Die
Freiheit, die wir meinen
Zum
Verhältnis von iranischer Protestbewegung und Israelsolidarität
Samstag, 8.8.09, 19:00 Uhr
Max & Moritz
Oranienstr. 162
Berlin-Kreuzberg
„Stoppt die iranische Bombe - Solidarität mit Israel!" Darf man so eine Parole
auf einer Kundgebung der iranischen Freiheitsbewegung rufen oder gar als
Transparent hochhalten? Am Donnerstag, dem 9. Juli 2009 auf dem Berliner
Breitscheidplatz jedenfalls nicht: Die exil-iranischen Veranstalter von den Säkularen
Iranerlnnen für Freiheit und Demokratie holten die Polizei, die einen
Platzverweis durchsetzte und das entsprechende Transparent zu beschlagnahmen
drohte. Auch Flugblätter ähnlichen Sinnes sollte man nicht verteilen – doch
einzelne Personen aus einer gar nicht aggressiven, sondern eher neugierigen
Menge zu fischen, war dann doch nicht so einfach.
Das Bündnis Stop the Bomb (STB) hat den Vorfall bedauert, ohne
mitzuteilen, dass seine Berliner Anhänger mit dem iranischen Veranstalter
kooperierten, und ohne kenntlich zu machen, wer da von der Demo geworfen wurde
und missliebige Flugblätter unters Volk gebracht hatte: Der Redaktion
Bahamas und der Gruppe Against Appeasement war aufgefallen, dass im
Aufruf zur Kundgebung „Nein zur Islamischen Republik, Ja zur Freiheit!
Unterstützt die Massenproteste im Iran!" das Nein zur iranischen Bombe und
der Hinweis auf die Bedrohung Israels schlicht fehlten. Beiden Gruppen war es
ein Ärgernis, dass ausgerechnet STB die Kundgebung mit einem Redebeitrag
unterstützen wollte, obwohl dort Antizionisten von Attac und der Internationalen
Liga für Menschenrechte sprechen würden. Es kam noch schlimmer: Ein
STB-Sprecher versprach den Veranstaltern, jede Solidaritätsbekundung für Israel
zu unterlassen. Kein Wunder also, dass sich dieses Spektrum angesichts des
empörenden Polizeieinsatzes nicht veranlasst sah, wenigstens jetzt den Platz zu
verlassen. Alle Bemühungen um Solidarität mit Israel und zugleich auch mit
jenen Iranern, die wissen, dass jeder Freiheitswunsch durch das
Atombombenprogramm und den Antisemitismus liquidiert wird, sind durch das
Verhalten von STB und einem verlogenen Praxisansatz empfindlich getroffen
worden.
In ähnlicher Weise zeigten sich auf vielen Iran-Kundgebungen der letzten Wochen
organisatorisch geschulte, iranische Linkskader und ihre deutschen Komplizen
wild entschlossen – und sei es mit Polizeigewalt – die zumeist unerfahrenen
iranischen Freunde der Freiheit als ihr Fußvolk zu missbrauchen und zu
verhindern, dass sie sich ihre eigenen Gedanken machen und sich von diesen autoritären
Führungsfiguren emanzipieren. Unter dem Diktat der Einheit wurden missliebige
Stimmen ausgegrenzt, insbesondere vom Antisemitismus und der Bedrohung Israels
sollte besser nicht gesprochen werden, um die Machthaber im Iran nicht zu
provozieren – eine deutliche Kooperationserklärung an das Regime. Indem Israel
in seinem Kampf gegen die iranische Bombe im Stich gelassen, auf jede klare
Absage an das Regime verzichtet und die Unterstützung des Kampfes für die
westlichen Freiheiten unterbunden wurde, konnten Antiimperialismus und
Verachtung für die Freiheit des Einzelnen bei den Demonstrationen und
Veranstaltungen hierzulande die Lufthoheit erringen.
Dieses gespenstische Echo von 1979, als iranische Oppositionelle und ihre
internationalistischen Unterstützer keine Parteien, keinen Streit und keine
Auseinandersetzung mehr kannten, ist uns Anlass zur Diskussion:
– Für welche Art von Freiheit wird eigentlich gestritten im Iran und
Europa?
– Wer maßt sich da an, den Iranern ihr
Quantum Glück zuzumessen?
– Spricht etwas dagegen, Iraner und
Iranerinnen zu unterstützen, die sich schön
machen und tanzen gehen wollen?
– Kann man die Solidarität mit Israel
und die mit der iranischen
Freiheitsbewegung voneinander trennen?
– Wer in Berlin und anderswo will den
Protest gegen das islamische Regime im
I Iran
verwalten und zu welchem Zweck?
Vorträge und Diskussion mit
Nasrin Amirsedghi, Publizistin
N.N., Against Appeasement
Justus Wertmüller, Redaktion Bahamas
Einleitung/Moderation: Tjark Kunstreich
Frühere Aktivitäten sind im Aktuell-Archiv aufgeführt. Dort gibt es auch einige Audio-Aufnahmen.
Alle bisher erschienenen Ausgaben der Bahamas finden Sie im Heft-Archiv jeweils mit Inhaltsverzeichnis, Editorial und drei online lesbaren Artikeln.