Titelbild des Hefts Nummer 62
Ausstiegsdeutschland
Heft 62 / Sommer 2011
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Die Überlebenden von Grafenrheinfeld

Von Dresden nach Fukushima – die deutsche Lust am Untergang

Was ist eigentlich antideutsch? fragt man sich immer häufiger in Zeiten, in denen Menschheitsgeißeln wie Antiamerikanismus, Israelfeindschaft und die Preisgabe der individuellen Freiheit anderer Länder Bewohner um des Friedens willen als gar nicht besonders deutsch, sondern gesamteuropäisch und unter der Ägide eines Friedensnobelpreisträgers auch als amerikanische auftreten. Einige Jahre lang schien in Deutschland Entspannung angesagt zu sein. Da diejenigen, die jahrzehntelang stellvertretend für die Landsleute die Frage, was deutsch sei, stets erschöpfend beantwortet haben, die Sprecher des im wesentlichen westdeutschen Widerstandes in Sachen Ökologie und Frieden inzwischen begraben oder verrentet sind, schien es eine Zeit lang so, als hätte sich die spezifisch deutsche Aggression gegen die Zivilisation in einem internationalen Ressentiment verloren. Es wollte scheinen, dass die nachwachsenden Generationen kein rechtes Interesse mehr an Büßer-Pfarrern wie Helmut Gollwitzer hatten und weder das reformkatholische Gekreische einer Ute Ranke-Heinemann, noch das notorische Mahnen der professio­nellen Schwester Inge Aicher-Scholl, das Moralin Heinrich Bölls, die unglaublich seichten Einlassungen des stets geschäftstüchtigen Walter Jens oder die völlig verpfuschte Gedichtproduktion Erich Frieds als Stimulanz zur Aufpäppelung fortschrittlicher Gesinnung taugen würden. Deren Wirken fiel in die Jahre von der ersten Friedensbewegung Ende der 50er bis zum Atomunfall in Tschernobyl 1986, Jahre, in denen viel demonstriert und noch mehr Innerlichkeit, Alternativen, Widerständigkeiten herbeigeschrieben und gesungen wurden. Immerhin wurden entsprechende Hervorbringungen und Haltungen in den 80er und 90er Jahren z. B. von populären Gruppen wie Die Ärzte so sehr verspottet und in der Titanic dem Hohngelächter ausgesetzt, dass Friedensmahner, Ökologen und Lebensreformer seit 1990 so abgehalftert zu sein schienen, dass ihre verspäteten Wiedergänger aus der DDR-Bürgerrechtsbewegung, Mannen wie Sebastian Pflugbeil, denen Wiglaf Drostes Barbier von Bebra nach erfolgter Ermordung auch noch den Bart abrasierte und Frauen wie Freya Klier, die selbstgebatikte Kleider, Kleinkunst und Betroffenheitsmienen feilboten, gerade noch toleriert wurden wie arme Verwandte aus der Provinz.

Doch es war alles nicht wahr. Die tot Geglaubten sind unter uns und haben ein Alltagsbewusstsein aller Deutschen in Abgrenzung von der Welt zu stiften vermocht, deren Träger auf den Original-Sound der Altvorderen teilweise und ihr Outfit ganz verzichten können. Wo kein Gegner mehr in Sicht ist und kein Protest mehr auf einen vielleicht ja im Anfang liegenden vernünftigen Kern mehr verweisen kann, heißt Deutsch sein obszön sein, also scheinbar ganz arglos aber penetrant alles, was geeignet ist bei anderen Menschen Ekel zu erregen oder ihr Schamgefühl zu verletzen, in Anschlag zu bringen.

Der Ausstiegsbeschluss vom Juni, von dem die Opposition lange befürchtete, er könnte am Ende „umkehrbar“ sein und nicht wie ein ewiges Schicksal ohne Halbwertszeiten über dem Land liegen, wird zur Aufklärung über die Kerntechnik und die von ihr ausgehenden Gefahren nichts beitragen und über das Verhältnis von Mensch und Technik schon gar nichts. Es werden vielmehr Fakten geschaffen, deren Richtigkeit zu beurteilen niemandem mehr erlaubt ist. Dass es um weit mehr geht, als die Abkehr von einer riskanten Technologie wurde schon am 18. September 2010 deutlich, als ein mindestens 300.000 Köpfe starker generationsübergreifender Familienausflug durch Berlin zog, um gegen die banale Laufzeitverlängerung für einige Atomkraftwerke zu protestieren, und verdichtet sich seit dem Unfall in Fukushima zur Gewissheit: Es geht um die Verfestigung einer autoritären und kollektivistischen Staatsbürgermoral mit Kärglichkeit und Gemeinschaftssinn, für die Inge Aicher-Scholl und Konsorten immer schon standen, die das Schlimmste befürchten lässt. Obwohl in Sachen Frieden 1983 in den Bonner Rheinauen bereits die halbe Bundesrepublik ihr Kredo gegen Ronald Reagan abgelegt hatte, dessen Regierung man mit dem Schweizer Vordenker Max Frisch als den kalifornischen Faschismus bezeichnete, während die andere Hälfte nur noch mühsam und wenig überzeugend etwas von der Freiheit, die zu verteidigen sei, murmelte und ab 1986 wegen Tschernobyl sich die Mehrheit in der Ablehnung der Kernenergie einig wusste, ist es doch neu, dass im Frühjahr 2011 ausgerechnet in Deutschland das gesamte politische Spektrum sich im Widerstand befindet gegen ein Atomlobby genanntes System hinter dem System, das sich irgendwo versteckt halten muss. Dass es keine Parteien mehr gibt, sondern nur noch Kernkraftgegner, ist ein schrilles Signal. Dass eine ganze Welt mit zunehmendem Befremden auf ein Land blickt, das sich anmaßt, als großer Lehrmeister die Welt zu missionieren, fällt in der deutschen Öffentlichkeit schon niemandem mehr auf. Zwar war der Ausstieg schon nach dem schweren Unfall in Tschernobyl so gut wie beschlossen, aber wen schert das noch. Es galt noch einen draufzusetzen in den Monaten nach dem Unfall von Fukushima – und wenn dabei der immerhin im ganzen recht segensreiche Ausgleich zwischen Deutschland und Frankreich, wie er von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle eingeleitet wurde, wegen zu befürchtender Versorgungslücken in Frankreich durch ausbleibende Energieexporte aus Deutschland leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. Das nimmt man parteiübergreifend ebenso locker hin, wie in den 70er und 80er Jahren deutsche Aktivisten ihren durchaus vergleichbaren Vorsatz, der einem ökologischen Einmarsch gleichgekommen wäre, nicht als Bedrohung des europäischen Friedens erschien, sondern als regionale Notstandsübung gegen den drohenden Atomtod. Nur durch französische Repression und deutsch-französische Sicherheitspartnerschaft konnten sie damals daran gehindert werden in Massen über die Grenzen zu strömen, um gegen Frankreichs Atompolitik zu protestieren.

