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Gegen Antisemitismus und Faschismus

 

Solidarität mit Israel!

 

Demonstration am 10.11.2002 in Essen zur Reichspogromnacht

 

 

Als Ausfluß der berechtigten Empörung über den feigen Meuchelmord in Paris kam es in Essen zu judenfeindlichen Demonstrationen und Aktionen. Hierbei wurde in der Nacht die große jüdische Synagoge an der Steeler Straße in Brand gesteckt.

Rheinisch-Westfälische Zeitung, 10.11.1938

 

Nur die rasche Reaktion zweier Angestellter hat die Alte Synagoge in Essen davor bewahrt, von rund 250 Sympathisanten der Palästinenser gestürmt zu werden. 30 Fenster gingen durch Steinwürfe zu Bruch.

Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 9.10.2000

 

 

Mit dem 9. November 1938 läuteten die Nazis die abschließende Phase der Entrechtung, Enteignung und Vertreibung der deutschen Juden ein. Wie in allen Städten des Deutschen Reiches wurden auch in Essen Synagogen, jüdische Einrichtungen, Geschäfte und Wohnungen zerstört, gingen SA, SS, Schutzpolizei und Teile der “arischen” Bevölkerung gegen Juden vor. Reichsweit wurden in den folgenden Tagen fast 30.000 Juden in Konzentrationslager deportiert, davon 175 Juden aus Essen in das KZ Dachau. Insgesamt wurden während der Zeit des Nationalsozialismus 2500 Essener Juden ermordet, etwa die Hälfte der 1933 dort lebenden.

 

Auch das jüdische Jugendheim an der Sedanstraße wurde gebrandschatzt, wo sich in den 1930er Jahren zunehmend zionistische Aktivitäten entwickelt hatten. Angesichts eines sich verschärfenden Antisemitismus´ und der Vergeblichkeit, dieser “vermeintlichen Notwehr” (Th.Herzl) der Antisemiten durch noch so weit getriebene Assimilation zu entgehen, emigrierten viele der Essener Juden nach Palästina und konnten so der Vernichtung entkommen. Der Holocaust schließlich bestätigte die Notwendigkeit, durch die Gründung eines eigenen jüdischen Staates mit den Mitteln staatlicher Gewalt potentiell allen Juden auf der Welt einen Schutz vor antisemitischer Gewalt zu gewährleisten.

 

Kein Jude schreckt vor irgendeinem vorstellbaren Bösen zurück. Sie sind alle Lügner (...) Die Juden kennen nichts anderes und haben in der Geschichte nichts anderes gekannt als die Gewalt (...) Habt kein Mitleid mit den Juden, egal wo ihr seid, in welchem Land auch immer. Wo ihr sie trefft, tötet sie.

Aus dem Freitagsgebet vom 13.10.2000 im staatlichen palästinensischen Fernsehen

 

Daher darf, wenn den Opfern der Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 gedacht wird, nicht ignoriert werden, dass der palästinensische Terror gegen Israel, ob säkular-nationalistisch oder islamistisch, ebenfalls gegen Juden als solche gerichtet ist und seine Vernichtungsdrohungen teilweise auch wahr macht: Im Zuge der “Al-Aqsa-Intifada” haben palästinensische Attentäter im letzten Jahr einige hundert Israelis ermordet. Und auch in Deutschland werden Juden angegriffen, nur weil sie Juden sind. So warfen propalästinensische Aktivisten am 2.10.2000 Brandsätze gegen die Synagoge in Düsseldorf und randalierten einige Tage später inmitten des antijüdischen Mobs vor der ehemaligen Synagoge im Essener Zentrum. Nicht nur die Wahl des Aggressionsobjekts – die Synagoge – erinnert an die Reichspogromnacht, sondern verweist auch auf die identische Logik antisemitischer Ideologie. Zwar unterscheiden sich palästinensischer und nationalsozialistischer Faschismus beispielsweise hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen, den Vernichtungswunsch in Gänze zu realisieren. Doch beide Varianten heben jegliche innergesellschaftliche Spannung zugunsten einer Volksgemeinschaft auf – in Abgrenzung zu einem einheitlichen allgegenwärtigen Feind, der für sämtliche gesellschaftlichen Krisenerscheinungen in Haftung genommen wird. In diesem Sinne werden “die Juden” für ökonomisches Elend, für den Verlust überkommener Traditionen und Bindungen, mithin für die negativen Auswirkungen des Kapitalismus verantwortlich gemacht. Die antisemitischen Täter begründen ihre Taten, weshalb sie selbst inmitten einer beliebigen, als jüdisch definierten Menschenmenge sich in die Luft sprengen oder eben des Nachts Synagogen anzünden dadurch, dass sie ihre Aggressionen auf das Objekt derselben projizieren. Mit dem Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge hätten die Täter nach eigenem Bekunden ein “Zeichen setzen” wollen: nämlich gegen die “Gewalt des israelischen Staates”, der den Tod des palästinensischen Jungen Mohammad al-Dura zu verantworten habe (WAZ, 8.12.01). Tatsächlich wurde dieser am 30.9.2000 durch Schüsse palästinensischer Heckenschützen getötet, nachdem einige Angehörige von Arafats Tanzim-Miliz einen israelischen Militärposten angegriffen und so einen Schusswechsel provoziert hatten.

