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Warum: bedingungslose Solidarität

Abschlußbeitrag von Justus Wertmüller (Redaktion Bahamas), namens der Aufrufer und der Veranstalter von Konferenz und Demonstration es geht um israel, auf der Abschlußkundgebung der Demonstration Kein Vergessen! Solidarität mit Israel! am 12.05.2002 in Berlin

 

Auf der gestrigen Konferenz ist der für manche irritierende Vorschlag unterbreitet worden, zukünftige Kampagnen für Israel mit scheinbar ganz schnöder, praktischer Spendensammlung zu verbinden. Als Zuwendungsempfänger wurde nicht etwa, wie aus der Dritte-Welt-Solidarität bekannt, ein Non-Government-Projekt benannt, auch nicht, wie in den 70er und 80er Jahren Usus, eine oppositionelle bewaffnete Befreiungsbewegung, sondern der unmittelbare Garant für Staatlichkeit, die nationalen Streitkräfte Israels. Wie diese zukünftigen Kampagnen im Einzelnen aussehen mögen, dem will ich nicht vorgreifen, die Idee mit der Spendensammlung für Israels Armee, den ich ausdrücklich unterstütze, bedarf, gerade nach einigen Irritationen auf dem Abschlußplenum der Konferenz vom Vortag, eines Nachtrags.

Man muß sich nicht gegenseitig mit Bekundungen seines guten Willens anöden. Daß es schöner ist, wenn Leute miteinander in Frieden leben, statt aufeinander zu schießen, einen Konflikt durch Verhandlung und Vertrag lösen, statt ihren Willen durchzubomben, all das wird ein bißchen zu penetrant von Friedensfreunden vorgetragen, die im Zweifel im Führerbunker von Ramallah anzutreffen sind und sicherlich nicht an den verwüsteten Stätten des letzten Selbstmörderattentats. Die routinierte Friedensrhetorik deutscher Provenienz, die scheinbar auf beide Seiten zugeht, aber mit dem islamischen Djihad fest im Bunde steht, hat sich die Hoheit über die Sprache so sehr angemaßt, daß es schwer möglich ist, dagegen anzukommen. Wenn ein Israeli, wie gestern Abend der frühere Leiter des Jerusalem-Zentrums, Arnon Brukstein, seiner Verzweiflung über all das Ausdruck gibt, was Israelis wie Palästinenser im Gefolge der Al-Aksa-Intifada verloren haben, wenn er sich als Mensch und Bürger gegen die fatale Aussicht stemmt, daß auch in den nächsten Jahren die Altstadt Jerusalems für Juden eine No-Go-Area sein könnte, und wenn er einwendet, daß für nicht-jüdische deutsche Freunde Israels, die Ausweglosigkeit des Konflikts eine abstrakte Frage sei, schließlich erlebten sie ja nicht täglich am eigenen Leib, was das bedeute, dann ist ihm beizupflichten. Wenn Herr Brukstein seinem dringenden Wunsch, dieses Verhängnis durch eine für beide Seiten akzeptable Friedenslösung aufzuheben, Ausdruck verleiht, dann  ist diesem Wunsch nur zuzustimmen. Wenn Herr Brukstein schließlich den Stier bei den Hörnern nehmen will und, aus seinem Wunsch, der schließlich Vernunft und Menschlichkeit repräsentiert, einen Friedens-Imperativ macht, dann hat er unrecht, aber aus sympathischen Gründen. Sein Imperativ, wonach der unbedingte Wille zum Frieden auch einen Weg dorthin stiften können müsse, ist, obwohl in jeder Hinsicht falsch, für eine Diskussion in Israel, aber auch für eine Diskussion unter unbedingten Freunden Israels fruchtbar. Denn dieser falsche Imperativ ist doch zugleich der dringende Appell an alle, auch dann, wenn die Aktion Schutzschild maßvoll, notwendig und relativ erfolgreich zum bewaffneten Selbstschutz der Juden im nahen Osten beiträgt, sich stets mit aller Gründlichkeit zu befragen, ob wirklich alles getan ist, was unterhalb der Schwelle des bewaffneten Kampfes zur Konfliktlösung beitragen könnte. Und wie ein Antwort auf Bruksteins Appell haben am Samstag in Tel Aviv Zehntausende Israelis für einen Abzug der Armee aus den Autonomiegebieten demonstriert. Nicht etwa weil sie mit der Aktion Schutzschild nicht einverstanden gewesen wären, sondern weil sie wünschen, daß Israel ein neues Zeichen der Verständigungsbereitschaft aussende, ein weiteres – einseitiges – Friedensangebot also.

