Alliierte Bomberoffensive –
von Dresden nach Hamburg
Die Deutschen im mentalen Luftschutzbunker
Nachdem die Dresden-Mythen sich als unhaltbar erwiesen hatten, die überhöhten Zahlen ihre Herkunft aus Goebbels Propagandaministerium nicht mehr verleugnen konnten, die Tieffliegerangriffe als Legende, die angebliche Ineffektivität der Bombardierungen und die These, sie hätten nur einen unbedeutenden Beitrag geleistet, durch die Aussagen von Nazigrößen wie Speer widerlegt wurden, gelang es Jörg Friedrich zusammen mit Spiegel-TV die Deutschen mit einer Bilderflut in einen geistigen Luftschutzbunker zurückzubomben.
Wenn schon die Bombardierung Dresdens von anderen Bombardierungen sich nicht wesentlich unterschied, dann sollten alle Luftangriffe nichts als ein ungleicher Kampf zwischen hilflosen Zivilisten und den Bomberpiloten gewesen sein, Ausdruck des „rächenden Juden“ und seines Schlächters Churchill. Wenn Luftschutzkeller zu „Krematorien“, Bombergroups zu „Einsatzgruppen“, Bombenopfer zu „Ausgerotteten“ mutieren, werden Täter wie Opfer des deutschen Nationalwahns gleichsam nationalpazifistisch zu „unschuldigen Opfern“ nivelliert. Daß Krieg immer schlimm sei, diese Lektion haben die Deutschen gelernt, und wenn die Verbrechen der Deutschen nun wirklich nicht mehr geleugnet werden können, dann – so denkt es in ihnen – sollen auch die anderen nicht besser gewesen sein. Die Deutschen haben ihre Lektion gelernt, die Bundeswehr praktiziert Friedensdienst und friedenserzwingende Maßnahmen.
Den Schwur „Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg“ verkürzten sie zu „Nie wieder Krieg gegen Faschismus“ und so schließen Neonazis wie Linksdeutsche auf den Straßen den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 noch einmal, diesmal vereint zur Querfront gegen USA und Israel. Als vor rund einem Jahrzehnt Bomben auf Bagdad fielen, verkroch sich das Appeasement-Kollektiv in den geistigen Luftschutzbunker und hängte weiße Laken raus: „Denkt an Dresden!“ und erklärte jeden Krieg gegen Faschismus zum Verbrechen. 2003 war der nationale Gedenktag der Bombardierung Dresdens ein Protesttag gegen die friedenserzwingenden Maßnahmen der Alliierten gegen das Regime im Irak. Die Alternative zum Bombenkrieg wäre ein noch verlustreicherer Krieg nach dem Vorbild Stalingrads gewesen, der dem Faschismus eine faire Chance gegeben hätte. Und so wünschte man nun den Alliierten von gestern wie heute die gleichen verlustreichen Schlachten an dem Hals. Der Blick zurück von Dresden nach Hamburg zeigt, wie unsicher der Sieg der Alliierten war. Die in Casablanca beschlossene strategische Bomberoffensive, war ein Kampf von Bombern gegen feindliche Verteidigungskräfte, Jagdflugzeuge, Flak-Batterien, nicht einer gegen die Einwohner: eine militärische Konfrontation, bei der 44 Prozent der Bomberbesatzungen ihr Leben verloren.
Über den Bombenkrieg und was die Deutschen daraus gelernt haben, referieren Martin Blumentritt (Hamburg) und Justus Wertmüller.
Donnerstag, 12. Februar 2004, 19:00 Uhr, Max & Moritz, Oranienstraße 162, Berlin
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