 

Mit seinem Vernichtungskrieg zerstört die israelische Regierung das Ansehen des israelischen Volkes. Paul Spiegel, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, tut den jüdischen Bürgern hierzulande keinen Gefallen, wenn er die Kritik am Vorgehen des israelischen Militärs “kurzsichtig und arrogant” nennt.

Friedensforum Duisburg, 12.4.2002

 

In der wahnhaften Gleichsetzung israelischer Verteidigungspolitik mit nationalsozialistischen Verbrechen vereinen sich in Deutschland Politiker aller Couleur mit dem Stammtisch, große Teile der Medien mit gestandenen Restlinken. Dabei wird der “hemmungslose Vernichtungskrieg” (Blüm) gerade nicht von Seiten des israelischen Militärs praktiziert, sondern von palästinensischen Selbstmordattentätern angestrebt , seien es nun die Klerikalfaschisten von Hamas und Islamischem Dschihad oder Arafats Gefolgsleute der Al-Aqsa-Brigaden, die sich allesamt die Auslöschung der jüdischen Präsenz im Nahen Osten auf die Fahnen geschrieben haben.

 

Während Israel lange Zeit vorzugsweise seitens der Linken als “faschistisch-imperialistisches Gebilde” bekämpft wurde und den Nachkommen der in Auschwitz Ermordeten vorgeworfen wurde, sie hätten aus ihrem eigenen Verfolgtsein nicht gelernt, so gehört diese sich “antifaschistisch” gebende Meinung mittlerweile zum Mainstream. Die Behauptung, mit dem Mauerfall habe Deutschland das dunkle Kapitel seiner jüngsten Vergangenheit endgültig abgeschlossen, dementiert sich selbst, wenn die einzig vernünftig zu nennende Konsequenz aus dem NS, die Existenz eines vor allen Dingen wehrhaften jüdischen Staates, zunehmend in Frage gestellt wird. Die Unterstützung völkischer Nationalbewegungen wurde bereits anhand des Jugoslawien-Konfliktes mit der Doktrin, nicht trotz, sondern wegen Auschwitz intervenieren zu müssen, begründet. In diesem “Sinne” ist auch die Schrödersche Überlegung zu verstehen, mit deutschen UN-Soldaten an einem Einsatz in Israel teilnehmen zu wollen. Dass die zwanghafte Israel-Kritik vom Antisemitismus nicht wegzudenken, sondern lediglich eine Erscheinungsform desselben ist, wird auch an der Möllemann-Debatte und der Identifizierung des Zentralrates der Juden in Deutschland mit der israelischen Regierungspolitik deutlich. Wer behauptet – und das tut eben nicht nur Möllemann –, die israelische Verteidigungspolitik sei für Anschläge auf israelische Zivilisten verantwortlich, kommt auch zu dem Schluss, in Deutschland würden Juden den Antisemitismus selbst verursachen. Mit dieser Position erweist sich übrigens die überholt geglaubte deutsche Traditionslinke vom Antiimperialismus der 70er Jahre bis zur übrig gebliebenen Friedensgruppe dieser Tage als faktische Avantgarde antijüdischen Ressentiments im Deutschland des Jahres 2002.

