Was muß das für ein harter Tag gewesen sein für die deutsche Linke und ihren 87prozentigen Anhang in der Bevölkerung, als alle Nachrichtenkanäle dem Vaterland die Niederlage attestierten. Welche Verbitterung muß an jenem Vormittag geherrscht haben, an dem sich erwies, daß Saddams Republikanische Garden nicht zum letzten Gefecht angetreten sind, kein Giftgas eingesetzt wurde und noch nicht einmal ein Hauch von Stalingrad über Bagdad lag. Das aber war erst der Anfang. Die Demütigung Deutschlands, dieser berufenen Agentur für Völkerbefreiung, wurde komplett, als kurz nach den amerikanischen Panzern sich die Bevölkerung die Straßen und Bildschirme eroberte. Dieses „Volk“, auf das man hierzulande so gesetzt hat in seinem antiamerikanischen Furor, von dem man zu wissen meinte, es sei eine stolze arabische Nation, das zwar seine Herren nicht besonders möge, aber dem die Unverletzlichkeit irakischen Bodens etwa so heilig sei wie weiland den Deutschen der ihre, dieses Volk nun untersteht sich, der US-Army zuzujubeln, beschäftigt sich mit Plündern und gibt seinem Haß auf die menschlichen Schutzschilde, die UN und Deutschland als objektive Kollaborateure des Regimes beredt und tatkräftig Ausdruck. Derweilen freundeten sich die Schiiten von Basra mit den Tommys an und im Norden gestaltete sich der kurdisch-amerikanische Vormarsch als ein wahres Freudenfest: Jedes eingenommene Dorf im kollektiven Freudentaumel. Nirgends liebte man die Amerikaner so wie Mitte April in Kurdistan.
Am 9. April wurde manifest, was man mit etwas Verstand und der gebotenen Distanz zu Deutschland, Old Europe, der UN und anderen islamischen Vorfeldinstitutionen schon vor Monaten hätten wissen können: Daß dieser Krieg erstens ein Beitrag für Frieden und Freiheit der irakischen Bevölkerung war, zweitens Voraussetzung für politische und ökonomische Veränderungen in der ganzen Region zum Besseren sein könnte, drittens geeignet war, die islamistisch-panarabische Massenbewegung deutlich zu verwarnen und womöglich ihrem Siegeszug die Spitze abzubrechen, und viertens eine enorme Entlastung für Israel in seinem Abwehrkampf gegen seine unzähligen Feinde zur Folge haben würde. Daß dieser Krieg auch auf die Zustimmung der irakischen Bevölkerung stoßen würde, konnte natürlich niemand mit letzter Sicherheit wissen, allerdings sprachen die spärlichen Nachrichten aus dem Inneren und die brutale Unterdrückung der Aufstände vom Frühjahr 1991 mit aller Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Mehrheit der Iraker das Ende mit immerhin kalkulierbarem Schrecken und US-Army dem Schrecken ohne Ende mit Saddam Hussein und den Seinen vorziehen würde.
Nun ist es ja mit der Mehrheitsmeinung einer Bevölkerung meistens nicht weit her, und daß Mehrheit und Wahrheit miteinander vereinbar sind, ist eher zufällig. Merkwürdig ist es aber schon, daß ausgerechnet dann, wenn der Jubel der Massen dem Richtigen, nämlich der Befreiung von schrecklicher Unterdrückung gilt, der professionell populistische Teil der Deutschen, die Linke, elitär wird. Zwar werden nicht alle so weit gehen wie die notorische Freundin aller Kurden, Karin Leukefeld, die in der jungen Welt, dem deutschen Verlautbarungsorgan der Baath-Ideologie, kundtat, daß ganz Irakisch-Kurdistan ins feindliche imperialistische Lager übergelaufen sei, insgeheim aber stimmt man ihr zu. Und zwar ausgerechnet deswegen, weil sich die Kurden im Nordirak auf eine relativ pragmatisch und lebensschonende Weise des Zusammenlebens und Wirtschaftens im Schutz der US-Luftwaffe geeinigt, also sowohl den dauernden Bandenkrieg weitgehend abgestellt, als auch die seltsamen Träume von Großkurdistan zumindest vorerst zurückgestellt haben. Seit gut elf Jahren geschieht dort, was Antiimperialisten und anderen Feinden der Freiheit gar nicht recht sein kann: Man bereichert sich privat und die öffentliche Hand widmet sich dem Straßenbau, der Einrichtung einer funktionierenden Gesundheitsversorgung und dem Bau von Schulen und Universitäten. Wenn die gleichen Pragmatiker sich zusammen mit der US-Army an die Eroberung des ganzen Nordiraks machen und alle, außer den Islamisten und Saddams dorthin verpflanzten Jubelarabern, das genau so erleben wie die Invasoren, als Befreiung nämlich, dann darf das einfach nicht stimmen. Ausgerechnet die Leute, die doch sonst für Liebe und Anarchie scheinbar so energisch eintreten, mißgönnen den feiernden und plündernden Massen ihren Spaß und warnen vor Anarchie und Chaos. Noch nicht einmal die schönen Bilder, auf denen die gestürmte Staatsbank von Mossul zu sehen war, in deren Schalterräumen Papiergeld zu Konfetti für die Siegesfeier umfunktioniert wurde, vermochten altgedienten Antiimperialisten Freude oder Bewunderung abzunötigen.
