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Als am 12.09.2005 ein grölender Mob Palästinenser ungehindert von den zahlreich anwesenden Sicherheitskräften der Autonomiebehörde nur wenige Augenblicke nach dem Abzug des letzten israelischen Panzers aus dem Gaza Streifen dort mehrere Synagogen anzündete und um die Brandstätten tanzte, und gleichen Tags bereits alle Nahostexperten in den öffentlich rechtlichen Medien verständnisvoll zu berichten wußten, daß das nur die logische, fast zwingende Konsequenz der israelischen Politik sein könne, hat sich die Redaktion BAHAMAS genau deshalb entschlossen, kurz vor knapp doch einen Wahlaufruf zu starten. Er richtet sich gegen den aussichtsreichsten Direktkandidaten in jenem Berliner Stimmbezirk, in dem sich politisch motivierter Judenhaß am virulentesten, die Zustimmung zu islamischen Verbrechen am multikulturellsten und friedensbewegte Vernichtungswünsche gegen die Vereinigten Staaten von Amerika am sozialsten äußern.

 

 

Keine Stimme für Ströbele!

 

Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler im Wahlkreis 84 in Berlin,

selbst wenn nichts anderes einzuwenden wäre gegen den Abgeordneten Ströbele als das, was gegen Kandidaten für den deutschen Bundestag immer spricht, spätestens sein Abzählreim „Prenzl-Kreuzberg-Friedrichshain / wählen sich den Christian rein“, müßte bei Ihnen als wahlberechtigten Bewohner des Stimmbezirks Prenzlauer Berg/Ost-Kreuzberg-Friedrichshain – nicht nur bei jenen aus Prenzl – den unbedingten Willen wachrufen, „sich“ von niemandem einen solchen Christian irgendwo „reinwählen“ zu lassen. Und selbst wenn manchen unter Ihnen die Sanierung der Staatsfinanzen durch eine Vermögenssteuer erfolgversprechend vorkommen sollte, so wollen Sie doch wohl dergleichen krumme Erwägungen in halbwegs geraden Sätzen formuliert wissen und nicht als das Backe-Backe-Kuchen-Gelalle, das man von Kindergärtnerinnen einer im Westen längst verrenteten Generation gewohnt war, die Infantilsprache und Maulschellen pädagogisch so überzeugend in Einklang brachten. Fordert der Guru der autoritären Infantilgesellschaft eine Vermögenssteuer, klingt das nämlich so: „Sozial gerecht ist nicht zu teuer / mit Ströbeles Vermögenssteuer.“

Mit Humor, gar Ironie, wodurch sich die Ströbelewerbung doch sympathisch vom sterilen Rest abheben würde, wie vielerorts behauptet wird, haben solche Reimereien rein gar nichts zu tun. Dafür aber umso mehr mit äußerst schmierigem Heimweh nach einer Krabbelstube, in der man im Brustton der Überzeugung infantil lallen darf, ohne erfahren zu müssen, daß andere sich genau deshalbmit Überdruß und Angewidertsein von einem abwenden. Christian Ströbele ist so humorfrei wie jeder Ideologe, wenn er noch im fortgeschrittenen Alter der Welt stolz mitteilt, daß es nicht Verstocktheit, sondern „Kunst“ sei „etwas zu verändern“ und dabei „sich treu zu bleiben“ und Gerhard Seyfried, der angeblich schwerkomische Urheber des im Wahlkreis 84 omnipräsenten Ströbele-Wahlkampfplakats, auf dem die beiden Reime zu lesen sind, ist von allen lustigen Geistern verlassen, seit das Objekt seiner Cartoons, die maoistischen und sonstwie stalinistischen sogenannten K-Gruppen der 70er Jahre, die politische Bühne der Realsatire verlassen haben.

 

Sich treu bleiben

 

Als Seyfried 1976 von München nach Kreuzberg wechselte, fand nicht nur er endlich ein Zuhause, sondern auch Rechtsanwalt Ströbele. Beide sahen sich sofort von lauter neuen Freunden umgeben, denen sie partout nicht ansehen wollten, daß es die gleichen waren, die der eine recht milde verspottet, und der andere bei fortwährender Erklärung seiner inneren Distanz bezüglich der angewandten Mittel als seine revolutionären Genossen verteidigt hatte. Ströbele wurde Gründungsmitglied der Berliner Alternativen Liste des heutigen Landesverbandes der Grünen und Seyfried verherrlichte das Milieu, das diese Liste entweder wählte oder ihr in ewiger Haßliebe immer verbunden blieb mit Bildchen, die bereits vorwegnahmen, was er in reiferem Alter mit inzwischen zwei kunterbunten Wahlkampfplakaten für Ströbele im Monumentalformat zusammengefaßt hat.