Aus Dresden lernen

Gegen Krieg zu sein, der auch dann ein Atomkrieg von Hiroshima-Ausmaßen sein muss, wenn, wie im Irak 2003 geschehen, (gehärtete) uranbeschwerte Geschosse Saddams Panzer durchlöcherten, ist die Voraussetzung für das Engagement gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie. Über die von einem Kernkraftwerk ausgehenden Gefahren zu reden und dabei Hiroshima zu meinen, versteht sich von selbst, und so gleichen sich dann auch die obszönen Bilder und Szenarien vom Atomtod – hier die Verheerungen durch die Bombe, dort der GAU.

Das Bekenntnis gegen die Kernenergie zum nationalen Existential gemacht zu haben ist unverkennbar deutsch und es ist keineswegs erst in den frühen 70er Jahren im Zusammenhang mit den ersten größeren Protesten gegen das geplante AKW in Whyl abgelegt worden, aber auch nicht in den 50er Jahren, als Christen, Gewerkschaften, Sozialdemokraten, Kommunisten und die unvermeidlichen Geistesschaffenden gegen die Stationierung von Atomwaffen vor dem deutschen Hiroshima warnten. Noch nicht einmal der 8.5.1945 war das Fanal, als ein ganzes Volk von inneren Emigranten sich in den passiven Widerstand gegen Tod und Vernichtung, also Besatzung und Fremdbestimmung begab. Die große deutsche Obszönität begann im Februar 1945 mit einem von der Nazi-Presse lancierten Dichterwort: „Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens. Dieser heitere Morgenstern der Jugend hat bisher der Welt geleuchtet. Ich weiß, dass in England und Amerika gute Geister genug vorhanden sind, denen das göttliche Licht der Sixtinischen Madonna nicht fremd war und die vom Erlöschen dieses Sternes allertiefst schmerzlich getroffen weinen. Und ich habe den Untergang Dresdens unter den Sodom-und-Gomorrha-Höllen der englischen und amerikanischen Flugzeuge persönlich erlebt. Ich stehe am Ausgangsort des Lebens und beneide alle meine toten Geisteskameraden, denen dieses Erlebnis erspart geblieben ist.“ Diese letzte Veröffentlichung des deutschen Nobelpreisträgers und Nazikollaborateurs Gerhart Hauptmann ist in ihrem verlogenen Pathos, ihrer offensichtlichen Endzeitbegeisterung und eindeutigen Schuldzuweisung für das Ergebnis von sechs Jahren deutscher Kulturhegemonie in Europa nicht nur eine Vorlage für Joseph Goebbels gewesen.

Der heitere Morgenstern der Jugend fiel im Februar 1945 zu einem großen Teil in Schutt und Asche, besonders die barocke Bausubstanz war weitgehend zerstört. Aber die ca. 25.000 dabei ums Leben Gekommenen waren nicht genug, um der Welt Nazi-Deutschland als eigentlichen Repräsentanten abendländischer Kultur und als Terroropfer zu präsentieren. Gesprengter Barock rüttelt die Welt nur in Verbindung mit Hekatomben von Toten, am besten Flüchtlingen aus den von der Roten Armee bereits eroberten deutschen Ostgebieten auf, kalkulierte Goebbels und ließ die binnen weniger Tage weitgehend korrekt ermittelten Opferzahlen mit dem Faktor 10 multiplizieren. Damals war es fürs Durchhalten schon zu spät, mit dem Geisteskameraden Hauptmann im Marschgepäck hatte Goebbels allerdings einen Parteiauftrag für die Zeit nach dem Nationalsozialismus ans aufnahmefreudige Volk weitergeben und sich ein bleibendes Denkmal gesetzt. Seither macht man in Deutschland in Untergang, seither wird das Grauen, der gewaltsame Tod, als kollektives Erlebnis in Worten, Bildern und Tönen beschworen, angeblich als Mahnung, dass sich dergleichen niemals wiederhole. Mit solchen Beschwörungen löst sich aber kein Verhängnis, keine reinigende Wirkung bereitet Umkehr und neue Zuversicht vor, stattdessen werden zwanghaft Gedankenspiele erzeugt, die Tod und immer noch mehr Tod in eben obszöner Anschaulichkeit ausbreiten und besingen. Dresden als der zentrale Ausgangspunkt allen deutschen Protests von Goebbels und Hauptmann zu Irving und Meinhof und weiter zu Jörg Friedrich und Margot Käßmann ist Hinweis darauf, dass die dauernden apokalyptischen Anrufungen die völlige Abstumpfung gegen wirkliches Leid hervorrufen und zugleich die uralte Sehnsucht nach dem Untergang des Abendlandes im vergeblichen Widerstand gegen kulturfremden Terror mobilisieren. Schon Hauptmann, der 1945 gerade mit einer archaisierenden Atriden-Tetralogie zu Ende gekommen war, in der laut Kindlers Literaturlexikon „das klassischhumanistische Bild Griechenlands, wie es Goethes ‚Iphigenie auf Tauris‘ vermittelt, der Darstellung einer chaotischen, grausamen und hasserfüllten Welt weicht“, hatte das Abendland als Idee zugunsten einer universalen Totenfeier längst aufgegeben. Das deutsche Mahnen geht seither geht von einer ewigwährenden, chaotischen, grausamen und hasserfüllten Welt aus, als ob es nicht die deutsche gewesen wäre und bietet zur Reinigung nicht einfach nur Tod und Vernichtung auf, sondern verbindet damit den Auftrag zur endgültigen Zerstörung auch nur der Erinnerung an eine freundlichere Welt.

