Satire, die mittels Übertreibung, Spott und Wortwitz das objektiv Skandalöse zum Vorschein bringt, das der Alltagstrott verdeckt, schielt nicht auf die Befindlichkeiten des Publikums, sondern reizt zum Gelächter gegen gesellschaftlich präformierte Meinungen und Sprachformen. Der zeitgenössische politische Humor in Deutschland hat vom kritischen Potential der Satire nichts übrig gelassen. Wenn heute mittels wenig sublimierter Beleidigungen und vergeigter Pointen aufgemuckt wird, geht es nicht um der Aufklärung verpflichtete Irritation des Publikums. Vielmehr werden vorab zum Abschuss freigegebene Volksfeinde als Lachnummern durch die Manege geführt, um das Publikum im Gefühl zu bestärken, zu den überdurchschnittlich Cleveren zu zählen.
30 Minuten der seit Jahren mit Preisen überschütteten heute-show (ZDF) genügen, um sich ein Bild davon zu machen, wie die politisch korrekten Musterdeutschen mit Hang zur freudlosen Häme aktuell ticken: Hier kocht die Stimmung über, wenn Trump als Hitler oder ein AfD-Politiker als auszulachender Behinderter präsentiert wird. Studenten, die es beim Kichern ein bisschen klandestiner wollen, begnügen sich freilich nicht mit dem ZDF-Freitagabendprogramm. Für sie gibt es Die PARTEI bzw. die Bockenheimer Gazette Titanic, die spätestens seit dem Abgang der ersten Generation der Neuen Frankfurter Schule um Eckhard Henscheid einen festen Platz im neudeutsch geläuterten Humorbetrieb hat. Auf PARTEI-Plakaten oder in der Titanic darf es so richtig schlüpfrig und zynisch zugehen, im Zweifelsfall hat man es eben nicht so gemeint. Sie wähnen sich beim kollektiven Gekicher als linke Tabubrecher und übersetzen doch nur die Leitartikel der Süddeutschen Zeitung mit den Mitteln der Zote ins Humordeutsche. Und das auf einem handwerklichen Niveau, das von jeder Bornheimer Kneipenrunde nach dem dritten Äppler auch ohne Mitgliedschaft in der PARTEI locker übertroffen wird.
Während die Kunstform Satire in Deutschland längst tot ist, gibt es in Frankfurt immerhin jede Menge politische Realsatire von links. Diese wird beispielsweise Ende Mai dieses Jahres im Historischen Museum der Stadt in geballter Ladung zur Aufführung gebracht, wenn die auf Kummertantenpädagogik im Zeichen der kulturellen Vielfalt gepolte Bildungsstätte Anne Frank unter dem Motto »Das Gegenteil von gut – Antisemitismus in der deutschen Linken seit 1968« mit Floris Biskamp, Micha Brumlik, Jutta Ditfurth oder Leo Fischer ausgerechnet solche Referenten zusammenbringt, die genau jene Gemengelage aus öden Gags, islamvernarrtem Akademikergeschwafel und bewegungsgeilem Alarmismus gegen Rechts verkörpern, die dafür sorgt, dass weder der linke noch der islamische Antisemitismus in den Fokus der polemischen Kritik geraten. Der Ankündigungstext klingt dementsprechend nach einem Rückfallprophylaxe-Programm für frisch Rehabilitierte, von denen man weiß, dass sie die Finger nicht von dem ganz dreckigen Zeug lassen können: »Antisemitismus ist eine Denkform, in welche auch die politische Linke historisch wie aktuell immer wieder zurückzufallen droht. Mit der Tagung soll den Ausdrucksformen und der psychischen Attraktivität von Antisemitismus in der politischen Linken nachgespürt werden. Im Fokus der solidarischen Kritik stehen die historischen Kontinuitäten, die von 1968 über den Häuserkampf und Blockupy bis in die Gegenwart reichen.«
Dass Jutta Ditfurth – die ihre antinationale Agenda um die Kritik des offenen Antisemitismus nur deswegen erweitert hat, weil der bewegungslinke Nachwuchs im Regelfall nicht mehr allzu sehr auf Wahnwichtel-Antisemitismus steht – die entlarvende Rede von der »solidarischen Kritik« gegenüber antisemitischen Hetzern durchaus ernst meint, stellte sie vor kurzem anlässlich der Frankfurter Oberbürgermeisterwahl unter Beweis. So rief sie dazu auf, die Linkspartei-Kandidatin Janine Wissler zu wählen, die seit Jahren keine Gelegenheit auslässt, den deutsch-arabischen Mob gegen Israel aufzuwiegeln. Natürlich erfolgte Ditfurths Wahlempfehlung in der edlen Absicht, mit Volker Stein den Kandidaten der »völkischen Rassisten, Homophoben, Sexistinnen und Antisemitinnen« zu verhindern, den sie vor der Wahl bereits in der Stichwahl gesehen hatte. Stein, der übrigens im Zuge seiner Wahlkampagne konsequentes Durchgreifen gegen jene Judenhasser forderte, die Ditfurths Kandidatin Wissler für gewöhnlich agitiert, erhielt am Ende schließlich knapp 6% der Stimmen.
In seinem Vortrag wird Justus Wertmüller nicht nur eine Ideologiekritik der zeitgenössischen Politsatire leisten, sondern auch aufzeigen, dass man bei der gebotenen Kritik des Antisemitismus auf die Kumpanei mit islamvernarrten Akademikern, postpubertären Ulknudeln und unter Realitätsverlust leidenden Bewegungslinken nach wie vor am besten verzichtet.
Veranstaltet vom Referat für politische Bildung des AStA der Universität Trier