Showdown auf der Mavi Marmara
Für Israel – gegen das Bündnis von „Gutmenschen“ und Djihadisten
„Es sollte ein großes Fest werden. Eine Armada fahnengeschmückter Fischerboote sollte die ‚Solidaritätsflotte’ am Montag draußen auf dem Meer in Empfang nehmen und in den Hafen von Gaza-Stadt geleiten. Die türkische Hilfsorganisation IHH hatte für sie zuvor das Hafenbecken ausgebaggert. […] Statt der Feier in Gaza mit Hamas-Prominenz und Hunderten von Luftballons kam es im Morgengrauen zu einem Blutbad auf Hoher See.“ (Günter Nonnenmacher, FAZ, 1.6.10) Viele Boote, die in friedlicher Absicht daherkommen, sind jedenfalls keine Armada, denn die führt Kanonen mit sich und dient der Invasion. Aber Günter Nonnenmacher hatte unversehens recht. Bezweckt war die Vereinigung von Fischerbooten mit der Solidaritätsflotte, um so nicht nur die Blockade über den Gazastreifen zu brechen, sondern zugleich auch ein Fanal zum Einmarsch ins dann geschwächte Israel zu setzen. Ein Einmarsch, der militant vom Gaza und seinem zu Kriegszwecken ja schon ausgebauten Hafen aus vorbereitet wird und über UN-Resolutionen durch eine Friedenstruppe bald Gestalt annehmen könnte, in der Tayiip Erdogans im „Tal der Wölfe“ gestählte freedom fighters von der „Mavi Marmara“ ganz vorne mit dabei sein werden.
Denn mit Israels Regierung ist nun mal anders nicht zu reden, führt sie doch längst einen Krieg gegen die ganze Welt. „Die gegenwärtige israelische Regierung scheint bei der Durchsetzung ihrer Gaza-Blockade jegliches Maß verloren zu haben; dass sie die Meinung der Öffentlichkeit keinen Deut schert, hat sie schon vorher gezeigt“ (Nonnenmacher). Von der Unverhältnismäßigkeit der Mittel reden seit dem 31.5. alle, auch die, denen der Charakter der Friedensflotte suspekt ist. Wenn es Israel am Zeug zu flicken gilt, ist die Welt voller Militärstrategen, die den entscheidenden Fragen ausweichen: Hätte Israel warten sollen, bis die Flotte sich mit der Fischer-Armada vereinigt und sie dann am Durchbruch nach Gaza-Stadt hindern sollen? Wie hätte das ohne erhebliche Opfer gelingen sollen angesichts des erklärten und dokumentierten unbedingten Willens der Besatzungen von Solidaritätsflotte und Armada, öffentlich einen Djihad samt Shahits vorzuführen? Hätte Israels Marine durch Blockade der Schiffe auf offener See eine sogenannte humanitäre Katastrophe initiieren sollen, die nach wenigen Tagen auf den überfüllten Schiffen wegen Mangels an Wasser, Nahrung und der hygienischen Probleme ausgebrochen wäre? Denn, dass die Friedensfreunde nicht beigedreht, geschweige denn nach Ashdot zur Löschung der Ladung gefahren wären, dürfte klar sein.
Ob Israels Sicherheitskräfte gut beraten waren, die „Mavi Marmara“ so zu entern wie verschiedene Regierungen die Schiffe irgendwelcher europäischer Menschen-, Umwelt- oder Tierrechts-Aktivisten, kann man bezweifeln. Dieses Schiff war nicht nur vom ordinären Israelhass beseelt, es war das Flagschiff einer ganzen „Flotte“ und zugleich ganz unzweifelhaft dem Djihad verpflichtet. Das haben nicht nur die Informationen über den Insani Yardim Vakfi, der als IHH auftritt, nahe gelegt, sondern schlicht die Informationen, die über Al-Jazeera aber durchaus auch über die FAZ in den letzten 10 Tagen vor der Erstürmung öffentlich wurden. Antisemitische Schlachtgesänge, Leute, die ganz offen davon sprachen, dass der Sieg in jedem Fall ihrer sein werde, denn entweder würden sie als Helden in Gaza landen oder als Märtyrer enden. Die Videostrecken der IDF zeigen einen mit Eisenstangen ausgerüsteten Mob, der sich über die vom Hubschrauber abgeseilten israelischen Soldaten hermachte und ganz offensichtlich in Lynchlaune war. Die Soldaten mussten also scharf schießen oder sich totschlagen lassen.