Käßmanns Obszönitäten

Am Kriegsausgang hat das nekrophile Gesamtkunstwerk von Hauptmann und Goebbels nichts mehr geändert, aber die Spur war gelegt, die zu David Irvings Bestseller Der Untergang Dresdens – schon der Titel ist ein wörtliches Hauptmann-Zitat – genauso führte wie zum Dresdener Kirchentag Anfang Juni 2011, auf dem Margot Käßmann der schaudernden Gemeinde in aller detailfreudigen Brutalität Tod und Elend von Menschen der Dritten Welt als eben den Untergang ausmalte, dessen Urheber nun einmal „wir“ sind, die angeblich der abendländischen Kultur verpflichtet lebten. Zusammen mit dem Flötisten Hans-Jürgen Hufeisen zelebrierte sie am 3.6.2011, ihrem Geburtstag, die Veranstaltung „Die drei Weisen aus Argentinien, Afghanistan und Liberia – Selig sind, die Frieden stiften“. „Nach der FAS vom 5.6. las Käßmann ‚mit fester, getragener Stimme‘ zunächst die Geschichte von Tamba aus Liberia vor, der mit ansehen muss, wie Soldaten seinen Vater erschießen, seine Schwester vergewaltigen, seine schreiende Mutter erschießen, bevor sie dem Jungen schließlich das rechte Bein abhacken. Zu der Erzählung werden Bilder von Kindersoldaten an eine Leinwand projiziert. Es folgt die Geschichte von Samir aus Afghanistan. Dazu wiederum werden Bilder der auf Geheiß der Bundeswehr bombardierten und ausgebrannten Tanklastwagen von Kundus gezeigt. Bei diesem Bombardement starben der Vater und die beiden Brüder von Samir. Als drittes kommt, durch die Stimme Käßmanns, Juanita aus Buenos Aires zu Wort, die ihre Tochter Eva sucht, die während der Militärdiktatur wahrscheinlich vergewaltigt und ermordet worden war. Diese drei Weisen unserer Zeit sind, laut Liturgie, auf dem Weg nach Bethlehem, auf dem Weg zum Frieden, machten sich auf zur Krippe Jesu. Und hier, wie im fiktiven Beispiel am Anfang, sollen die Zuhörer nach jeder Geschichte aufstehen und ihre persönliche Trauergebärde finden – ‚manche halten die Arme in die Höhe, andere lassen sie hängen, manche blicken betroffen nach oben, andere nach unten‘ (FAS). Der Besucher soll ,Leid und Rührung durchleben, Schrecken und Schauder‘. Bevor am Ende die Katharsis einsetzt, die Reinigung.“ (Tagesspiegel, 7.6.11) Es ist fast überflüssig, darauf zu verweisen, dass Käßmanns Friedensappell in einem Angebot zum gemeinsamen Gebet mit den apokalyptischen Reitern der verbrannten afghanischen Erde gipfelte, den Taliban.

Jene Zivilisten in der Region Kundus, die sich mit den Taliban die Ladung eines erbeuteten Tanklastzugs teilten, erscheinen bei Käßmann als die gleichen unschuldigen Opfer von Bombenterror wie wir, die wir das in Dresden schon gar nicht mehr eigens hervorheben müssen. Die Luftwaffe, die in Kundus angriff, weil deutsche Politik den gebotenen Einsatz von Bodentruppen zur Zerschlagung der betreffenden Taliban-Einheit wegen der geistig-moralischen Lufthoheit der Käßmann-Deutschen ausgeschlossen hatte, wird so zu einem nunmehr deutschen – wenn auch fremdbestimmten – Wiedergänger von Bomber Harris. Statt die überflüssigen Opfer einer Kriegsführung zu beklagen, bei der man sich scheut, effektiv gegen das Grauen, das in Afghanistan nun einmal Taliban und Stammesherrschaft heißt, vorzugehen und für einen angemessenen Militäreinsatz einzutreten, berauscht man sich daran, dass möglicherweise 140 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt sind. Käßmanns zahlreiche Dresdner Gemeinde unterstrich es mit persönlichen Trauergebärden und spürte die eigene Haut brennen. Sie wähnte sich als Vergewaltigungsopfer und sah die nächsten Angehörigen unter den Gewehrsalven eines unmenschlichen Feindes zusammensinken. Man fühlt sich ausgeliefert, beklagt die eigene Machtlosigkeit und trumpft auf gegen einen Feind, der so abstrakt ausgemalt ist, dass er schlicht mit „Die Macht“ gekennzeichnet werden kann. Doch hinter der Macht lauert die Technik und hinter der Technik der Technokrat. Was für die Opfer von Kundus zutrifft, galt schon für die von Dresden. Als heimtückisch und unmenschlich wurde schon bald nach 1945 nicht der Krieg, sondern seine modernste Spielart gesehen. Statt Mann gegen Mann zu kämpfen, richten sich Maschinen gegen Menschen, statt sich mit dem Bajonett an die Gurgel zu gehen, übernahmen im 20. Jahrhundert Waffen, die aus großer Entfernung gelenkt werden, das Töten. Wer über sie verfügt und sie einsetzt gegen einen technisch unterlegenen Gegner, verfällt dem moralischen Verdikt. Vom ungerechten Bombenkrieg, den man von Goebbels bis Grotewohl als alliierten Bombenterror zu bezeichnen gewohnt war, folgt man der Spur des Untergangs oder, um mit einem deutschen Spezialisten für die Aufarbeitung des Bombenterrors zu sprechen, des „Brandes“ und weitet seine Erkenntnisse aus zu einer allgemeinen Anklage der Technik, die den Menschen aus der Hand genommen, in den Besitz seelenloser Vollzugshelfer der finalen Sodom-und-Gomorrha-Höllen gelangt sei.

Deutsche Hibakusha

In den ersten Jahren nach der Niederlage besang man in der BRD den „Untergang Dresdens“ durch eine kleine Verschiebung und Bomber Harris’ Luftflotten wurden, beginnend in den 50er Jahren, durch Little Boy ersetzt, die Hiroshima-Bombe. Niemand nahm Anstoß daran, dass ein Land, das millionenfachen Tod über die ganze Pazifikregion gebracht hatte und dessen Führung es noch im Sommer 1945 möglich war, die Bevölkerung zum Widerstand im Endkampf anzuhalten, sich ganz offen und unwidersprochen mit seinen besonderen Bombentoten auf die Opferseite schlug. Niemand hat die überall herumgereichten Überlebenden von Hiroshima und Nagasaki, die Hibakusha, nach ihrer Beteiligung an einem verbrecherischen Krieg befragt. Es reichte, dass sie ihre kranken Körper zeigten, um zu verdecken, dass die selben Körper vor dem August 1945 mitleidlose Kriegsmaschinen oder demütig schuftende Durchhaltemütter waren.

Über allem stand scheinbar der Schrecken angesichts einer Technik, die tatsächlich die Menschheit auslöschen kann. Die Deutschen mussten sich nur einreihen und aus teilweise vernünftigen Diskussionen ihr besonderes Kapital schlagen. Seither verbietet sich die Frage nach der Schuld, die Frage danach wie alles anfing genauso wie der Hinweis darauf, dass eine Technik einmal denkbar geworden eben nicht aufhaltbar, sondern nur kontrollierbar sein kann. Die berechtigten Fragen nach der Logik der Abschreckung und die möglicherweise fatalen Kettenreaktionen im Konfliktfall, nach der Befähigung der Verantwortlichen und der Kontrolle über sie verschwand im redundanten Lamento eines „Nie wieder“ und jüngst in der ranschmeißerischen Einlassung eines amerikanischen Präsidenten, Kernwaffen seien weltweit zu ächten. Da es sie nun einmal gibt, darauf zu achten, dass sie nicht in die falschen Hände gelangen, dieser wenig erfreuliche und doch einzig vernünftige Umgang mit der Frage atomarer Bewaffnung gilt nicht mehr, weil längst der Unterschied zwischen den Besitzern von bzw. Aspiranten auf die Atombombe verwischt ist. Als die Opfer gelten seither zuallererst Japaner und eben Deutsche, gefolgt von anderen kolonialen und postkolonialen Völkern. Als Aggressoren erscheinen unterschiedslos alle, die die Bombe haben. Weil alles in den USA begann, und die Nazis sich ebenfalls daran versucht hatten, ist im Grunde schon alles gesagt. Alles weitere ist der Pädagogik überlassen, die als Pädagogik der Angst gar nicht mächtig genug die eigene Ohnmacht und damit die eigene Verantwortungslosigkeit beschwören kann.

