Gegen freiwillige Hilfe für Flüchtlinge, auch in großem Ausmaß, wäre zunächst noch nichts einzuwenden – die Art und Weise aber, wie diese Hilfe als „Willkommenskultur“ inszeniert wird, kennzeichnet das Ganze als kalkulierte Gesinnungspolitik. Es gilt, wie einst schon bei den Lichterketten, beim „Aufstand der Anständigen“ gegen die Pegida-Demonstrationen, „ein Zeichen zu setzen“. Es ging in Wirklichkeit nie um Flüchtlinge, die sind lediglich das Material, anhand dessen urdeutsche Befindlichkeiten ausagiert und kuriert werden sollen: Das, was seit dem Sommer in Deutschland abläuft, ist ein weiterer Akt im Schmierentheaterstück „Lernen aus der Geschichte“.
Auch in einer anderen und entscheidenden Hinsicht ist „Willkommenskultur“ das glatte Gegenteil von einfacher Gastfreundschaft. Gastfreundlich zu sein setzt voraus, dass man einem Gast, einem Fremden etwas vorzuweisen, etwas zu zeigen hat und das auch unbedingt möchte, dass man ihn einlädt, die eigene Lebensweise mit ihm zu teilen. Und das unterstellt wiederum, dass man die eigene Lebensweise — um nicht gleich hochtrabend und falsch von „Werten“, „Kultur“ etc. zu sprechen — wertschätzt, eine substantielle Anschauung von ihr hat und damit zu jener Selbstliebe fähig ist, die die Voraussetzung für alle Großzügigkeit ist. Man könnte sich immerhin vorstellen, dass die Deutschen die Tatsache, dass so viele Flüchtlinge ausgerechnet in ihr Land wollen, als Bestätigung einer einigermaßen aufgeklärten, säkularen und rechtsstaatlich garantierten Lebensweise verstehen, die offenbar von vielen als so attraktiv angesehen wird, dass sie den autochthonen Mörderbanden und Halsabschneiderregimes davonlaufen. Würde man dies den Flüchtlingen pauschal unterstellen, dann würde auch unter den Flüchtlingen schnell sichtbar werden, wer unter ihnen der mitreisende djihadistische Fluchtgrund für die anderen ist.
Aber von dieser Selbstliebe kann keine Rede sein, nicht mal in der depravierten und bornierten Form eines Nationalstolzes, die wenigstens eine Behauptung darstellen würde, sondern im Gegenteil: blanker Selbsthass, die Bestätigung der bangen Ahnung, dass die Flüchtlinge die Quittung oder die Strafe für die „Schuld“ des Westens oder Deutschlands sind, die wir jetzt tätig abarbeiten, indem wir ihnen die Gebetsteppiche ausrollen und ihnen kulturell angepasstes Essen servieren. Die Deutschen stehen mit ihrer Selbstinszenierung als die Weltmeister der Willkommenskultur nur an vorderster Front des europäischen Massenbewusstseins, das von Zukunftslosigkeit, Zivilisationsmüdigkeit und Selbsthass umgetrieben wird, der sich im selbstgerechten Kulturdünkel ausdrückt, in der wahllosen Vergötzung von allem, was sich als Kultur anpreist und was in den meisten Fällen bereits der simpelsten Vorstellung von Kultur Hohn spricht.
Zur Anpreisung der „Willkommenskultur“ gehört deshalb der wie eine unverhandelbare Heilsgewissheit vorgetragene Satz, dass durch den massenhaften Zustrom von Flüchtlingen „das Land sich ändern werde“. Die Frage, warum das angesichts der aktuellen Zuwanderung eigentlich so dringend geboten sein soll, spricht keiner aus. Gäbe es noch einen Funken von Selbstgewissheit oder Selbstvertrauen in Deutschland und überhaupt in Europa, dann würde nur eine Minderheit gerade in einer veritablen Krise den Flüchtlingen andienen, qua ihnen von „uns“ jederzeit unterstellter und vielfach bestimmt vorhandener Befangenheit in der rückständigen und gewalttätigen Kultur ihrer Herkunftsländer hier Schicksal zu spielen. Weil man neu Hinzugekommenen dann klar sagen würde, was sie in ihrem neuen Land erwartet, wie der Laden hier läuft, was man von ihnen will und was nicht. Bestimmungen vorzunehmen heißt gleichzeitig Grenzen zu setzen – und Grenzen meint nicht nur staatliche, sondern die Grenzen im täglichen Zusammenleben: kein Gegenregime frommer Erpresser, kein Karneval der Kulturen. Und das heißt, selbstverständlich auch: wer nicht mitspielen möchte, der soll wegbleiben. Eine solche Bestimmung wäre eine ganz selbstverständliche und keiner Rechtfertigung bedürftige menschliche Regung. Es ist umgekehrt die deutsche Staatsantifa im Zusammenspiel mit den postmodernen Rackets, die bereits das Bestimmen und Unterscheiden, das Äußern von Vorlieben und Abneigungen, mit wem man möchte und mit wem nicht, pauschal unter den Verdacht der Ausländerfeindlichkeit oder des Rassismus stellen.
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