 

Die literarische Erfüllung des Bedürfnisses der verfolgenden Unschuld, ihr Mütchen endlich wieder ungeniert an Juden kühlen zu können, leistet Martin Walser mit seinem neuen Roman “Tod eines Kritikers”: Der Antisemit ist das Opfer des perfiden Spiels seines Hassobjektes. Dieses Buch ist in Deutschland momentan ein Bestseller, so wie letztes Jahr Finkelsteins Buch “Die Holocaust-Industrie”, demzufolge jüdische Organisationen Entschädigungsgelder missbrauchten, es gewesen ist.

 

Es ist die Linke, die mit steil abweisender Gebärde abzulehnen hat, daß der Antisemitismus dürftig maskiert als Antizionismus, wieder respektabel werde.

Jean Amery

 

Wenn es gegen Israel geht, sind Teile der sich selbst “antifaschistisch” nennenden Linken bereit, das Bündnis mit denen einzugehen, die sich mit allen Kräften gegen jegliche menschliche Emanzipation stellen. Mit muslimischen Gotteskriegern und einer palästinensischen Gemeinschaft, also denjenigen, die selbstbewusste Frauen, Homosexuelle und überhaupt alle, die ihr individuelles Glück außerhalb einer repressiven Religions- und Volksgemeinschaft zu suchen scheinen, grausam verfolgt. Dass Arafat und die Islamisten ihre Anhänger mit keinem anderen Ziel, als möglichst viele Juden zu töten, in den Tod schicken, scheint denjenigen Linken, die im Frühjahr diesen Jahres mit Tausenden vor allem palästinensischen Israelhassern auf die Straße gingen, kein Problem zu sein. Die Mehrheit derjenigen Antifaschistinnen und Antifaschisten, die sich diesem unerträglichen Treiben nicht direkt anschließen mochten, versagte, indem sie keine Anstalten machte, den antisemitischen Kundgebungen etwas entgegen zu setzen. Ein ausgeprägter Sinn fürs politisch Korrekte zügelte hier einen gewissen Antizionismus, der seinerseits dafür sorgt, dass man sich keinen Zentimeter für Israel aus dem Fenster hängt. Dieser Antizionismus besteht darin, entweder die – für alle Staatlichkeit konstitutive – Gewaltförmigkeit des jüdischen Staates im Gegensatz zu der anderer Staaten besonders negativ wahrzunehmen oder aber sie mit dem Hinweis, man lehne jegliche staatliche Gewalt ab, zu delegitimieren.

 

Die Verteidigungsfähigkeit Israels aber gerade ist es, die “im jetzigen Zustande der Welt und wohl noch in unabsehbarer Zeit” jene “Macht” (Th.Herzl) bedeutet, die der Zionismus bereits lange vor dem Holocaust als notwendigen Schutz vor dem Antisemitismus ausmachte und die Existenz des jüdischen Staates als einzige materielle Grenze des antisemitischen Vernichtungswahns besonders rechtfertigt. Zugleich gemahnt die Existenz Israels an die noch immer einzulösende Aufgabe, einen Zustand zu schaffen, in dem Antisemitismus und Faschismus die Grundlage entzogen ist, in dem das Allgemeine statt durch Zwang zur abstrakten Gleichheit durch Versöhnung des Differenten verwirklicht wird – einen Zustand, “in dem man ohne Angst verschieden sein kann.” (Th. W.Adorno)

 

Sonntag, 10. November, 12.00 Uhr

Kardinal – Hengsbach – Platz, Essen (nahe Hbf)

 

Zu der Demonstration rufen auf: Antifa Duisburg, Antifa Mülheim/Essen-West, Antipostfa Recklinghausen, Antifaschistische Aktion Dortmund, Antifaschistische Aktion Gießen, Autonome Antifa Moers, Antifaforum Rheinberg, Antideutsche Initiative Herzogenaurach, brüche.-redaktion, Antifa [X]/Libertäre Initiative Recklinghausen, Redaktion Bahamas, Linke Liste Dortmund, KI Dortmund, Berliner Bündnis gegen IG Farben, Kommunistisches Plenum Schwerin, RedLines-Redaktion, Antideutsche KommunistInnen Berlin

 

Kontakt: antidnrw@yahoo.de

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