Ab 1981 machten sich wegen des sogenannten Nato-Nachrüstungsbeschlusses die Aktivisten der Friedensbewegung daran, in Schulen und Jugendeinrichtungen, Seniorenfreizeitstätten und natürlich auf Kirchen- und Gewerkschaftsveranstaltungen Szenarien des Grauens vorzuführen. Mit der damals noch unzureichenden Medientechnik wurden Bilder der dem jeweiligen Veranstaltungsort am nächsten gelegenen Großstadt von Bildern des zerstörten Hiroshimas und der toten und überlebenden Opfer überblendet. Dazu kamen Landkarten mit den Kreisen der Zerstörung: Bis drei Kilometer alle tot, bis 10 km die Erde unwiederbringlich kontaminiert, Strahlenkrankheit, Krebstod und Missbildung für die Überlebenden und ihren ungeborenen Nachwuchs und die monströsen Zahlen wie: Atombombe über Frankfurt: 500.000 sofort tot, weitere zwei Millionen in der Rhein-Main-Region binnen dreier Monate u.s.w.

Dieses Pädagogikprogramm wurde 1983 in adäquater Form als Jugendroman ab 12 unters Volk gebracht. In diesen Erinnerungen eines bei Ausbruch des Atomkriegs über Deutschland 13-jährigen geht es durchgängig so zu: „Ich schaute weg. Ich schaute über die Reihen hin. Da lag Mensch neben Mensch: Männer, Frauen und Kinder durcheinander. Verletzte, Verstümmelte, Verbrannte. Bei den meisten hing die Haut in Fetzen herunter. Manche lagen in ihrem Erbrochenen, andere in ihrem Blut. Es roch nach Kot und Urin. Und wie in Wellen – mal lauter, mal leiser, dann wieder anschwellend zu wildem Geschrei – wehte das Gebettel, das Gestöhn, das Gejammer der Verdurstenden nach Wasser bis auf die Straße hinaus“. (1)

Das Buch über die hessischen Bomben, hinten Frankfurt vorne Fulda und in der Mitte ein Kaff in der Rhön, heißt Die letzten Kinder von Schewenborn und stammt von einer geschäftstüchtigen Grundschullehrerin namens Gudrun Pausewang. Seit Mitte der 80er Jahre wird es 12 bis 14-jährigen auch als Schullektüre aufgenötigt.

Frau Pausewang war es dann auch, die 1987 einen Doppelgänger ihrer letzten Kinder von Schewenborn nachlegte und damit ihren ersten Bestseller deutlich toppte: Sie veröffentlichte Die Wolke, ein Buch, dessen Auflage nicht zuletzt wegen seiner Dauerpräsenz im Literaturkanon für den Deutschunterricht heute bei mindestens 1,5 Millionen liegt. Die Wolke hat einen Atomunfall im unterfränkischen Grafenrheinfeld zum Ausgangspunkt, die Bevölkerung begibt sich auf die Flucht, der Verkehr bricht zusammen, die Polizei ist machtlos und Chaos bricht aus: „In Asbach versuchten die Leute, die vor Oberwegfurth auf die andere Talseite ausgewichen waren, wieder auf die Bundesstraße zu kommen. Eine Doppelschlange, die durch das ganze Dorf bis auf die andere Talseite reichte, staute sich vor der Kreuzung, auf der fünf Fahrzeuge ineinander verkeilt standen. Darunter ein Bus mit Anhänger, der lichterloh brannte. Auf den Bürgersteigen beiderseits der Kreuzung gestikulierten die Insassen der Wagen und schrien durcheinander. Janna-Berta verstand, dass der Busfahrer versucht hatte, den Weg über die Kreuzung zu erzwingen. Jetzt stand der brennende Bus quer und versperrte die ganze Bundesstraße. Die Gesichter der Kinder glühten in der Hitze. Es stank nach verbranntem Lack und Gummi, und die Buspassagiere – ältere Leute allesamt, Kaffeefahrtgäste – standen verängstigt am Straßenrand“. (2) Im weiteren Verlauf des Gedankenspiels sterben mindestens 18.000 Menschen binnen kürzester Zeit, darunter auch solche, die von der Polizei oder der Bundeswehr erschossen werden, weil sie verstrahlte Sperrgebiete verlassen wollen, erkranken Hunderttausende, wahrscheinlich eher Millionen an der Strahlenkrankheit und versinkt das Land in Armut und Elend.

1986 ist in Tschernobyl der ukrainische Untergang genauso ausgeblieben wie die Verseuchung deutscher Muttermilch und die prophezeiten Tausende behinderter oder gar totgeborene Babies. Gestorben sind nach der Tschernobylkatastrophe mindestens 5.000 Menschen. Unter ihnen sind besonders viele Katastrophenhelfer, die Liquidatoren, die ein totalitäres und ineffizientes System, dem am Schutz von Menschenleben noch nie gelegen war, skrupellos viel zu lange und kaum geschützt tödlicher Strahlung aussetzte. Aber eine Angstpädagogik operiert eben anders. Sie schreibt und lügt sich die Umstände zurecht, wie sie es für ihr angeblich hehres Ziel braucht. Bei Gudrun Pausewang klingt das aus dem Mund einer positiven Heldin so: „Tschernobyl war noch zu wenig‘, entgegnete Almut. ‚Und wer weiß? Vielleicht ist sogar Grafenrheinfeld noch zu wenig. Man kann sich immer noch größere Unfälle vorstellen.’“ (DW, 152 f.)

Wer als Kind Die Wolke hat lesen müssen ist bestens gebrieft und macht heute nach Fukushima als ganz der Mahnung verpflichteter Journalist seinen Job wie die Atom-Aktivisten vor bald 30 Jahren in deutschen Seniorenbegegnungsstätten oder das Personal von Gudrun Pausewangs Roman. Man nennt das Gedankenspiele, deren Zweck es sei „endlich das Undenkbare (zu) denken. Sicherheitshalber.“

Im Länderreport auf Deutschlandradio Kultur klang das am 30.5.2011 so: „Verkehrs-Jingle / Verkehrs-Sprecher: Die A61 Hockenheim-Speyer, die A5 und die A67 ab Darmstädter Kreuz bis Kreuz Walldorf sind für die Zeit der Evakuierung aus dem Raum Biblis auf der gesamten Strecke in beiden Richtungen gesperrt. Nur Bewohner mit Evakuierungsaufruf können die Auffahrten im Sperrgebiet nutzen. Die Polizei bittet dringend darum, den farbigen Evakuierungsschein deutlich sichtbar hinter die Windschutzscheibe zu legen, damit die Abfertigung an den Kontrollpunkten reibungslos funktioniert.