Man erinnere sich in schnellebiger Zeit. Seit Ende 2002 der Krieg keine Frage des Ob sondern des Wann wurde, prophezeite die deutsche Öffentlichkeit und die gesamte Bevölkerung glaubte ihr: Der Krieg hätte den Massenmord an der Zivilbevölkerung zur Folge. Diese „Prognose“, die von Anfang an mit begründeten Befürchtungen wenig, mit der Sehnsucht nach einem ungeheuren Blutbad dafür um so mehr zu tun hatte, hat sich nicht, nicht einmal ein kleines bißchen bewahrheitet. Doch als Body-count überlebte die Lüge den Krieg, präsentiert wird auch weiterhin das Massaker. Obwohl die irakischen Medien und Al-Dschasira, die Hetzstimme der arabischen Massen, alles daran gesetzt hatten, blutiges totes Fleisch zu präsentieren, wollte selbst ihnen nicht gelingen, mehr als ein paar dutzende tote Zivilisten zu präsentieren. Keine zerbombten Schutzbunker mit bis zu 400 Toten wie im ersten Irakkrieg, sondern kleinere Vorfälle, hier ein Markt mit bis zu 14 Toten, dort ein Wohngebäude mit drei bis vier Toten und immer wieder durch Splitter getötete Nachbarn des anvisierten Ziels. Was Al-Dschasira mißlang, ist für deutsche Pazifisten kein Problem. Obwohl jeder weiß, daß unter den 1.400 gezählten „zivilen“ Leichen sich überwiegend Männer im wehrfähigen Alter befanden und ebenfalls jeder wissen könnte, daß in den letzten Tagen des Krieges in Bagdad und anderen Städten zunehmend Fedajin und arabische Volkssturm-Freischärler in Zivil das Kriegsgeschehen zu wenden versuchten, wird alles, was nicht in Militärkleidung steckte, zu den beklagenswerten Ziviltoten gerechnet. Der Massenmord, dessen Enthüller Zahlen von zwanzig Millionen (so der Berliner Altstalinist Fritz Teppich seit dem Herbst 2002, wo immer man ihn zum roten Kameradschaftsabend einlud) bis hinunter zu 20.000 Toten (die junge Welt noch heute) im Angebot hatten und haben, hat einfach stattgefunden. Punkt. Aus. Ende. Ein Freund Israels und Redakteur der sonst gar nicht antiimperialistischen linken Schweizer Zeitschrift Risse faßte wenige Woche vor dem Krieg zusammen: „Zuerst einmal ist festzuhalten, dass eine militärische Intervention im Irak kein ,chirurgischer Eingriff‘ sein kann.“ – Er weiß es eben. Dabei hätte ihn nicht erst der Ausgang des Krieges darüber zu belehren brauchen, daß er Unrecht hatte. Er und all die anderen Bescheidwisser hätten nur den Fachleuten zuhören müssen, besonders den pensionierten, also nicht mehr zu besonderer Loyalität zur eigenen Regierung verpflichteten Offizieren und sie würden heute nicht mit roten Ohren dastehen. Aber Militärs schenkt man prinzipiell keinen Glauben, sondern – na wem wohl: „Eine Uno-Studie zu den möglichen Folgen eines Krieges für die Zivilbevölkerung spricht von zigtausend Toten und einigen hunderttausend Verletzten, mit denen man infolge direkter und indirekter Kriegsfolgen rechnen müsse. Ein solcher Preis ist zu hoch. Niemand kann ihn ernsthaft verantworten.“ (Lukas Germann in Risse Nr. 4)(1) Den anderen Body-Count, die vom Regime ermordeten Iraker und die Hochrechnung der Toten, die jeder weitere Tag des Baath-Regimes bedeutet hätte, diese einzig legitime Rechnung, die Kriegstote mit den vom Regime Gemordeten im Irak aber auch in Israel ins Verhältnis setzt, unterbleibt und gilt wohl als zynisch und menschenverachtend. Der irakischen Mehrheitsbevölkerung war der Preis eines Krieges, von dem sie sich sowohl chirurgisch präzisen Ablauf wie Befreiung erhoffte, offenbar nicht zu hoch, und antideutsche Kriegsbefürworter wie die Redakteure dieser Zeitschrift konnten und können es in guter antifaschistischer Tradition mit ihrem Gewissen vereinbaren, daß sie den Preis für die Abschaffung eines faschistischen Regimes so hoch ansetzten, daß sie auch zivile Opfer in einem Befreiungskrieg in Kauf nahmen. Einer, der sich schließlich doch noch durchgerungen hat und zum Mißfallen der ganzen linken