Die Redaktion Bahamas versteht nichts von Militärstrategie und kann mit guten Vorschlägen zum militärischen Vorgehen in irregulären Kriegen nicht aufwarten. Die Presse dagegen weiß, was auf alle Fälle hätte unterbleiben müssen und warum. Hören wir zu Israels Dilemma Günter Nonnenmacher: „Es stimmt, die ‚Freiheitsflottille’, die von türkischen und griechischen Häfen aus Kurs auf Gaza nahm, war ein propalästinensisches Propaganda-Unternehmen. Aber an Bord waren nicht nur militante Aktivisten, denen diese Eskalation womöglich [!] gerade recht ist, sondern auch 'Gutmenschen', denen es wirklich [!] um Menschenrechte und darum ging, die Not der Bevölkerung in Gaza zu lindern.“ Israels Sicherheitskräfte (Armee und Dienste) wussten bestimmt, welches brandgefährliche Potential auf der Mavi Marmara die Mehrheit stellte, genauso wie sie wussten, dass deutsche Parlamentarierinnen und andere deutsche und europäische Friedensaktivisten wie die Mitglieder von „Ärzte gegen den Atomkrieg“ mit an Bord waren, „Gutmenschen“ also, denen man leichtsinnig unterstellt hatte, dass sie für den symbolischen Charakter möglichen Widerstands gegen die Enterung des Schiffes einstehen würden. Bekanntlich wurden, als die Besetzung des Schiffes unmittelbar bevorstand, die europäischen „Gutmenschen“ unter Deck geschickt, damit sie oben nicht störten. Keiner scheint sich dagegen aufgelehnt zu haben. Keiner hatte ein Problem damit, oben den Dingen ihren Lauf zu lassen, im Gegenteil. Die Abgeordnete Inge Höger von der Linkspartei findet noch Worte des Dankes dafür, dass sie und die anderen Frauen nach den Gesichtspunkten der Geschlechterapartheid separiert und entmündigt wurden: „Die Schüsse habe ich nicht gehört, ich war unten im Schiff, im ,Frauendeck' – das war anfänglich abgeschlossen, wohl um uns zu schützen“ (Junge Welt, 02.06.10).
Die Fehleinschätzung der mörderischen Gesinnung der „Gutmenschen“ hätte beinahe israelischen Soldaten das Leben gekostet. Jegliches Maß scheint Israel in der Tat verloren zu haben, als es den Hass von Friedmenschen aus Europa unterschätzte, die perfiderweise stellvertretend Mörder und Märtyrer walten lassen, um hinterher betroffene Pressekonferenzen abzuhalten. Und noch diese Fehleinschätzung geschah wider besseres Wissen, denn natürlich weiß der Mossad, was von den Megären der Linkspartei zu halten ist. Die IDF hat va banque gespielt mit dem Leben ihrer Elitesoldaten, weil sie verzweifelt hoffte, das Band der Sympathie zwischen europäischen Israelhassern und Djihadisten würde angesichts der brutalen Entschlossenheit der IHH-Aktivisten zerbrechen. Auf diese durch nichts begründete Hoffnung hat Israel gesetzt, weil ihm von Leuten wie Günter Nonnemacher, von Kanzlerin und Außenminister sekundiert, inzwischen damit gedroht wird, ganz der antisemitischen Staateninternationale, also den Vereinten Nationen, ausgeliefert zu werden. Für sie alle, die Linkspartei-Abgeordnete wie den FAZ-Redakteur und inzwischen wohl auch die Kanzlerin gilt, was Eike Geisel schon vor über 15 Jahren angemerkt hat: „Im Namen des Friedens gegen Israel zu sein, ist etwas Neues. Denn dieses Ressentiment hat alle praktischen und politischen Beweggründe abgestreift. [...] Dieser neue Antisemitismus erwächst weder aus niedrigen Instinkten, noch ist er Ausfluss ehrbarer politischer Absichten. Er ist die Moralität von Debilen. Das antijüdische... Ressentiment entspringt den reinsten menschlichen Bedürfnissen, es kommt aus der Friedenssehnsucht. Es ist daher absolut unschuldig, es ist so universell wie moralisch. Dieser moralische Antisemitismus beschließt die deutsche Wiedergutwerdung insofern, als sich durch ihn die Vollendung der Inhumanität ankündigt: die Banalität des Guten".