Verkehrs-Jingle / Sprecher 2: Dies ist ein Gedankenspiel. Wir fragen Anwohner und ausgewiesene Experten: Was wäre wenn? – Wenn sich in den Atommeilern von Biblis der atomare GAU ereignete? Der größte anzunehmende Unfall. Mitten in Deutschland, im Großraum Rhein-Main-Neckar. Millionen Menschen wohnen hier, sie arbeiten beim größten Chemiekonzern der Welt, machen Pfälzer Wein, bauen Autos in Rüsselsheim, exportieren aus dem kleinen Ingelheim Arzneimittel in alle Welt und locken von dort Touristen in die deutscheste aller Bilderbuchstädte: Heidelberg. Ein unbeherrschbarer Atomunfall in Deutschland – Seit dem Reaktordesaster in Japan wollen selbst hartnäckige Atombefürworter ein Fukushima auf deutschem Boden nicht mehr ausschließen. Da hilft nur, endlich das Undenkbare zu denken. Sicherheitshalber.“

Der mündige Bürger ist ebenso informiert wie Deutschlandradio-Redakteure, aus dem Gedankenspiel einer gewissen Gudrun Pausewang von 1987, aber es mangelt vielen noch an der alltäglichen Panikbereitschaft: „Sprecher: Niklas Häuser und sein Vater sitzen im Eiscafé im Schatten einer Eiche vor ihren Eisbechern. Sie wohnen in Biblis, einer 9.000-Einwohner-Stadt. Obwohl sie in unmittelbarer Nachbarschaft zum ältesten Atomkraftwerk Deutschlands leben, denken sie nie über eine mögliche Katastrophe nach. Deshalb müssen sie erstmal grübeln, was sie im Fall des GAUs tun würden.

O-Ton Niklas: Am besten in die entgegen gesetzte Richtung fliehen, wo das Atomkraftwerk explodiert ist und dann in ein anderes Land oder fliehen halt – weg bevor man ne Überdosis an Strahlen kriegt – ne tödliche. – Kommt immer darauf an wie der Wind weht, denk’ ich mal.

Also, einbunkern oder so hilft – glaube ich – gar nix, weil früher oder später muss man raus, die Strahlung ist da, das hilft nicht.“

Angst für die Kleinen

Niklas und sein Vater, so die Botschaft, haben noch nicht das Zeug zum Angstbürger, sie essen trotz Fukushima und der Nachbarschaft zu „Deutschlands ältestem AKW“ ihr Eis und glauben allen Ernstes, sie könnten noch davon kommen. Um die Biblis-Bürger nachhaltig zu erschrecken, um ihnen klar zu machen, dass sie sich gefälligst „immer noch größere Unfälle vorstellen“ sollten, schickte man nach Fukushima einen Mann ins Rennen, den der Barbier von Bebra dann doch verschont hat: Sebastian Pflugbeil, der heute einer ominösen Gesellschaft für Strahlenschutz vorsteht, einer der vielen Agenturen für die Verbreitung von Atomangst. „Die Menge an Radioaktivität, die in Fukushima entwichen ist, ist um ein Vielfaches größer als in Tschernobyl‘, sagte der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, der Physiker Sebastian Pflugbeil, am Mittwoch in Berlin anlässlich eines Kongresses zum 25. Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986. […] ‚In Fukushima brennt nichts‘, sagte Pflugbeil. Vielmehr verteilten sich radioaktive Partikel nach und nach über einen Radius von 300 bis 500 Kilometern. Da die Bevölkerungsdichte in der Gegend um das japanische Atomkraftwerk weitaus höher sei als bei Tschernobyl in der Ukraine, würden auch die Schäden ‚um ein Etliches‘ höher sein. Nach Schätzung Pflugbeils kamen infolge der Katastrophe von Tschernobyl rund eine Million Menschen ums Leben. Gesicherte Zahlen dazu liegen aber bislang nicht vor. Für Japan wollte Pflugbeil keine Schätzung abgeben.“ (Rheinische Post-Online, 6.4.11) Wenn einer vorsätzlich die Lüge ausspricht, infolge der Katastrophe von Tschernobyl seien mehr als eine Million Menschen ums Leben gekommen und über Fukushima sagt, dass dort die Schäden um ein Etliches höher seien als in Tschernobyl, dann lautet seine Schätzung: In Japan werden wegen Fukushima mindestens drei Millionen Menschen sterben. So etwas geht unbeanstandet über den Äther, obwohl oder weil es die Goebbelssche Fälschung der Dresden-Toten um ein Vielfaches übertrifft.

In der Taz veröffentlichte Susanne Messmer am 18.3.2011 unter dem Titel „Mehr als eine Weltuntergangsphantasie“, „die Chronik eines Schocks“. Darunter konstatiert sie noch im Fettgedruckten richtig: „Wer als Kind Gudrun Pausewangs die Wolke las, begegnet jetzt vertrauten Ängsten wieder.“ Messmer hat aufgesogen, was Niklas aus Biblis in der Schule versäumt hat und so kann sie anders als leichtfertige Eisesser sich als Zeitzeugin noch gut an eine Katastrophe erinnern, die in der Schule und im Elternhaus stattgefunden hat. „Ein seltsamer Zufall, dass in wenigen Wochen der GAU Tschernobyl 25 Jahre alt wird. Ich war damals vierzehn. Wir durften nicht mehr auf den Pausenhof. Zu Hause gab es Jodtabletten, aufgelöstes Trockenmilchpulver und, was ganz gut war, Ravioli statt frischem Gemüse. Tagelang trug meine Mutter die oberste Erdschicht im Gemüsegarten ab und fuhr den Dreck mit der Schubkarre weg. Im Deutschunterricht lasen wir Gudrun Pausewang, und zwar gleich beide schrecklichen Bücher, Die letzten Kinder von Schewenborn und Die Wolke. Ich weiß noch heute viele Sätze daraus: ‚Meine Schwester hatte keine Augen. Dort, wo sie hätten sein müssen, war nichts als Haut, gewöhnliche Haut.‘ Im Zeitalter, als die Mutmacherbücher aufkamen, so hieß es in der FAZ vor ein paar Tagen ganz treffend, waren dies richtige Angstmacherbücher.“ Für Messmer gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Hiroshima und Nagasaki und Tschernobyl oder Fukushima, weshalb ihr Die letzten Kinder von Schewenborn einfach Wolke sind, wie dem FAZ-Kollegen auch. Der führte aus: „Die Wolke wurde 1988 mit dem deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet – ein Politikum, denn der Preis wird vom Familienministerium vergeben, so dass Rita Süßmuth ein Buch prämierte, das die Atompolitik ihres Kabinettskollegen Klaus Töpfer scharf kritisierte. Vor allem aber wurde es seither von allen deutschen Schülergenerationen gelesen. Auch deshalb ist das Buch vermutlich so tief im kollektiven Gedächtnis der heute Zwanzig- bis Fünfundvierzigjährigen verankert wie kaum ein zweites. Und deshalb unterfüttert es die Schlagzeilen aus Japan nun automatisch mit Bildern aus dem Fundus des Gelesenen, so dass wir zumindest ahnen, was es bedeutet, wenn die Bevölkerung vor einer atomaren Wolke fliehen muss, auch wenn kein Leser so naiv sein dürfte, Tokio mit Fulda oder 2011 mit 1987 zu verwechseln. Heute würde kein Mensch mehr den Liveticker der Katastrophe ignorieren können, auch nicht auf Mallorca. Aber heute antizipieren Leser der Wolke aus Meldungen über ausgetretene Radioaktivität das Elend der Evakuierten, lange bevor die realen Bilder um die Welt gehen. In einer Zeit, in der das sogenannte Mutmacherbuch als Genre der Kinderliteratur erfunden wurde, kann man Pausewangs Jugendromane – Die Wolke ebenso wie Die letzten Kinder von Schewenborn – mit Fug und Recht als Angstmacherbücher bezeichnen. Irgendein Trost ist in ihnen nicht zu haben. Genau darin liegt ihre Wirkung auf Jugendliche begründet.“ (15.3.2011)