Friedenskumpanei einen gerechten Krieg der US-Army für möglich hielt, war Hermann Gremliza, von dem abzuschreiben sich nicht nur für Lukas Germann gelohnt hätte, sondern auch für all die hasenfüßigen Möchtegern-Antideutschen, die kundig über die Baathistische Schreckensherrschaft zu berichten wußten, aber sich ein Ja zu seiner praktischen Überwindung – also dem Krieg – nicht entlocken lassen wollten. Gremliza, bezüglich der befürchteten Opferzahlen noch ganz auf dem antiamerikanischen Horrortrip, schrieb also: „Wäre gewährleistet, daß Saddam Husseins Regime beseitigt und durch ein menschenfreundlicheres ersetzt werden könnte, ohne fünfzig-, hunderttausend oder mehr Iraker kollateral umzubringen und zugleich an anderen Orten andere Monster zu entfesseln, hätte ich keinen Einwand.“ (Konkret 3/03)
Die Friedens-Deutschen konnten sich für ihre Vision einer moralischen Niederlage der Amerikaner gar nicht genug verstümmelte, zerfetzte, zerquetschte, uran-verstrahlte irakische Kinder, Frauen und Greise ausmalen. Wenn nur ein Zehntel dessen, was diese Blutsäufer sich da in ihrer von Splatter-Movies angeregten Phantasie herbeigewünscht und geschrieben haben, eingetroffen wäre, man wäre an seiner Befürwortung des Krieges womöglich noch irre geworden. Die Frankfurter Rundschau, Tageszeitung für Attac-Deutsche, titelte noch am 7. April. „Opferzahl steigt dramatisch im Kampf um Bagdad“, eine Lüge, die man noch nicht einmal mit Fakten zu belegen versuchte. Wenn es mit der massakrierten Zivilbevölkerung nicht so recht klappte, dann wenigstens mit indirekt Gemordeten: Der Krieg, so einigte sich Deutschland wider besseren Wissens, habe eine schreckliche humanitäre Katastrophe angerichtet, Basra verdurste und Bagdad hungere und in den Krankenhäusern gehe nichts mehr. Bis heute (18.4.2003) ist nichts davon eingetroffen, weil die Bevölkerung sich sehr umsichtig mit Vorräten eingedeckt hat, das Wasser in Basra längst wieder aus dem Hahn fließt, in Bagdad die E- und Wasserwerke nur wenige Tage Betriebsausfall verzeichneten und die Krankenhäuser nach einigen kritischen Tagen wieder funktionstüchtig waren.
Kaum daß eine Übergangsverwaltung aufgestellt war, die Plünderungen beendet, die Versorgung gesichert und Exilpolitiker ins Land gebracht waren, heißt es, das würde nie funktionieren, die Bevölkerung sei nicht reif dafür, die Exilpolitiker hätten nicht ihr Vertrauen, oder eine Demokratie könne gar nicht von außen übergestülpt werden. Zwar weiß man es nicht, aber man wünscht sich und den Irakern inständig, daß jede Bemühung um etwas Besseres als die Baath-Herrschaft scheitert. Dabei plaudert man beiläufig sein Mißvergnügen darüber aus, daß Demokratien gerade den Achsenmächten Deutschland und Japan eben doch verordnet wurden und heute noch bestehen. Das völkerkundlich belegte Urteil schließlich, unter Irakern gäbe es gar keine Demokraten oder zu westlicher Demokratie Befähigte, ist in seiner Perfidie bezeichnenderweise in Deutschland nur exilierten Irakern aufgefallen. Die Linken unter den Protestierern bringen es noch dahin, den Nachweis zu führen, daß wirklich glückliche Zustände nicht in Aussicht stünden, weil der Kommunismus als Marshallplan für den Irak von Amerikanern und Briten gar nicht intendiert gewesen sei. Wohl deshalb interpretieren sie die Plünderungen als Chaos. Was früher Kreuzberger Autonomen vorbehalten war, wenn sie die Ereignisse der letzten 1.-Mai-Randale erklärten und die „revolutionären Warenumverteilungen“ bejubelten, ist heute die Domäne Donald Rumsfelds oder der Welt-Redaktion: Plünderungen seien nach den Jahrzehnten der Unterdrückung und der Angst völlig verständlich und Ausruck der wiedererlangten Freiheit. Deutschlands Linksradikale aber beschimpfen die aktivistischen Bewohner von Saddam-City wahlweise als Lumpenproletarier oder ergehen sich in Weltuntergangsphantasien.
