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Polizei und PDS: Sicherheitspartner für Ruhe und Ordnung               

Ihre Texte seien „bemerkenswert logisch“ und getragen vom „Haß gegen die SPD“, die von ihr ausgehende Bedrohung also „real“. So etwas ähnliches könnte im Aufruf zur Ermordung von Rosa Luxemburg, verfaßt von den Anstiftern Ebert, Noske etc. gestanden haben. Nur verzichteten die Täter vom Januar 1919 vorsichtshalber auf solche Bekenntnisse. Das schmutzige Geschäft überließ man der Parteipresse, die bekanntlich frei war.

Im Januar 2000 aber spricht’s der Vorsitzende der PDS, bezogen auf seine Partei, gelassen aus. Die Zitate stammen von Lothar Bisky und der Gejagte heißt Olaf Jürgen Staps. Der Mann, nach dem der Berliner Polizeichef Hagen Saberschinsky europaweitweit fahnden läßt, wegen dessen Drohung eine Großkundgebung mit ausdrücklicher Billigung ihrer Veranstalterin schlicht verboten wurde, nach dem tausende Berliner Blockwarte ihre Kontrollblicke aussenden, ist der Partei des demokratisch gewendeten Sozialismus willkommener Anlaß, sich nicht nur noch einmal  von jeder Kritik an Staat und Gesellschaft zu distanzieren, sondern sich auch gleichzeitig als zumindest potentielles Opfer radikaler Kritiker darzustellen.

Was will Olaf Staps?

Die Berliner Zeitung läßt einen Freund aus früheren Zeiten erzählen: 1990 habe Staps die Grünen verlassen weil: „ wir ihm nicht radikal genug gegen die Wiedervereinigung gekämpft haben.“ Und 1993 kam es noch schlimmer: „Da waren wir nur noch die grüne Verräterbande.“ Die taz berichtet: „In der Bezirksgruppe Friedrichshain erwies er sich eher als Mann der Theorie, den das Verhältnis zum Kapital mehr interessierte als Kommunalpolitik.“ Die DDR-Umweltschutzbewegung „Arche“ läßt verlautbaren, daß er „schon damals durch seine kompromißlose Haltung“ aufgefallen sei.

Staps muß demnach ein Radikaler, ein Theoretiker, ein Spalter und ein Kommunist sein. Vier Eigenschaften in denen die beiden Toten von 1919 geglänzt hatten, denen seit 80 Jahren Anfang Januar gedacht wird. Vier gute Gründe also, ihn, beklatscht von der ganz großen Koalition – endlich einmal mit PDS –, als „Besessenen“, „Gemeingefährlichen“, „Ausbund perverser Phantasie“ usw. zu hetzen und ihn am besten per finalen Rettungsschuß von einer wildgewordenen Polizei erlegen zu lassen. Dabei wäre es für die alten und jungen Kommunisten, die weiterhin die Gräber der Gründer der kommunistischen Partei in Deutschland demonstrativ besuchen wollen, vernünftig, ja notwendig, Staps’ gutem Rat zu folgen: „Ich kann den betreffenden Menschen nur empfehlen, beispielsweise am Jahrestag der Ermordung von Liebknecht/Luxemburg selbst, also am 15.1. 2000 ohne die PDS auf den Friedrichsfelder Friedhof zu kommen.“ „Bemerkenswert logisch“ (L.Bisky), ja luzide, ist die Begründung des „Sonderlings“ (taz) Staps: „Mit PDS-Fahnen und SPD-Fahnen in Berlin-Friedrichsfelde herumzuwedeln, um damit Liebknecht/Luxemburg zu ehren, ist ungefähr so geistreich wie mit Hakenkreuzfahnen und Reichskriegsflaggen in Auschwitz, Dachau oder Weimar-Buchenwald herumzuwedeln, um die Opfer des deutschen Faschismus zu ehren.“

Wer ist hier pervers?

Oder ist es etwa nicht widerlich, die PDS-Spitze Jahr für Jahr am Grab von Kommunisten ihre Nelken abwerfen zu sehen? Leute, die jeden Kommunisten in ihren Reihen kaltstellen, den bloßen Versuch zu denken, also Theorie zu treiben, als praxisfremd diskreditieren, Leute, die ihren Frieden mit der Marktwirtschaft genauso gemacht haben, wie mit gesamtdeutschem Law and Order. Die Führer einer Partei, deren Bürgermeister faschistische Demonstrationen nicht verbieten und Antifaschisten behindern, wenn sie befürchten, daß die es ernst meinen, einer Partei, die von der DDR nur das hochhält, was ihr als Vertretung der Interessen der Ostler inklusive der autoritären, obrigkeitsstaatlich geprägten Ordentlichkeit geeignet scheint. Was an der DDR interessant war, nämlich die mißlungene Abschaffung des Kapitalverhältnisses, die doch immerhin die Enteignung  der Kapitalisten mit sich brachte, die Verehrung kommunistischer Antifaschisten und der Bau der Mauer, der die Welt wenigstens für 28 Jahre vor Deutschland schützte, ist demokratischen Sozialisten peinlich.