Einer, der nichts daran auszusetzen hat, dass Ereignisse auf Grundlage eines Angstmacherbuches antizipiert werden, dass also Wahrheit und Fiktion nicht mehr zu trennen sind und das Ganze auf eine groß angelegte Indoktrination der 12- bis 14-jährigen zurückzuführen ist, dem kann gar nicht einfallen, dass es doch ganz wünschenswert wäre, wenn Kinder aus ihren Büchern etwas Mut zum Leben beziehen, das Selbstbewusstsein gar, selber oder mit anderen etwas Schönes zu gestalten, anstatt von Anfang an auf Tod und Untergang geeicht zu werden. Wir können noch viel zusammen machen hat der große Poet und Graphiker F.K. Waechter ein Bilderbuch betitelt, in dem ein kleines Schwein, ein kleiner Vogel und ein kleiner Fisch in der Luft, zu Wasser und zu Lande miteinender spielen, weil ihre Kinderfreundschaft größer ist als die willkürlich gezogenen Grenzen der Natur, die sie überlisten. Vielleicht ist das ein Mutmacherbuch, 1986 nach dem Atomunfall wäre es bestimmt das richtige gewesen, um Kinder von der panischen Atmosphäre abzulenken, die von ihren Trockenmilch kaufenden und Ravioli kochenden Eltern ausging. Dass der gleiche Waechter 2005, sterbenskrank und sicher nicht frei von Todesangst, mit Vollmond eine Idylle von fast vollkommener Schönheit gestalten konnte, die allen ironischen Ernstes die Versöhnung in der Liebe mit dem privaten Leben bizarrerweise in gereimter Berliner Mundart besingt, macht den Unterschied aus zwischen einem mutigen und freundlichen Menschen und einer Megäre der Panik und Lebensangst wie Gudrun Pausewang. 1975, als die Friedensbewegung eine Ruhepause eingelegt hatte, die Anti-AKW-Bewegung noch keine richtige Massenbewegung war und man in der BRD öffentlich über den Untergang Dresdens und andere alliierte „Kriegsverbrechen“ nicht mehr raisonierte, hat F. K. Waechter für Wir können noch viel zusammen machen den deutschen Jugendbuchpreis in der Sparte Bilderbuch bekommen. Heute dürften vergleichbare Mutmacherbücher keine Chance mehr haben.

Mobilisierung der Kinder

Gudrun Pausewang hat den Einwand gegen ihre pädagogisch motivierten Übertreibungen gekannt. Einen negativen Helden lässt sie sagen: „Denk doch nur daran, was für eine Hysterie hier nach Tschernobyl ausgebrochen ist! Und wenn ihr mich fragt, dann sind es heute wieder dieselben, denen die Katastrophe gar nicht groß genug sein kann.“ Der richtigen Aussage lässt sie zu denunziatorischen Zwecken das folgen: „Kernkraftgegner, Weltverbesserer, das ganze grüne Gesocks, das uns zurückschicken will in die Steinzeit.“ (DW, 222) Damit klar wird, aus welcher Ecke solche Einwände kommen, legt Opa Hans-Georg noch nach: „Ich sage nur so viel: Es hat in diesem Land Politiker gegeben, die hätten die ganze Sache so diskret gehandhabt, dass schon hier in Schlitz dieser Zwischenfall gar nicht bemerkt worden wäre. Und kein Pressemensch hätte es gewagt, in der Sache herumzuschnüffeln.“ (DW, 223)

Ähnlich verfährt Susanne Messmer von der Taz, als sie eine zentrale Kritik an der Angstmacherkultur gründlich diskreditierte: „Ich gehe mal wieder zur Staatsbibliothek in Berlin, zur schönsten Bibliothek der Welt. Ich finde Texte, die im Atommeiler mächtige mütterliche Rundungen entdecken und in der Atomfurcht die Angst vor der Zerschlagung der Symbiose, vor der Ablösung. Na ja. Noch so ein komischer Satz: ,Die atomare Drohung wirkt auch deshalb regressionsfördernd, weil die Elternfiguren ihr gegenüber versagen.’“ Dieser komische Satz findet in Janna-Berta, der 14-jährigen elternlosen Pausewang-Heldin der Wolke, genauso seine Bestätigung wie in den dauernden gegen die Altvorderen gerichteten Anklagen, sie hätten es doch wissen müssen, seine Verallgemeinerung; gerade so, als ob das Schweigen der Großeltern über ihr Mitmachen im NS das gleiche gewesen wäre wie die einst naive Freude mancher Eltern über die Versprechungen der Kernenergie oder eben ihre Zweifel an den Katastrophenszenarien der Mahner und Büßer. Bei Pausewang sagt ein Passant über zwei sichtbar strahlenkranke Kinder: „Mann, die hat’s erwischt.“ Das beantwortet der 14-jährige Elmar mit einer Strafpredigt: „Euch vielleicht nicht? Hier ist es auch runtergekommen! Überall ist es runtergekommen! Nicht so stark? Nicht lebensbedrohend? Wer sagt das? Der Innenminister? Die Politiker? Verlasst euch drauf: Der Boden, die Luft, die Lebensmittel – alles ist verseucht! Auch wenn ihr nicht wie skalpiert ausseht: Ihr seid programmiert auf Krebs! Was sind vierhundert, fünfhundert Kilometer in einem Super-GAU? Nur welcher Krebs bei euch ausbrechen wird, ist noch die Frage. Und unter Euren Enkeln werden sich phantastische Missgeburten tummeln. Auch die sind programmiert.“ Darauf folgt die Drohung mit einem apokalyptischen Strafgericht durch die Kinder und Enkel, von dem sich die Erwachsenen nicht mehr erholen werden: „Macht euch schon mal gefasst auf ihre Frage, wie es dazu kommen konnte!“ (DW, 140 f.) Das ist die Regression, die es den Erwachsenen erlaubt, sich in die Rolle des anklagenden Kindes zu flüchten und den pausewanggestählten Kindern, moralisch gegen die Eltern aufzustehen.