Was macht man nach drei Wochen Krieg, in dem sich nichts, aber auch gar nichts von all den bluttriefenden Vernichtungswünschen eingestellt hat? Gibt man zu, daß man gelogen hat, daß man, um einer falschen Sicht der Dinge willen gegen jede Wahrscheinlichkeit sich zunächst selber und dann jeden, der es hören wollte, manipuliert hat? Daß man schlicht und einfach auf der falschen Seite sich positionierte? Niemals. Eine, die 250.000 Kriegstote vorausgesagt hat, begründet stellvertretend für ihre Landsleute, warum eine irre Prognose niemals falsch sein kann, sondern als Information und Wissen, gar ärztliches Wissen verantwortungsvolle Menschen verpflichtet, damit öffentlich hausieren zu gehen. „Wir haben die Gefahr gesehen, dass es zu den von uns genannten Opferzahlen kommen könnte. Und wenn wir solche Informationen aufgrund unseres ärztlichen Wissens haben, dann sind wir verpflichtet, sie herauszugeben.“ (Ute Watermann, Sprecherin der deutschen Sektion der International Physicians for Prevention of Nuclear War, in taz, 17.4.)
Nicht nur Massenmord und humanitäre Katastrophe fielen aus, wie durch ein Wunder unterblieb auch der von Peter Scholl-Latour und anderen Spezialisten hinlänglich bewiesene Flächenbrand in der Region. Aber was nicht ist, wird demnächst kommen, hoffen alle Geostrategen und Kulturrelativisten und fühlen sich verpflichtet, ihre Informationen herauszugeben. Wie es in der Seele von Millionen Arabern nach der Invasion zugeht, wissen die Deutschen einfach, da braucht es keine Beweise, sondern nur ein menschliches Einfühlen: Ihre heiligsten Gefühle als Moslems seien verletzt worden, weshalb sie sofort den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen ausgerufen hätten oder doch bald ausrufen würden – die TV-Bilder von Freitagsgebeten geben dafür die entsprechende Kulisse ab.
In der Disziplin antiarabischer Rassismus, laut Indymedia eigentlich doch eine antideutsche Domäne, muß man sich als Antideutscher endgültig geschlagen geben. BAHAMAS-Redakteure trauen bekennenden Arabern manches Unheil zu, flugs aber einigen Dutzend Millionen ausnahmslos kollektive Eigenschaften wie die mörderische Liebe zu Blut, Boden und einer häßlichen Religion zu unterstellen, sie also umstandslos zu Nazis zu erklären, das schaffen nur deutsche Kriegsgegner, denen das Denken nur in kollektiven Kategorien möglich ist. Sie halten schon für Realität, was sie sich so inständig herbeiwünschen und mit ihrer Hilfe möglicherweise tatsächlich eintreffen könnte: Nichts darf besser werden, der Araber muß antiamerikanischer Selbstmordattentäter werden und das Inferno endlich beginnen – das ist seine Bestimmung. Solcher Vernichtungswunsch ist innigster Ausdruck deutsch-arabischer Freundschaft, aus dem Dialog mit dem Terror ist längst der Dialog zwischen Terroristen geworden. Die von „ewiger Demütigung“ durch Kolonisatoren und Kulturimperialisten in den Terrorismus gedrängten arabischen Massen Seit an Seit mit gedemütigten Deutschen. Anders als die folgenlose Sehnsucht nach von Clusterbomben zerfetzten hunderttausenden irakischen Zivilisten, muß man deutsche Drohungen mit islamischem Terror sehr ernst nehmen. Eine Nation, die es dazu gebracht hat, von der Hamas und Saddams engsten Anhängern als Friedensbringer und Hoffnungsträger anerkannt zu werden, braucht nicht selber Hand anzulegen, wenn sie von explodierenden Pulverfässern schwadroniert: „Noch nicht absehbar ist der politische Schaden, den der Krieg in der Region anrichtet. Wer in ein Pulverfaß schießt, darf sich nicht wundern, wenn es explodiert. Die Iraker haben die amerikanischen Truppen nicht als ‚Befreier‘ empfangen. Viele mögen ihren ‚Führer‘ hassen, aber noch größer ist der Haß gegenüber den Invasoren. Die Bomben auf Bagdad fachen erneut den arabischen Nationalismus an und schüren den Aufruhr in vielen islamischen Ländern. Mit einer Zunahme des internationalen Terrorismus ist zu rechnen. Dabei war es seit dem 11. September 2001 verstärkt Ziel der Entwicklungszusammenarbeit, die Kooperation gerade auch mit arabischen Ländern auszubauen, um damit dem Gefühl der ewigen Demütigung und Ausgrenzung entgegenzuwirken, das einen Nährboden für den islamischen Fundamentalismus und Terrorismus darstellt. Der Irak-Krieg macht vieles zunichte, was an Verständnis und interkulturellem Dialog mühsam genug hat beginnen und wachsen können.“ Diese Fatwa ist nicht in der jungen Welt erschienen, die inzwischen in ihrem joint-venture-shop T-shirts mit der Aufschrift „Schläfer“ und „,Ich mag keine Hochhäuser‘ (Text auf arabisch)“ anbietet, sondern in der halbamtlichen Frankfurter Rundschau (7.4.). Die Autoren leben auf Staatskosten: „Reinhard Hermle, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen e. V. (Venro), und Peter Runge, Referent für Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe bei Venro“. Diejenigen Iraker, die möglicherweise schon bald damit anfangen werden, ihren Landsleuten und den alliierten Soldaten das Leben zur Hölle zu machen, dürfen sich schon einmal dazu ermächtigt und unterstützt fühlen, von Venro oder der Panorama-Redaktion, die am 17.4. vom Al-Dschasira-Korrespondenten über die deutsche Islamexpertin bis zum Konfliktforscher alles aufgeboten hat, was sich aus Sorge um die „arabische Seele“ offen antisemitisch, islamistisch und terrorismusbefürwortend äußern wollte.