Als Herr Brukstein gestern auf der Konferenz es geht um israel sprach, konnte er nicht ahnen, auf welchen vergifteten Boden sein Friedensappell in Deutschland fallen mußte. Er konnte nicht wissen, daß in Deutschland, das mit Friedensbotschaften und Friedensbotschaftern in Sachen Naher Osten geradezu kontaminiert ist, jedes nachdenkliche, sich selbst kritisch erforschende Wort eines israelischen Juden zum Alibi wird für ein böses Ansinnen. Er konnte nicht wissen, daß seine Worte, die – wären sie in Israel gesprochen – sich gegen allzu forschen und manchmal auch groben Tatendrang wenden würden und schon dadurch dazu beitragen, daß es in Jenin eben kein Massaker gegeben hat und die Aktion Schutzschild tatsächlich demnächst beendet wird, hier in Deutschland Munition für die Intifada deutscher Friedensfreunde gegen Israel und die Juden überhaupt sind. Beschreibt ein Israeli seine Verzweiflung über die furchtbare Aussicht, auch in Zukunft unter starker Anspannung im Ausnahmezustand leben zu müssen, mahnt er an, alles zu tun, etwas Besseres als dieses schwerst bewaffnete sich Behaupten, zu gewinnen, dann wendet er das nicht gegen den jüdischen Staat oder seine Armee. Dann wendet er das nicht gegen die Souveränität seines Landes und auch nicht gegen die ihm aufgezwungenen militärischen Selbstverteidigungsmaßnahmen. Dann hat er einen Beitrag abgegeben in der großen innerisraelischen Debatte, die bekanntlich bis in die wahrhaft demokratischen Streitkräfte hinein geht, über die Zukunft und den Frieden des jüdischen Staates. Eine Debatte übrigens, die es auf der anderen Seite nicht einmal im Ansatz gibt.

Das deutsche Friedenslager dagegen, vom Außenminister über die bürgerlichen Medien bis zum ordinären antiimperialistischen Links- oder Rechtsradikalen ist von jeder Selbsterforschung frei. Aus seinen Protagonisten spricht ein routiniert dahingeleierter Jargon, der längst Wörter wie Frieden, Verständigung, Betroffenheit, Trauer usw. ihres ursprünglichen Sinnes beraubt hat und zu Spielmarken in einem deutschen Selbstgespräch hat verkommen lassen. Jede dringliche Mahnung zum Frieden aus der deutschen Öffentlichkeit ist, obwohl teilweise in der Wahl der Worte Herrn Bruksteins Einlassungen ähnlich, ein frecher, bevormundender Zugriff auf die nationale Souveränität Israels, ein pateranalistisch vorgetragener Generalverdacht über die Friedensfähigkeit dieses Landes und seiner Bewohner; die Stimme der Mörder von gestern also, die sich längst auf die Seite der Mörder von heute geschlagen haben und aus historischer Verantwortung sich an die Spitze einer weltweiten antizionistischen Bewegung stellen wollen.