Die Generationen sind in Angst aneinandergekettet, ohne dass Eltern und Kinder noch zu unterscheiden wären. Erziehung findet so nicht statt, stattdessen Schicksalsgemeinschaft. Der kleine Versuch von Eltern, ihre Kinder ohne unnötige Angst, ohne verfrühte Heranführung an unschöne Realitäten, schlicht ohne die Ängstigung mit dem Tod aufwachsen zu lassen, dieses bisschen elterliche Autonomie wird von den Pausewangdeutschen kassiert, unter denen sich nicht zufällig so viele Pädagogen befinden, die den Eltern mit den eigenen Kindern drohen. Im O-Ton Pausewang klingt das so: „Wir Schriftsteller sollten uns mit den Kindern verbünden. Wenn wir ihnen die brennenden Probleme unserer Zeit verständlich machen können, vielleicht wären sie dann imstande, diese Probleme später – bald! – zu lösen? Denn ihnen gehört die Zukunft, sofern wir ihnen überhaupt noch etwas überlassen können, was diesen Namen verdient. Deshalb schreibe ich für Kinder.“ Dieses per Katastrophenliteratur eingeimpfte Misstrauen gegen die Eltern ist die Einbruchstelle für eine höhere Erziehung als das Elternhaus sie zu stiften vermag: „Man kann Kinder gar nicht ernst genug nehmen, gleichgültig, ob man für sie ein Märchen, eine Geschichte aus der realen [!] Umwelt oder eine Science-Fiction-Geschichte schreibt. Auch politische, ökologische oder historische Themen verdauen [!] sie ohne Schwierigkeiten, wenn man sie ihnen altersgerecht anrichtet [!]. Ich glaube nicht, dass sie es uns danken werden, wenn wir sie literarisch in ein Heile-Welt-Getto [!] einsperren und so tun, als sei der Splitter in Waldis Pfote schon das Schrecklichste, was einer Kinderseele begegnen kann, während sie tagtäglich am Bildschirm Hungernde, Gequälte, Ermordete zu sehen bekommen und die Erwachsenen erregt über Massenvernichtungswaffen diskutieren hören.“ (3) Da man gewillt ist, kleine Menschen zu quälen und zu schockieren, weil das heilsam sei, werden die das womöglich abwehrenden Eltern zunächst als die Verwalter eines realitätsfeindlichen Gettos denunziert und per staatlich sanktionierter Einmischung von außen ganz entmündigt: „Die Identifizierung mit der Schülerin Janna-Berta“, teilt Dr. Gabriele Runge in einer als „Materialien zur Unterrichtspraxis“ erschienenen Broschüre den deutschen Lehren mit, „verstärkt die Betroffenheit und Angst der Leser. Diese Angst wird auch nicht aufgelöst. Denn […] die Bedrohung durch die Kernkraftwerke bleibt bestehen. Der Lehrer muss überlegen, ob er gerade jüngeren Schülern die Lektüre der Wolke allein zu Hause zumuten kann.“ (4) Gudrun Pausewang, Jahrgang 1928 und Flüchtlingskind, verschreibt Härte und vertreibt die Kindheit, in der Waldis verletzte Pfote wirklich Tränen auslöst und die Schrecken einer bedrohlichen oder häufig zur Bedrohung erst stilisierte Welt draußen bleiben müssen. Sie missgönnt den Kindern ihre Leseerlebnisse mit F.K. Waechters schönen und tröstlichen Büchern, indem sie der Kinderseele unverdauliche Kriegsrationen anrichtet und plädiert für Verhältnisse, die es im akademischen Mittelstand längst gibt, in denen Kindern in aller Obszönität Hunger, Qual und Mord per Auslandsjournal eingetrichtert wird von Eltern, die nichts besseres zu tun haben, als in Anwesenheit der Kinder den Untergang zu „diskutieren“, also zu beschwören. Heute geht vielleicht mancher eingeschüchterte Vater schon deshalb mit der Tochter auf die Demo, weil ihn das naseweise Geschwätz der 12-Jährigen aus dem Pausewang-Unterricht weit mehr ängstigt als Fukushima und die Folgen.

Frau Messmer von der Taz, die den Hinweis auf die Regression so komisch findet, wird ganz ernst, wenn sie neben Frau Pausewang auf ein anderes Idol ihrer Jugend zu sprechen kommt: „Was aber stimmt: Der Blitz, der Feuerball, die Druckwelle – das sind Kräfte, wie man sie vorher nicht kannte. ‚Ungeheuer, ungeheuer viel, viel Energie wird frei.‘ So hat es einmal Blixa Bargeld mit seinen Einstürzenden Neubauten beschrieben.“ Es lohnt sich, die ersten zwei Strophen des Liedes Feurio nachzulesen: „Mittels Druck und Körperwärme / wird aus unserer Konfusion / eine Kernfusion / und ungeheuer / ungeheuer viel / viel Energie wird frei. Mag sein, dass es nichts nutzt / aber es beschleunigt / und wenn es nur beschleunigt / was ohnehin vergeht / ist das kein Vergehen / durchaus zu verstehen / und ein Grund mehr für Feurio!“ Das Kernfusionsbild im absichtsvoll zynischen Text, der nicht von Technologie, sondern von der Fremdheit zwischen Menschen handelt, wird in einen Zusammenhang mit Fukushima und Pausewang gestellt, und in der politisierten Aufladung des unpolitischen Textes bleibt auf den überall gewähnten Atomtod bezogen nur das lustvoll endzeitliche Kredo: „Wenn es nur beschleunigt, was ohnehin vergeht!“

Pausewangs Untergangs-Bücher beginnen jeweils mit einem mehrseitigen Fremdzitat. In der Wolke heißt es als Mahnung und Drohung gegen Andersdenkende „Jetzt werden wir nicht mehr sagen können, / wir hätten von nichts gewusst […] Wenn wir heute nichts dagegen unternehmen, / werden sie sich morgen bedanken / für unser Stillhalten und unsere ‚Vernunft‘ / Jeder muss überlegen, was er tun kann. / jeder an seiner Stelle. / Dieses mal vergessen wir’s nicht.“ (DW, 11) Es entstammt einer großformatigen Anzeige, die am 23.5.1986 natürlich in der Zeit erschienen ist und von einem damals notorischen, von Inge Aicher-Scholl angeführten Unterschriftenkartell unterzeichnet wurde. In den Materialien für den Unterricht rät Gabriele Runge unter der Überschrift: „Realitätsbezug des Buches / was können wir tun?“ ihren Lesern: „Der Lehrer stellt die Autorin Inge Aicher-Scholl vor und berichtet von der Anzeige in der Zeit. […] Die Aussagen des Textes ‚Versagen der Technik‘, ‚Versagen der Politiker‘, ,Fragen nach der eigenen Verantwortung‘ werden herausgearbeitet.“