Nicht nur Venro und andere Freunde der Feinde Israels und der USA erwiesen sich als äußerst versierte Völkerpsychologen. Anscheinend hängen in diesem Jahr Kriegsgegnerschaft und die präzise Kenntnis der „arabischen Straße“ so eng zusammen, daß noch der kleinste Redakteur sich kenntnisreich aufplustert, wie sonst nur der Scholl-Latour bei Sabine Christiansen und der Sorge um Israel mit Worten Ausdruck gibt, die man in Berlin aus dem Mund von Brigitte Asdonk (früher politische Gefangene, heute nur noch palästinensisch) zu hören gewöhnt ist: „Ein weiteres Argument, das von linken KriegsbefürworterInnen zuweilen ins Feld geführt wird, ist, dass ein Krieg gegen den Irak, der das Ziel des Sturzes von Hussein habe, nötig sei, um Israel zu schützen. Hier ist aber genau das Gegenteil der Fall. Würde doch ein amerikanischer Angriff auf den Irak das psychopathisch antisemitische Regime in Bagdad erst so richtig dazu veranlassen, wenn irgendwie möglich Israel und seine Bevölkerung zu attackieren. Auch eine im Kriegsfall drohende weitere Destabilisierung der Region, die sich bekanntermaßen in allen arabischen Ländern schnell in antisemitischen Ressentiments entladen kann, ist sicherlich nicht im Interesse des Schutzes des israelischen Staates.“ (Germann in Risse 4) Merkwürdige Freunde hat diese kleine jüdische Demokratie im Nahen Osten. Ausgerechnet dann, wenn Israels engster Verbündeter Krieg gegen ein „psychopathisch antisemitisches Regime“ führt und die überwältigende Mehrheit der Israelis diesen Krieg für notwendig hält, müssen sie auf dem Vorhof der Al Azhar-Universität herumschnüffeln und sich von deutschen NGOs, die vom Government ausgehalten werden, die Weltlage erklären lassen. Aber es gibt eben wichtigeres als Israel – den Frieden: an sich, für sich und überhaupt. „Auch da Krieg als Problemlösungsversuch nie Normalität werden darf, sind die Kriegsbemühungen der USA und ihrer Verbündeten klar zurückzuweisen“, spricht der virtuelle Gesamtlinke Lukas Germann mutig aus und zeigt, daß sein Verstand ungefähr so weit entwickelt ist wie der einiger hunderttausend deutscher Kinder und Jugendliche, die Kriege auch ganz schlimm finden. Das Baath-Regime aber ist nicht irgendein Problem für deutsche Kofliktforscher gewesen, sondern eine Terrorherrschaft, die an manchen Tagen mehr Menschen ermorden ließ, als während des ganzen Krieges umgekommen sind. Hätte der Antisemitismus-Kritiker diesem unbedeutenden Umstand Rechnung getragen, dann hätte er schreiben müssen: „Der Krieg als Mittel zur Abschaffung staatlichen Terrors und pathologischen Antisemitismus’ darf nie Normalität werden.“ Wollte er das sagen, der Schweizer Genosse? Diese Frage ist nicht rhetorisch gemeint, sondern an alle gerichtet, die gegenüber dem israelischen Staat irgendwelche freundlichen Gefühle hegen, sich aber der „Nein-zum-Krieg-Bewegung“ angeschlossen haben. Man wird auf die Beantwortung dieser Frage insistieren müssen, denn ein bißchen Frieden und Antiimperialismus hier und Solidarität mit Israel dort geht nicht nur nicht zusammen, es schließt sich aus. Wenn selbst israelfreundlichen Linken nicht mehr einfällt, als infantil „Krieg ist böse“ zu brabbeln, dann dürfen sie sich nicht wundern, daß sie von übelsten Antiimperialisten, die in Deutschland einer Volksbewegung vorangehen und in der antizionistischen Schweiz immerhin einem mehrheitsfähigen Ressentiment beredt Ausdruck verleihen, nicht mehr unterscheidbar sind. Was der Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 26.03.03 voller Begeisterung über eine Erziehung aufgeschrieben hat, die Erzieher und Erzogene in einem regressiven Massenunternehmen vereint, zeigt dann, wenn man sich entscheiden muß, aber sich nicht traut, offenkundig auch bei ansonsten recht vernünftigen Leuten Wirkung: „Sie sind groß geworden mit einer Erziehung, die ihnen beigebracht hat, dass man Konflikte friedlich löst, dass man sich nicht prügelt, wenn man streitet – und sie wenden das, was sie gelernt haben, auf die große Politik an.“
Daß Kriege nie schön, sondern höchstens gerechtfertigt sein können und deshalb manchmal unumgänglich sind, es also in den letzten Monaten unter vernünftigen Menschen nie um den Krieg überhaupt ging, sondern darum, ob der vom Präsidenten der USA angekündigte Feldzug gegen den Irak nützlich sein könnte, werden Pazifisten ohnehin nie verstehen. Im Gegensatz zu Deutschen aber sind Pazifisten wenigstens relativ harmlose Spinner. Wenn Deutsche sich massenhaft für Frieden aussprechen, dann deshalb, weil sie aus eigener leidvoller Erfahrung mit Krieg und Besatzung der Welt Bescheid geben wollen, welcher praktischen Gesinnungsethik sie sich zu fügen habe.