Der Versuch, zwischen Milli Görüs, dessen Spektrum der IHH angehört und der Abgeordneten Inge Höger zu unterscheiden, zwischen einem sozusagen zivilgesellschaftlich organisierten Hass und dem offenen (versuchten) Lynchmord, ist im Kleinen das Abbild der großen Politik. Das Bindeglied zwischen Hasspropaganda und unverhohlener Unterstützung des Terrorismus ist der türkische Ministerpräsident Erdogan, der, seit er innenpolitisch nicht mehr auf der Siegesstraße ist, also seit dem sogenannten Gazakrieg im Frühjahr letzten Jahres, den „europäischen“ Frontmann des Israelhasses abgibt und die Untaten seiner Landsleute auf der „Mavi Marmara“ aktiv gefördert hat. Erdogan erfährt aus Europa keine Kritik, sein Regime gilt weiterhin nicht als islamistisch, seine Hetze nicht als antisemitisch. Ihm zur Seite steht der scheinbare Erzfeind Griechenland, das ohne die Hintergründe zu erforschen am 31.5. ein gemeinsames Luftwaffenmanöver mit Israel absagte. Dahinter reihen sich die Bedenkenträger in verschiedener Abstufung ein, bis hin zu Deutschland, das drohende Worte wegen Nichtbeachtung der Verhältnismäßigkeit ausspricht und damit seinen Hass noch am Moderatesten formuliert hat. Nonnenmacher meint, dass die israelische Regierung „die Meinung der Öffentlichkeit keinen Deut schert“. Das missglückte Enter-Manöver beweist das Gegenteil. Keinen Deut um die Sicherheitsinteressen Israels schert sich dagegen die westliche Welt, die sich hinter eine Invasionsarmee im Kleinen stellt und sich nicht im geringsten von der Abscheulichkeit der Taten und Worte der Friedensflotten-Passagiere beeindrucken lässt. Und ganz vorne ist wie immer jene verachtenswerteste aller Kameradschaften mit dabei, zu denen der Günter Nonnenmacher gehört, die mit Wort und Bild die Eroberung Israels herbeischreiben oder -filmen. Jedes Wort eine Lüge, jedes Bild eine Fälschung. Diesen Sachwaltern der öffentlichen Meinung gesellt sich die politisch und vereinsmäßig organisierte moralische Debilität bei, deren Vertreter ihre Informationen aus den Medien beziehen.
Als wäre die Neue Freie Presse wieder auferstanden, die teils in Abrede mit den Verantwortlichen der österreichisch-ungarischen Monarchie, teils als deren Stichwortgeber den ersten Weltkrieg maßgeblich mit herbei geschrieben hat, macht heute nicht nur Taz und Junge Welt, sondern eben auch die scheinbar so viel moderatere FAZ den Ohrenbläser für Merkel und Westerwelle, indem sie sich selber als eine öffentliche Meinung präsentieren, um die sich Israels Regierung keinen Deut schere, womit sie das wohl schlimmste Verbrechen begangen hat, das man in einer Mediendemokratie begehen kann und sich alles weitere selber zuzuschreiben.
Die Redaktion schreibt das in Erbitterung und Empörung, zugleich aber auch im Zustand der Hilflosigkeit. Mit Entsetzen steht die Redaktion vor dem Eintritt dessen, was sie seit Jahren prophezeit hat: Der bevorstehenden Invasion Israels durch ein Bündnis der europäischen mit der islamistischen Welt. Mit Entsetzen deshalb, weil der eigentliche Zweck einer schwarzen Prophezeiung doch die Auflösung des Verhängnisses, der Bann des Fluchs sein soll. Nichts hat genutzt, keine Warnung wurde vernommen, kein dringender Appell hat seine Adressaten erreicht. Die Redaktion Bahamas schlägt trotzdem vor, so bald wie möglich eben doch eine Kundgebung zu veranstalten, auf der Basis des kleinsten denkbaren gemeinsamen Nenners. Derzeit gibt es nur ein Ziel des Protests: Nein, nicht das Auswärtige oder das Kanzleramt, auch nicht die Berliner Niederlassung des IHH oder der FAZ, sondern die Zentrale jener heimtückischen Friedensfreunde, die maßgeblich für das Desaster auf der „Mavi Marmara“ verantwortlich sind und der die FAZ zusammen mit der ganzen Mediendemokratie die Persilscheine ausstellt.
Solidarität mit Israel in Deutschland kann nach dem 31.5.2010 zunächst nur heißen, die Linkspartei und ihre Fans in der Öffentlichkeit als die Spießgesellen des antisemitischen Lynchmobs auf der „Mavi Marmara“ und anderswo anzuklagen. Noch hat diese Partei etwas zu verlieren, noch kämpft sie um ihr Gelittensein im etablierten politischen Spektrum, noch ist sie angreifbar!
Die Redaktion Bahamas ruft alle, die in der Erstürmung der Mavi Marmara kein Verbrechen erkennen können und die Auslieferung Israels an die ‚Gutmenschen’ verhindern wollen, dazu auf, sich aktiv an der Vorbereitung einer Kundgebung vor dem Berliner Karl-Liebknecht-Haus zu beteiligen.
Kontakt: redaktion@redaktion-bahamas.org
Berlin, 3.6.2010, Redaktion Bahamas
Frühere Aktivitäten sind im Aktuell-Archiv aufgeführt. Dort gibt es auch einige Audio-Aufnahmen.
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