismus ohne viel Federlesens gleich als Faschismus reden konnten, als ob beide Begriffe Synonyme wären. Vonn vornherein ging es um die Gleichsetzung von (deutschem) Faschismus und Amerikanismus. Der Charakter des Nationalsozialismus wurde so umgelogen, daß sich der Widerspruch gegen die die eigenen Nazi-Eltern auf ein Scheingefecht reduzierte: In dem man dem Hass auf alles „Anglo-Amerikanische“ einen antifaschstischen Anstrich gab, machte man der Eltern-Generation zugleich das Monopol auf deren nicht nur insgeheim weiter bestehenden antiwestlichen Ressentiments erfolgreich streitig. Zentralsatz der auf antifaschistisch getrimmten deutschen Ideologie samt ihrer Nazi-Parolen war die Vorstellung, die CDU Adenauers hätte mit der Westbindung der Bundesrepublik nichts weiter als eine protofaschistische „Restauration“ vollzogen, auf die es nur eine Antwort geben könne, die „sozialistische“ Loslösung Deutschlands vom West- wie Ostblock.
Der 68er Propagandist und zugleich die mediale Symbolfigur eines solchen neuen deutschen Sonderweges war Rudi Dutschke. Schon damals als „Studenten-Führer“ tituliert, personifiziert Dutschke bis heute die Lebenslüge der 68er schlechthin, die sie nach und nach vor allem selber glaubten: die Lüge nämlich von ihrem erfolgreichen Marsch durch die Institutionen, der die Adenauer-BRD erst zivilisiert hätte, als ob die antiwestliche Haltung der „linken“ Politkader dazu irgendetwas hätte beitragen können.
Dutschke war zeitlebens ein Nationalrevolutionär, der gegen die Vereinigten Staaten und für Deutschland konsequent aussprach, was ein Gerhard Schröder oder Hans-Christian Ströbele meinen, heute nicht mehr ohne weiteres sagen zu dürfen. Und weil Dutschke den Vietnamkrieg zum Anlaß nahm, um als Wiedergänger eines Moeller van den Bruck auftreten zu können, stilisiert man den „Studenten-Führer“ nicht nur in Kreuzberg und bei der taz zur Ikone eines gerechten Kampfes vergangener Tage.
Um diese Sehnsucht nach Rudi Dutschke, die nicht ohne tiefsitzenden Widerwillen gegen die antifaschistische Ur-Szene nach 1945 – die für die von Adenauer durchgesetzte Westbindung steht – auskommt, soll es in der Veranstaltung gehen.
Es referieren:
Mittwoch, 28. Februar 2007, 19:00 Uhr
Max und Moritz, Oranienstr. 162, Berlin, U-Bhf Moritzplatz
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