Wenn schon die US-amerikanische Gewalt das Völkerrecht bricht und Deutschland eine empfindliche Niederlage bereitet, muß wenigstens der eigene Laden sauber bleiben, wenn es beim nächsten Mal klappen soll. Die Deutschen erkennen, daß man den angloamerikanischen Völkermördern nur dann erfolgreich widerstehen kann, wenn die Kollaboration mit diesen Kriegstreibern im eigenen Land als ein fluchwürdiges Verbrechen erkannt und entsprechend gebrandmarkt wird. Bereits am 7.4.2003 zog das Neue Deutschland antifaschistische Konsequenzen und rief zu revolutionärer Wachsamkeit gegenüber den Freunden Israels und anderen Nazis auf. „Warnung vor falschen Freunden“ lautete die Überschrift, „Neonazis aber auch ‚antideutsche‘ Kriegsbefürworter auf Friedensdemonstration nicht willkommen“. Folgende Provokation war zu vermelden: „Am (...) Montag nutzten 70 Neonazis den Besuch des israelischen Botschafters Shimon Stein in Dortmund, um hinter einem Transparent mit der Aufschrift ‚Kein Blut für Israöl‘ erneut aufzumarschieren. Auf Flugblättern beschuldigten sie Bush des ‚Völkermordes‘ und der ‚Vorbereitung und Durchführung eines Angriffskrieges‘ und mißbrauchten zum wiederholten Male altbekannte linke Parolen, indem sie unter anderem ‚Hoch die internationale Solidarität‘ riefen. Neben einer handvoll Mitglieder des ‚Bündnisses Dortmund gegen Rechts‘ hatten sich rund zwei dutzend ‚Antideutsche‘ versammelt, um gegen die Anfeindungen der Neofaschisten aufzutreten. Während den Mitgliedern des ‚Bündnisses gegen Rechts‘ daran gelegen war, ihren Protest gegen den Krieg und die neofaschistische Provokation zu verdeutlichen, nutzten die ‚Antideutschen‘ ihre zahlenmäßige Überlegenheit und begrüßten, verdeckt hinter israelischen Fahnen, die Bombardierung Iraks mit ‚Hurra, hurra, USA‘-Rufen.“ Das friedensbewegte Dortmund reagiert prompt: „Laut Veranstalter des Ostermarsches Ruhr [seien] weder neofaschistische Gewalttäter noch ‚antideutsche‘ Kriegstreiber bei der in Dortmund endenden traditionellen Demonstration erwünscht.“ Zugegeben, es geht ein wenig holzig zu bei Dortmunder ND-Korrespondenten. Aus ihren Produkten spricht die antizionistische Gesinnung viel unverhohlener als aus den gesinnungstüchtigen Pamphleten von Hamburger KB-Veteranen oder postmodernen Dschungel-Spezialisten aus Berlin. Doch was im DKP-Gehirn des Dortmunder Redakteurs herumrumorte, nämlich so etwas wie „USA – internationale Völkermordzentrale“ und „Palästina, das Volk wird dich befreien“, das meinen auch sie. Sie machen es nur etwas eleganter und werten schön die Presse aus, bevor sie die USA des fortgesetzten Völkermordes zeien, und streuen erst ein dummes Zitat von Zuckermann ein, bevor sie sich mit den „Unterdrückten“ im Nahost-Konflikt solidarisieren. Offene Lügen verbreiten sie nur ausnahmsweise und auch nur dann, wenn es der innerlinken Harmonie dient. So bestritt etwa Thomas Ebermann noch im Februar rundweg, die irakische Bevölkerung könnte einen amerikanischen Krieg zu ihrer Befreiung befürworten (Konkret 3/03). Aber wen schert schon das Wohlergehen von zwanzig Millionen Irakis und sein eigenes Gerede, wenn es gilt, den Antiimperialismus zu retten und die gleiche Bellizisten-Sau durchs linke Dorf zu treiben, wie der Dortmunder Genosse, der vor den gleichen „falschen Freunden“ gewarnt hatte.
