Lust an der Unfreiheit
Zum 20. Todestag Michel Foucaults, dem Denker der "Dispositive der Macht",
wird an den Verstorbenen öffentlich erinnert. Das Schwule Museum ehrt ihn in
einer Ausstellung als Verfechter der sexuellen Emanzipation; andere feiern
ihn als Philosophen, wieder andere als Vorkämpfer gegen Knast und Psychiatrie.
An den Propagandisten der islamischen - und daher gar nicht sexual- und schwulenfreundlichen - Revolution im Iran, dessen
überschwengliche Berichte Joschka Fischer vom politischen zum ethnischen
Antiimperialisten werden ließen, erinnert man sich hingegen weniger gern - allenfalls wird seine Begeisterung für das Regime der Mullahs als kurzfristige totalitäre Sinnestrübung interpretiert, von der Foucault selbst schließlich auch schnell wieder gelassen habe.
Ebenso wenig aber wie Foucault je sich gegen Knäste und Psychiatrien
aussprach, distanzierte er sich von der Mullah-Herrschaft und der eigenen
Begeisterung für sie, entdeckte er in der Ideologie der islamischen Revolutionäre doch Elemente der eigenen Philosophie.
In Foucault fand die europäische Linke 1978/79 einen, der ihre verschüttete Liebe zum Islam wiederentdeckte und dessen ideologische Integration bewerkstelligte. Seine "Reportagen" aus dem Iran ähneln heutigen Elogen auf den Islam – eben deshalb erfreuen sich seine Schriften auch heute noch großer Beliebtheit innerhalb der Linken; einer Linken, die sich damals wie heute nur dann für die Revolution begeistern konnte und kann, wenn diese - wie die iranische - eine von Grund auf antikommunistische und antiuniversalistische ist.
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