Heute ist der PDS nichts unangenehmer als die völlig haltlose Unterstellung, sie hielte es mit dem Kommunismus. Eine Partei, die endlich überall gleichberechtigt mitmachen will als konstruktive Opposition für Deutschland und ihr Ziel auch fast schon erreicht hat, muß sich vor der Identifikation mit ihrer besseren Vergangenheit durch desto vorauseilendere Unterwerfungen unter die herrschende Ordnung erwehren. Eine solche Partei wird das Zu-Tode-Hetzen linksradikaler Kritiker stets billigen, da nehmen sich SPD und PDS nichts und ob die Opfer Luxemburg, Baader oder Staps heißen, tut in diesem Zusammenhang nichts zur Sache. Staps ist also unbedingt recht zu geben, wenn er das Erscheinen von PDS-Funktionären auf einem Friedhof zu Ehren von Kommunisten, die von Sozialdemokraten ermordet wurden, für pervers hält.

In den Orkus

Nun ist es sicher keine akzeptable Idee,  Bisky oder Gysi oder Pau zu erschießen, aber wir halten Staps zugute, daß er die Morddrohung um des Beachtetwerdens wegen formuliert hat. „Leider kann am 9.1.2000 nur, in unfreier Abwandlung von ‚mitgefangen – mitgehangen‘, das Motto gelten: ‚mitmarschiert – mitliquidiert’“, schreibt Staps und auch da wären wir ihm gerne gefolgt, hätte er nicht allzu reißerisch von MPs, Handgranaten und „Abrechnung“ dahergeredet. Doch auch wir sind der Überzeugung, daß die Schafsherde, die da hinter dem PDS-Vorstand oder doch Seite an Seite mit ihm jahraus/jahrein nach Friedrichsfelde zieht, liquidiert gehört. In dem Sinne, wie die Sowjetunion in den späten 20er Jahren ankündigte, die Kulaken liquidieren zu wollen, aber nicht physisch, sondern als Klasse, würden wir gern die Liquidierung aller linken Schafherden erleben. Aber wer sollte das bewerkstelligen, wenn nicht die Schafe selber?

Als stummer Gefolgszug einer schimpflichen Partei müßt Ihr euch auflösen, Genossinen und Genossen! Als autoritäres Kollektiv, das von Petra Pau und anderen via Fernsehnachrichten die Parteiorder, „Morgen wird nicht demonstriert!“ entgegennimmt und allen Ernstes zu Hause geblieben ist, müßt ihr Euch selbst liquidieren. Das gilt jedenfalls für diejenigen von Euch, die mit dem Namen Rosa Luxemburg die Verpflichtung zur Abschaffung dieser trostlosen Verhältnisse, in denen ihr überlebt, verbinden. Diejenigen also, die auch dann noch wissen, daß sie ums Leben betrogen sind, wenn es für einen VW-Golf und vier Wochen Adria für alle reichen sollte.

Nur eine solche Emanzipation in kommunistischer Absicht könnte auch Olaf Staps’ Hoffnung wahr werden lassen: „diese Partei wird nun sowieso dahin wandern, wo sie hingehört, in den Orkus“. Noch seinem wunderlichen Insistieren auf die „Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die PDS“ pflichten wir im Sinne dieser gleichermaßen poetischen wie tatsächlichen Selbstliquidierung bei. Staps muß an Brechts „Verurteilung des Lukullus“ gedacht haben. Denn der Versuch der Verteidigung der PDS durch ihre Führung, vor einem Schattengericht aus ganz alten und ganz jungen Kommunisten, hätte das nämliche Urteil zur Folge, das gegen Lukullus erging: „Ins Nichts mit ihr“.

Genossinen und Genossen! Knüpft an die Verurteilung dieser Partei, in die viele von Euch viel zu lange falsche Erwartungen gesetzt haben, nicht die neue und wieder falsche Hoffnung auf andere Parteien. Bildet Zirkel, die sich dem Beispiel Olaf Staps’ folgend mit der kritischen Theorie der Gesellschaft beschäftigen, in der man uns zu leben zumutet und nicht mit Kommunalpolitik!

Und nehmt dem Olaf Staps seine schrillen Protestformen nicht allzu krumm. Schließlich habt ihr  doch ebensowenig wie wir der Petra Pau und dem Büttel Saberschinsky geglaubt, daß er tatsächlich etwas unternehmen würde. Seine Stilisierung zum unberechenbaren Monstrum, das hysterische Kesseltreiben mit allen Schikanen wie „europaweite Fahndung“ etc. befriedigt die unterschiedlichsten Bedürfnisse. Während der Berliner Polizeiapparat den lang gesuchten Anlaß, den Osten hauptstadtreif zu machen, gefunden zu haben glaubt, zeigt die PDS staatsbürgerliche Verantwortung: „Polizei und PDS feilen Sicherheitskonzept“ vermeldet das ND nicht ohne Genugtuung. Das dürfte ungefähr auch die Stimmung wiedergeben, die Ebert, Noske etc. angesichts ihrer Sicherheitpartnerschaft mit den Freikorps erfüllte: Endlich  war man unentbehrlicher Garant für Ruhe und Ordnung, endlich anerkannte Stütze der Nation .

Daß Stabs’ Drohbrief „vom Hass diktiert“ (PDS) wurde, ist  nicht nur verständlich sondern eine logische Konsequenz. Sein Verdienst besteht auch darin, daß die PDS ihre Vereinnahmung der Opfer sozialdemokratischer Regierungspolitik nur unter Polizeischutz betreiben kann. Die heutige Präsenz des staatlichen Gewaltapparates verdeutlicht, wie recht Olaf Stabs hat.

Heute, am 15.01.2000 haben wir zwei Forderungen:

PDS raus aus der Liebknecht/Luxemburg-Kundgebung!

Straffreiheit für Olaf Staps!

 

Redaktion Bahamas

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