Die ganzen lustigen Begleiterscheinungen, die entstehen, wenn deutsche Linke mit Nazi-Parolen gegen die USA marschieren und sich gleichzeitig von Nazis und Antisemiten und Schröder-Anhängern distanzieren wollen, konnten über Monate hinweg in jeder Stadt beobachtet werden. Es hat irgendwie nicht geklappt mit der anderen, antikapitalistischen, echten Friedensbewegung. In Göttingen wurden verblüffte Antideutsche – die, wie man nicht nur in Nürnberg weiß, einfach überall sind – Zeugen eines gespenstischen letzten Aufgebots. Am 5. April marschierte dort ein breites Bündnis aus Autonomer Antifa (M), Greenpeace und Paul und Paula-Wursthaar von der Volxküche unter der Parole „gegen jeden Krieg und Friedensheuchelei“ durchs Städtchen.
Der Krieg ist vorbei, man hat ihn verloren und will von nichts etwas gewußt haben – eine halluzinierte Stunde Null soll beginnen. Was bleibt, ist das ans Idiotische grenzende Haßwort Bellizist, das man bereits 1990 wohl aus dem Repertoire eines deutschen Konflikforschers übernommen hat. Was bleibt, ist der zunehmende Haß auf Israel, dessen Bevölkerung irgendwie auch leicht bellizistisch war, und das unerschütterliche kritische Bündnis mit dem pazifistischen Deutschland. Man kann sich schon jetzt darauf freuen, welche prima Erklärungen zum Beweis dafür nachgereicht werden, daß man irgendwie auch gegen Deutschland sei und schon deshalb gegen den Krieg. Zum Beispiel sei ja in Wirklichkeit die Bundesregierung gar nicht gegen den Krieg gewesen, wegen Gewährung von Überflugsrechten, Awacs und so. Man wird sie trotz ihrer offensichtlichen Blamage ernst nehmen müssen, denn sie rücken zusammen in ihrer Enttäuschung, daß die wenigen Antideutschen im Land sie dabei ertappt haben, daß sie Händchen gehalten haben mit der Nation of Germany und der Nation of Islam. Nach diesem Krieg ist für Deutschland, wer gegen ihn gewesen ist.
Ist der Feind meines Feindes nun mein Freund? Kann man für die USA sein, weil sie Saddam gestürzt haben, Israel entlastet und die irakische Bevölkerung befreit? Man muß!
Die Nachkriegsordnung hat schon begonnen: Daß zum Beispiel Abu Abbas, jener Killer, der unter anderem 1985 die Entführung des Kreuzfahrtschiffes Achille Laura befehligte, und für die Selektion und Ermordung eines amerikanischen Juden verantwortlich zeichnete, in einem Bagdader Vorort von den Amerikanern gefangen genommen wurde und seine Gesinnungskumpane in den Autonomiebehörden machtlos Zetermordio schreien (2), ist mehr als die Festsetzung eines üblen antisemitischen Mörders. Es könnte Anzeichen für eine neue Ordnung im Nahen Osten sein, die Judenmördern keinen Schutz mehr gewähren wird. Die Losung, die unter Antifaschisten einmal gebräuchlich war, aber anscheinend Juden nie mit einbezog, halten nur noch die Amerikaner aufrecht: Kein Vergeben, kein Vergessen. Wahrscheinlich sind die amerikanischen Kriegsdrohungen gegen Syrien wegen Unterstützung des Saddam-Regimes und des internationalen Terrorismus – das sind neben der Hisbullah sämtliche palästinensischen Killerorganisationen von Hamas bis PFLP – gar nicht sehr ernst gemeint, aber möglicherweise äußerst wirkungsvoll. Solange solche Drohungen dazu führen, daß Leute wie Abu Abbas von syrischen Grenzern an der Einreise gehindert werden, sind sie natürlich zu begrüßen.
Wer sich wenigstens zwei Grundsätzen verschrieben hat und sie auch begründen kann: daß nämlich der Kampf gegen Deutschland und die Solidarität mit dem jüdischen Staat moralische Mindestanforderung an jeden ist, der glaubt, aus Auschwitz Lehren ziehen zu müssen, der hätte in dieser Auseinandersetzung nicht stillhalten dürfen, sondern gegen die Kriegspest, die hierzulande Frieden heißt, aufstehen und den Alliierten schon vor dem Krieg wünschen müssen, was erfreulicherweise eingetroffen ist: einen schnellen und möglichst opferarmen Sieg in einem High-Tech-Krieg. Die Auseinandersetzung ist noch nicht zu Ende. Es wird weiter zu streiten sein mit denen, die glauben, einen dritten Weg gefunden zu haben, aber wenigstens anerkennen, daß das Baath-Regime eine antisemitische Terrorherrschaft war. Immer noch ist antideutsche kommunistische Kritik ein Kampf um die Köpfe und immer noch sind Plätze frei für neue Kindersoldaten in den Reihen der Mitläufer, die ihre Hirne in der antideutschen Garderobe abgeben wollen, um „verdeckt hinter israelischen Fahnen“ (ND) ihren Sektendienst (3) zu tun.