Wenn heute Gerhard Seyfried für Ströbeles Marketing sorgt, muß er sich genausowenig nachsagen lassen, damit für dessen Partei zu werben, die längst in den Geruch geraten ist, eine Systempartei geworden zu sein wie der Kandidat selber. Ströbele hat 2002 bewiesen, daß die Erststimmen, die er auf sich zu vereinigen weiß, weit über dem Zweitstimmenergebnis der Grünen in seinem Wahlkreis liegen; daß sich also wirklich der gesamte Kiez den Christian reingewählt hat, weil er nie ein Realo geworden ist, sondern sich als Fundi stets treu blieb.

Ströbele und nicht die Grünen hat in Kreuzberg gefunden, wonach all die K-Gruppen und spontanen Hasch- und andere Rebellen suchten und wofür die RAF und die Bewegung 2. Juni ihre Liquidationskommandos ausschickten: eine antikapitalistische Volksgemeinschaft im Kleinen, die vom ökologisch und pazifistisch motivierten Mittelständler bis zum Hasskappen-Autonomen und von vielen Migranten und deren sogenannter Beauftragten bis zum Imam von nebenan reicht und immer noch Avantgarde für ein neues Deutschland sein will.

Worauf diese Gemeinschaft nur gründen kann, hatten deutsche Revolutionäre im Gefolge von 1968 zwar auch schon gewußt, allerdings wegen einiger dogmatischer Altlasten bei weitem nicht so gut rüber gebracht wie heute der Seyfried den Ströbele. Es sind: Haß auf Amerika und seinen gerade uns Kiezbewohner bedrängenden sozialräuberischen Imperialismus; die Suche nach einem einfachen, gerechten und schon deshalb auch ökologisch gesunden Leben; die Angst vor der Zumutung, ein für sich selbst verantwortlicher erwachsener Mensch werden zu müssen; eine fundamentale Friedenssehnsucht und der daraus resultierende Kampf gegen friedensstörende Verschwörungen, denen schon mal ein paar Tausend amerikanische Zivilisten und andere Heuschrecken zum Opfer fallen können. Ein solches Programm vermittelt sich nicht über das kompromißlerische Kalkül einer etablierten Partei, von der man ja weiß, daß sie ihre Versprechen brechen wird. Wer glaubwürdig sich ans ganze Kiezvolk wenden will, braucht das Plebiszit als unmittelbaren Zuruf der spontanen Mehrheit. Allein deshalb will Ströbele ganz unbescheiden nur die Erststimme.

 

Die zwingende Konsequenz

 

Weil Bilder dann wirklich nicht lügen, wenn einer, der sich als deutscher Revolutionär immer treu geblieben ist, sie einem Geistesverwandten in Auftrag gibt, damit er deutsche Ideologie sinnfällig mache, belegt Seyfrieds „Erststimme Ströbele“ betitelter Bilderbogen bis ins kleinste Detail. Etwa dann, wenn eine – natürlich hässlich dargestellte – Angela Merkel auf einem durchaus konsequent der taz zugeschrieben Plakat abgebildet ist, das mit „Wählt mich nach Washington“ betitelt ist und von einem sehr widerständig die Zähne bleckenden Hund bepißt wird. Oder wenn der Abgeordnete Ströbele, der dem verstorbenen Vorsitzenden Kim Il Sung nicht unähnlich visionär in die Ferne blickend einen veritablen Volksaufmarsch aller Prenzl-Kreuzberg-Friedrichshainer anführt, und sich so nebenbei anschickt, mit seinem mit „Biomilch von echten Kühen“ beladenen Fahrrad eine Heuschrecke zu überfahren. Oder wenn der sich hinter Ströbele scharende anachronistische Zug aller fortschrittlichen und friedensbewegten Bewohner der drei Kieze in aller multikulturellen Unschuld eine Frau mit sich führt, die ihre Identität dadurch kundtut, daß sie den Betrachter aus ihrer schwarzen Ganzkörperumhüllung mindestens so widerständig anschaut wie sonst nur der das Merkel-Plakat bepissende Hund undihre Nachbarin, die „Gebt das Hanf frei!“ fordert.