Den letzten Kindern von Schewenborn ist eine alternative Genesis im Zeichen des atomaren Untergangs von Jörg Zink vorangestellt, der mit diesem Angebot zum Gespräch betitelten Machwerk in Pseudoversen schon Anfang der 80er Jahre alles parat hatte, was Margot Käßmann heuer auf dem Dresdner Kirchentag so obszön feil bot. Jörg Zink, Jahrgang 1922, Pfarrer, Publizist von Erbauungsliteratur und einst beliebter Sprecher des Wortes zum Sonntag hatte Pausewang unter anderem diese poetische Einlassung ins Jugendbuch geschrieben: „Am siebten Tage / war Ruhe, / Endlich. / Die Erde war wüst und leer, / und es war finster über den Rissen und Spalten,/ die in der trockenen Erdrinde / aufgesprungen waren. / Und der Geist des Menschen / irrlichterte als Totengespenst über dem Chaos. / Tief unten / in der Hölle aber / erzählte man sich die spannende Geschichte / von dem Menschen, / der seine Zukunft in die Hand nahm, / und das Gelächter dröhnte hinauf / bis zu den Chören der Engel.“ (5)

Was er mit dem Höllengelächter über den Untergang der Zivilisation, das ihm offensichtlich näher steht als die Chöre der Engel, gemeint hat, führte Pfarrer Zink genau 20 Jahre später am 21.3.2003 in der Sendung Fliege seines Amtsbruders Jürgen Fliege aus. Anlässlich des Irakkrieges hatte man sich in deutscher Runde zusammengefunden, und Zink fiel zum Stichwort Widerstand und dem möglicherweise ja berechtigten Tyrannenmord an Saddam Hussein das ein: „Dazu ist ein normaler Amerikaner gar nicht fähig. Er müsste den Mut haben, den die jungen Selbstmordattentäter der Palästinenser haben, sich selbst in die Luft zu sprengen. […] Ich bewundere sie dafür, dass ihnen ihre Sache und die Sache ihres Volkes und ihrer Religion, oder was immer, so wichtig ist, dass sie dafür ihr Leben hingeben. Das sind keine Selbstmörder, das sind mutige junge Leute, die sich voll hingeben für ihre Sache.“ (6)

In einigen wenigen Sätzen, gefallen in deutscher Schicksalsstunde, als sich das Volk hinter seinem antiamerikanischen Friedenskanzler sammelte, kommt die Obszönität deutscher Untergangssehnsucht als Höllengelächter eines Werwolfs über den so sehnlich gewünschten Untergang des immer schon gemeinten wirklichen Objekts des Hasses zum Ausdruck. Wie im Hiroshima-Überlebenden von Anfang an auch der Kamikaze-Killer erkannt und bewundert wurde, der für was auch immer, jedenfalls gegen die Zivilisation auf- und für verbrannte Erde einstand, ist nicht nur bei Pfarrer Zink der antisemitische Selbstmordkiller der einzige legitime Tyrannenmörder. Der Tyrann ist jene „Rasse“, in der amerikanische Feigheit und technische Überlegenheit genauso ausgedrückt ist, wie der Einspruch gegen eine zum Existential aufgewertete Natur, die nur Chaos, Hass und unendliches Töten hervorbringen könne. Gerhart Hauptmann, der in pseudotragischer Geste in Wirklichkeit befriedigt darüber, dass er den „Untergang Dresdens unter den Sodom-und-Gomorrha-Höllen der englischen und amerikanischen Flugzeuge persönlich erlebt“ und überlebt hat, „beneidete“ seine „toten Geisteskameraden, denen dieses Erlebnis erspart geblieben ist“, keineswegs. Er wollte wie die Pausewang-Deutschen nach ihm den Beweis präsentieren für die Nichtigkeit jeder Bestrebung, etwas Besseres als die unbeseelte Natur, etwas anderes als die Naturhaftigkeit des totalen Volksgemeinschaftsstaates auch nur anzustreben. Das ist die Erziehung nach Dresden, die ganz konsequent auf die Kernenergie verfallen ist. „,Wir sind Hibakusha, aber das muss ja nicht jeder gleich merken.‘ ‚Hibakusha?‘ fragte Janna-Berta. Sie erfuhr, dass das der Name der Überlebenden von Hiroshima war, den jetzt auch die Überlebenden von Grafenrheinfeld trugen.“ (DW, 131) Wir alle sollen Überlebende und Ausgestoßene sein, Opfer, deren Rache an der Gesellschaft der 14-jährige Elmar durch die Prophezeiung millionenfachen Krebstodes vollzieht, die aber weitaus aktiver von hingebungsvollen Schlächtern ausgeübt wird, die mit den Juden das anstellen, was offen zu loben eine deutsche Linkspartei sich noch nicht traut.

„Jede Erfahrung muss vorbereitet werden. Durch Bücher und Filme zum Beispiel“, schrieb Susanne Messmer in der Taz. Im Leserforum der FAZ hat am 15.3.2011 Alexandra Meyer bewiesen, dass man sich gegen brutal erzwungene „Erfahrungen“ auch zur Wehr setzen kann und nicht als deutsche Hibakusha stellvertretend auf Judenmord ausgehen muss: „Ich habe dieses Buch schon als Kind gehasst. Natürlich sieht man im Zuge der aktuellen Entwicklungen in Japan und im Rückblick auf Tschernobyl, dass die Atomkraft – ebenso wenig wie andere Formen der Energiegewinnung, die nicht ganz so schnell so verheerende Auswirkungen haben können – eben nicht sicher ist wie dargestellt, so wie nichts in diesem Leben sicher ist. Aber dieses Buch hat Millionen von Kindern angsterfüllte Tage und Nächte bereitet und die atomare Endzeit heraufbeschworen. Ich habe mich seinerzeit als 10–12 Jährige schon gefragt, warum niemand in ein anderes Land zieht und andere Völker nicht der Bundesrepublik zu Hilfe kommen. Aber es ging in Frau Pausewangs Büchern eben nicht um die Realität, sondern um pure dunkelgrüne Angstmache. Diese Bücher haben unter anderem dazu geführt, dass ich – soweit absehbar – niemals die Grünen wählen werde. Dafür noch einmal Danke, Frau Pausewang.“

Justus Wertmüller (Bahamas 62 / 2011)

Anmerkungen:

  1.  Gudrun Pausewang: Die letzten Kinder von Schewenborn, Ravensburg, 2011, 52
  2.  Gudrun Pausewang: Die Wolke, Ravensburg, 2011,  50 f. Im folgenden werden Zitate aus diesem Buch mit DW und der Seitenzahl angegeben.
  3.  Zitiert nach Gabriele Runge: Gudrun Pausewang, Die Wolke. Materialien zur Unterrichtspraxis. Thematik: Überleben nach der Atomkatastrophe, Ravensburg, 2003, 18
  4.  Runge a.a.O., 3
  5.  Pausewang: Kinder v. Schewenborn, a.a.O., 10
  6.  Zink bei Fliege am 21.3.2003. Zitiert nach Lars Rensmann: Demokratie und Judenbild, Antisemitismus in der politischen Kultur, Wiesbaden 2004, 83

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