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Dienstag, 8. März 2005

19:00 Uhr, Max & Moritz, Oranienstraße 162, 10999 Berlin

 

Kanak Attak gegen Assimili-Kümmel

Postmoderne Antirassisten als Ideologen der islamisierten Kieze

 

Wie kommt es eigentlich, daß Errol Celik oder Emine Yildiz, beide gebürtige Duisburger, beide atheistisch und seit ihrer Kindheit deutsche Staatsbürger plötzlich als „Muslime“ bezeichnet werden? Wieso gelten sie als Migranten, wo doch ihre Eltern lange vor ihrer Geburt nach Deutschland eingewandert sind? Ist es verwerflich, daß Errol und Emine die Türkei nur von einem Badeurlaub her kennen, oder daß sie die Westfälische Allgemeine Zeitung lesen und nicht die Hürriyet, die sie wegen mangelnder Türkischkenntnisse eh kaum verstehen? Man könnte über Emine, die mit ihrem Freund Sebastian zusammenlebt und über Errol, dessen Frau Janina vor einigen Jahren als „Spätheimkehrerin“ aus der ehemaligen Sowjetunion gekommen ist, sagen: Sie sind in die sogenannte Mehrheitsgesellschaft integriert, ja, assimiliert. Sind sie deshalb krank, kulturverlassen, unsolidarisch, gar rassistisch?

In den Augen der Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft sind sie tatsächlich gerade wegen ihrer „Integration“ irgendwie anrüchig. Diese Arbeiter im Steinbruch kollektiver Identitäten haben nämlich ein scheinbar fürsorgliches Interesse daran, daß Menschen mit ausländischem Familienhintergrund „Migranten“ bleiben. Die einen leben einfach davon, weil sie als Sozialarbeiter oder Kiezmanager von Berufswegen für das Miteinander der Kulturen zuständig sind und sich deshalb an Menschen, die sich der selbstethnifizierenden Kulturzuschreibung entziehen, stoßen müssen. Andere, die im Brotberuf zumeist auch Sozialarbeiter sind, haben als nebenamtliche Ideologen der Differenz mit den Migranten noch allerlei Revolutionäres vor. Sie hassen den „netten Kollegen ‚Ali’“, der sich integriert hat und setzen auf solche „Migranten“, die angeblich „in der Liga der Verdammten spielen“ und deshalb anders als Kollege Ali nicht einfach nett seien, sondern über „gesellschaftliche Sprengkraft“ verfügten. So jedenfalls sieht es Feridun Zaimoglu, der mit „Kanak Sprak“ nicht nur einen Bestseller gelandet hat, sondern auch den Startschuß für eine Bewegung, die sich „Kanak Attak“ nennt, gegeben hat. Kanak Attak hat ein neues widerständiges Potential erdacht: Die männlichen Bewohner der abgehängten Großstadtviertel mit vorwiegend türkischem oder arabischem Migrationshintergrund. Deren Scheitern in Schule und Lehre, ihre mangelhaften Deutsch- und Türkischkenntnisse, ihre Vorliebe für Kampfsportstudios und Hiphop, kurz: ihre sogenannte Gettomentalität ist Kanak-Ideologen Signum für eine neue revolutionäre Identität. Wenn einer dieser Jugendlichen sagt: „Der Assimili-Kümmel ist der mieseste Trip, seit es den Kanaken gibt“, wollen Leuten vom Schlage eines Feridun Zaimoglu darin nicht in erster Linie den Neid auf die Arrivierten und das nur scheinbar selbstbewußte Sich-Einrichten im eignen Elend erkennen, sondern die unverstellte Sprache eines neuen emanzipatorischen Subjekts.

Die Kanak-Ideologie ist inzwischen ein Spitzenprodukt auf dem Markt postmoderner Ideologieangebote. Sie verquirlt der kritischen Theorie enteignete und in ihr kollektivistisches Gegenteil uminterpretierte Begriffe wie „Differenz“ oder „das Andere“ mit seltsamen Theore­men, die von der „Autonomie der Migration“ oder der „Gewohnheit des Lebens zwischen den Welten“ raunen, und wartet mit der Warnung vor einem „kulturalistischen Neorassismus“ auf, der sich im „Anti-Islamismus“ äußere.

Dieser letzte Schrei antirassistischer Theorieproduk­tion reduziert sich letztlich auf eine einzige bündige Forderung, die nach „Respekt“. Einem Respekt, der keineswegs dem Individuum gleich welcher Herkunft gelten soll, sondern den immer aggressiver vorgetragenen Forderungen einer selbstethnisierten Gruppe nach Bestandsschutz. Das treibt die Kanak-Ideologen mit Notwendigkeit an die Seite der Künder jener einzigen und wahren Religion, die sich immer schon als spiritueller Ausdruck der „Liga der Verdammten“ begriffen hat, und deren heiligem Krieg für Respekt immer mehr „Assimili-Kümmel“ zum Opfer fallen. Das sind besonders Frauen und Mädchen, die ihren eigenen Weg jenseits einer kanakischen Identitätshölle suchen und einfach nur integriert, ungläubig und unbelästigt ihr Leben leben wollen, ganz normal und deshalb vielleicht sogar glücklich.

 

Vortrag und Diskussion mit Irene Lehmann (Redaktion Bahamas)

Einleitung und Moderation: Sören Pünjer (Redaktion Bahamas)

 

Dienstag, 8. März 2005

19:00 Uhr, Max & Moritz, Oranienstraße 162, 10999 Berlin

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