Ein Mosaiksteinchen, das solches Szenario erst vervollständigt und immer fester Bestandteil des politischen Credos all der Revoluzzer gewesen ist,fehlt scheinbar ganz in diesem Bild. Zwar ist das gesamte antisemitische Personal der drei Kieze versammelt, auch warnen sie vor all dem, wovon Antisemiten sich verfolgt fühlen und worüber sie gern Gerüchte verbreiten, aber über die Juden und ihren Staat kein Wort, kein Bild, nur Andeutungen, die nicht zwingend antisemitisch sein müssen.

Soviel Deutlichkeit, die kiezfremden Provokateuren nur wieder Anlaß zu gehässiger Polemik geben würde,ist im Zusammenhang mit Christian Ströbele zum Glück gar nicht nötig. Antisemiten haben ein gutes Gedächtnis und von Ströbele wissen sie, was er bei seiner Nahostreise 1991 kurz nach dem ersten Irakkrieg ins Mikrofon geflüstert und nie ernsthaft widerrufen hatte: Die irakischen Raketenangriffe auf Israel seien „die logische, fast zwingende Konsequenz der israelischen Politik gegenüber den Palästinensern und den arabischen Staaten“.

Weil ihn die öffentliche Empörung wegen dieser Aussagen zum Rücktritt als Vorstandssprecher der Bundesgrünen zwang, gilt Ströbele deswegen im Kreuzberger kollektiven Gedächtnis seitherals einer aus dem Widerstand; als einer von ihnen, dem man gerne abnimmt, was er damals anläßlich seines erzwungenen Rücktritts verlauten ließ: „Es ist mir nicht mehr möglich, die Interessen der Grünen in Israel und der Bundesrepublik glaubhaft zu vertreten.“

 

Sehr geehrte Wählerinnen und Wähler,

so wie es für viele Bewohner des Hamburger Umlands peinlich ist, auf dem Nummernschild ein PI für Pinneberg spazierenzufahren, weil sie sich stets genötigt sehen, den Verdacht zu zerstreuen, mit den hartnäckig verblödeten Autochthonen dieses Landkreises verwandt oder befreundet zu sein, könnte es Ihnen, die Sie in Ströbeles Stimmbezirk ansässig sind, nach dem 18. September auch gehen, wenn Sie einer nach Ihrer Adresse fragt. Ähnlich wie die neu zugezogenen Pinneberger ihre eingeborenen Mitbürger nicht in kluge Leute verwandeln können,können auch Sie als in Ströbeles Wahlkreis ansässige Bürger den milieutypischen Hang zur Barbarei der Autochthonen unter Ihren Nachbarn nicht brechen.Als Bürger, die sich wünschen, daß man irgendwann einmal über Ihren Stimmbezirk nichts Nachteiligeres auszusagen weiß als über Zehlendorf oder Charlottenburg, haben Sie immerhin die Möglichkeit, Ströbele zu verhindern.

Gehen Sie am Sonntag in Ihr Wahllokal und wählen Ströbele ab. Das ist nur möglich, wenn Sie Ihre Erststimme entweder dem Kandidaten der CDU oder der SPD geben, denn beide haben erstens hinreichende Chancen, das Direktmandat zu erringen, und zweitens anders als die ebenfalls aussichtsreiche Kandidatin der Linkspartei/PDS, die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg Reinauer, keinen entscheidenden Anteil an der Konservierung von Verhältnissen, die einen Ströbele erst ermöglichen. Ein Vorteil am Rande: Ihre Erststimme ist auch dann gültig, wenn Sie – wie wir doch stark hoffen wollen – Ihre Zweitstimme nicht vergeben, schließlich wollen Sie „sich“ doch nicht Linkspartei, SPD, Grüne, FDP oder die CDU „reinwählen“, sondern nur den Ströbele loswerden.

 

Redaktion BAHAMAS, Berlin, 14. September 2005

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