In diesem Land wird jeder Selbstzweifel eines Juden über die Vorgänge in Israel und den Autonomiegebieten begierig aufgegriffen und ausgeschlachtet von professionellen Alibisuchern, immer nach dem Motto: Da seht ihr’s ja, die Juden sagen ja selber, daß Scharon ein Hindernis im Friedensprozeß ist. Oder auf Bewegungsdeutsch: Scharon ist ein Mörder und Faschist. In diesem Land, in dem der Schröder und der Walser schon mal vormachen, welche nationalen Ordnungsrufe die hier lebenden Juden zu gewärtigen haben und von welcher auschwitzgestählten Rhetorik deutsche Vermittlungsaktionen im Nahen Osten zukünftig begleitet werden, ist der Ruf nach Frieden Selbstvergewisserung von potentiellen Mördern und der Ansporn, die Achse mit den arabischen und islamischen wirklichen Mördern weiter zu festigen. Dagegen ist keine kritische Analyse zur Belehrung und Differenzierung in Anschlag zu bringen, wie Jeremiah Riemer gestern auf der Konferenz meinte. Da hilft kein Habermas, der längst auf Seiten der deutschen Friedenstäter gegen die USA und Israel sich positioniert hat. Da hilft kein diskursives Aufbilanzieren und Hinterfragen des antiisraelischen Mülls der Öffentlichkeit, weil das nur scheinbar kritisches Mitmachen, ja  Komplizenschaft mit dem antisemitischen Durchmarsch der öffentlichen Meinung hierzulande wäre. Was sich seit der Al-Aksa-Intifada hierzulande zuspitzt, ist ein Fall für die Ideologiekritik, denn es geht nicht um das Zurechtrücken gelegentlicher Ausrutscher oder falscher Zwischentöne, sondern um die radikale Kritik der offen antisemitischen Verhältnisse.

Weil das so ist, muß jeder, der es Ernst meint mit der Israel-Solidarität und deshalb notwenig auch mit der Kritik an Deutschland, endlich den Bruch mit den deutschen Verhältnissen vollziehen. Dieser Bruch manifestiert sich aktuell in der Entscheidung, bedingungslose Solidarität mit Israel zu üben. Daran scheiden sich seit Monaten in der sogenannten Israel-Solidarität die Geister, gerade so, als ob ein bißchen solidarisch genügen könnte. Wer an diesem bedingungslos Anstoß nimmt, steht bereits – oft unwissentlich –  in Komplizenschaft mit den offiziellen Bedenkenträgern aus Medien und Politik, die Israel die Bedingungen seiner Existenz diktieren wollen. Wer nicht bedingungslos mit Israel solidarisch ist, unterwirft sich der weltweiten Agentur des Antisemitismus, dem Parlament der völkischen Völker, der UNO. Die sagt: Zionismus ist Rassismus und bestreitet Israel damit die Grundbedingung seiner Existenz als jüdischer Staat. Wer es also ernst meint mit der Solidarität mit Israel, der wird sich hinter  die bewaffnete Selbstverteidigung dieses Landes stellen müssen, der wird  in einer Situation wie dieser, die mehr symbolische als wirksame Unterstützung der israelischen Armee als die zentrale antifaschistische Aufgabe anerkennen und zu ihrem Erfolg beitragen müssen.

In diesem Sinne hoffe ich, daß der Bruch der in Deutschland durch die Linke geht, sich bis zur Unversöhnlichkeit vertiefen möge. In diesem Sinne hoffe ich, daß jede Zusammenarbeit mit Antiimperialisten, Globalisierungsgegnern und anderen Feinden Israels sich in Zukunft verbietet. In diesem Sinne hoffe ich, daß wir stark genug sein werden, in nächster Zeit mehr und wirkungsvollere Interventionen gegen die deutschen Zustände und für Israel unternehmen zu können und zwar ohne Rücksicht auf die bedenklichen Bedenkenträger, die immer ihr Menschenrecht, Israel kritisieren zu dürfen, einklagen. Hier in Berlin wünsche ich uns in den nächsten Tagen genug Kraft, noch etwas zur Demobilisierung des nächsten unheimlichen Aufmarsches beitragen zu können. Denn am 21. und  22. Mai wird alles was Ressentiment hat, von der NPD bis zu den linken Antiimperialistischen, von der PDS bis zu den Ökologen aufmarschieren gegen den derzeit einzigen wirklichen Bündnispartner Israels, die Vereinigten Staaten von Amerika. Wir können das nicht verhindern, aber wir können und müssen schon jetzt allen, die sich mit dem Gedanken tragen, an diesem Aufmarsch teilzunehmen, sagen: Wer sich daran beteiligt, demonstriert für die weltweite Intifada gegen Israel und die Juden.

Für Israel - gegen den globalen Faschismus

Für den Kommunismus - gegen den islamisch-deutschen Antiimperialismus

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