War antideutsche Kritik in den 13 Jahren, die es sie gibt, zunächst eine mißtrauisch beäugte Randerscheinung innerhalb der deutsche Linken, so ist sie seit der Forderung nach der bedingungslosen Solidarität mit dem jüdischen Staat und mehr noch nach dem 11.9.2001 vollends der innerlinken Feinderklärung verfallen. Seit dem 9.4.2003 aber, als Bagdad jubelte, Deutschland einen Krieg verlor, und niemand mehr leugnen kann, das Deutschlands Linke sich selbst verstaatlicht, wird es frostiger. Antideutsche konnten genausowenig wie der linke Rest je für sich beanspruchen, Staatsfeinde zu sein, dazu reichten die Potentiale nicht. Seit man aber in einem kalten Krieg auf Seiten des stärksten Gegners dieses Landes sich positioniert, wird es schwieriger. Was die Krawallchargen der stalinistisch-völkischen Linken aktuell verbreiten, könnte, wie das bei Denunziationen durch staatliche Vorfeldorganisationen üblich ist, schon bald beim berufenen Vertreter des Gemeinwohls, der Staatsmacht, als Aufruf zum Tätigwerden verstanden werden. Zwar ist Bellizismus ein dem deutschen Strafrecht noch unbekannter Tatbestand, schaut man aber ins Zentralorgan der deutschen Linken, das in München erscheint, dann wird deutlich, was Friedenssehnsucht hierzulande wirklich meint und was sich der Ebermann oder der Bernhard Schmid noch nicht so recht auszusprechen trauen: „Robert Jackson, der US-Chefankläger bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen, sagte am 20. November 1945 in seiner Eröffnungsrede: ‚Wir dürfen niemals vergessen, dass nach dem gleichen Maß, mit dem wir die Angeklagten messen, auch wir morgen von der Geschichte gemessen werden.‘ Völkerrecht ein Fragezeichenrecht? Das Gewaltverbot, das im Zentrum der UN-Charta steht, ist der wichtigste Imperativ der neueren Geschichte. Es ist zwar sehr richtig, dass man hinter den UN-Sicherheitsrat, seiner willkürlichen Zusammensetzung wegen, ein Fragezeichen setzen kann. Und es ist auch richtig, dass viel Heuchelei herrscht in den Vereinten Nationen. Das ändert aber nichts daran, dass das Völkerrecht den Angriffskrieg auf dieselbe Stufe stellt wie die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Völkermord.“ So schrieb Heribert Prantl am 29.3.03, der laut Hürriyet nichts geringeres als der Ehemann von Claudia Roth ist, in der Süddeutschen Zeitung, deren Chefredakteur er ist.
Was man den im Irak bewaffnet agierenden Antideutschen antun würde, hätte man neben dem Zuspruch der Weltöffentlichkeit auch die Mittel zur Durchsetzung des Völkerrechts, veröffentlichte die gleiche Zeitung bereits am 21.3.03: „Noch fehlt zwar, mangels ausführender Gesetze zum Internationalen Strafgerichtshof, ein völkerrechtlich unmißverständliches Statut, das den Angriffskrieg als Verbrechen weltweit unter Strafe stellt, auch wenn seit den Nürnberger Prozessen seine internationale Strafbarkeit in jedem Fall feststehen dürfte. Doch selbst wenn man diese Problematik außer Acht läßt, bleibt die Strafbarkeit des Mordes und des Massenmordes an Zivilpersonen nach den Genfer Konventionen und natürlich nach den Regeln sämtlicher westlicher, ja aller nationalen Strafrechtssysteme dieser Welt.“ Doch bevor die Ideologen von Deutschlands auflagenstärkster Regierungszeitung legislativ und militärisch den „Nazis“ von Washington und London das Handwerk legen können, gilt die Kampfansage gegen die USA deren Parteigängern im eignen Land, den Bellizisten.
„Diese Friedensbewegung war ganz offensichtlich kein deutsches Phänomen“, stellte die FAZ am 19.4. ganz richtig fest, um fortzufahren: „Besonders war, daß hier eine Bewegung hinter der Regierung herlief, ohne daß es zwischen den beiden zu Gesprächen oder Streit oder so etwas wie einem expliziten Einverständnis gekommen wäre.“ Die Süddeutsche Zeitung, die die Regierungslinie ausgibt, liefert dem Neuen Deutschland, das ihr hinterherläuft, aber sich dabei nicht erwischen lassen will,eine erstklassige Begründung für Säuberungen der neuen Deutschlandbewegung vom antideutschen Zeck, ohne daß es zu explizitem Einverständnis zwischen beiden gekommen wäre. Antideutsche bleiben also vorläufig die Angeklagten eines virtuellen Russel-Tribunals, auf dem irgendwelche verbitterten Haudegen mit prima K-Gruppen-Vergangenheit und astreiner Friedensweste nach langem Wägen als quasi Vorwegnahme einer möglichen Entscheidung des Volksgerichtshofs mit den Daumen nach unten zeigen werden. Alles weitere ist eine Frage des antideutschen Saalschutzes.
Justus Wertmüller (Bahamas 41 / 2003)
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