Titelbild des Hefts Nummer 63
Occupy The Present
Heft 63 / Winter 2011
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Heft 63 / Winter 2011

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Inhalt des Hefts Nr. 63

Manche von diesen engagierten jungen Männern, die einen immer so müde aus ihren Brillen mit den dicken Hornrändern anschauen, wollen eigentlich nur ein gesetztes Leben jenseits der Bahamas führen. Das ist schon schwer genug, weil sie alles, was sie vom antisemitischen linken Mainstream unterscheidet, aus genau diesem Blatt gelernt haben und seither genauso ohnmächtig damit beschäftigt sind, die Spuren ihrer Lektüre zu tilgen, wie manche Altersgenossen ihre Facebook-Fotos aus früheren Jahren. Was also tun, wenn Maître Börnaar kommt, der schon eine Hornbrille trug, als er 1991 noch am Bodensee sein Abitur schrieb und zusammen mit Georg Klauda, der unter einem Pseudonym postet, das irgendwie an eine venerische Erkrankung erinnert, in aller Kreuzberger Öffentlichkeit, nämlich dem Mehringhof, zur Podiumsdiskussion Rechtspopulismus und die Linke einladen? In der Ankündigung dieser am 17.12.2011 abgehaltenen Veranstaltung heißt es: „Mit ihrer ,Ausländer raus!‘-Ideologie und ihrem dezidierten Hass auf alles Linke, vor allem jedoch auf die Antifa, kann man die Anti-Deutschen getrost dem rechten Lager zuordnen. Sie stellen den Brückenschlag zwischen linker und rechter Ideologie dar, und sind längst nicht passé. Während sie mit ihrer Islamhetze in die gesamtgesellschaftliche Diskursströmung einwirken, strahlen sie immer noch auf die Bewegung zurück. Ihre Schriften werden weiterhin von Linksradikalen gelesen, ihre ideologischen Gedankenfragmente kursieren noch in unserem Ideenpool und werden von jungen, unschuldigen Gemütern aufgenommen und in ihr politisches Weltbild eingebaut. Damit stellen die Anti-Deutschen den Anknüpfungspunkt zur Einbindung der Linksradikalen in einen gesamtgesellschaftlichen Konsens der Islamfeindlichkeit dar und erschweren so das Zustandekommen einer eindeutigen Positionierung gegen diese Form des Rassismus. Um den Antideutschen nicht in die ideologische Sackgasse zu folgen, die jeden Ansatz zu einer revolutionär-politischen Praxis unmöglich macht, ist es wichtig, an der Idee der Revolution festzuhalten und unsere Politik danach auszurichten.“ Kann man sich ohne zu widersprechen als Wurm im „Ideenpool“ von Leuten bezeichnen lassen, die einen trotz beachtlichen Kotelettenwuchses und auf dem Mauerpark für schweres Geld erworbener Hüte zu den „jungen, unschuldigen Gemütern“ rechnen, die Gefahr liefen, von den Anti-Deutschen vereinnahmt zu werden? Kann man eigentlich nicht. Und doch, was soll man als „Emanzipatorische Linke, emanzipatorische Antifas, emanzipatorische MaterialistInnen – wie auch immer man Leute mit etwas Vernunft, Theoriebildung und Selbstreflexion nennen will“, also einer revolutionär-politischen Praxis gar nicht so abhold sind, anderes tun als über den Einladungstext von Schmid und Klauda „genauso entrüstet (und verzweifelt) den Kopf zu schütteln, wie über die Artikel der Bahamas“? Wenn wir und unsere Freunde bei jeder Ausgabe länger mit dem Verpacken von Abonnenten-Exemplaren und Buchhandelspaketen zubringen, statt Alkohol und Zigaretten zu konsumieren, dann rufen auch wir aus: „Die Bedeutung der Zeitschrift Bahamas wird von ihren GegnerInnen weit übertrieben, würde sich doch sonst auch nicht der an Verschwörungsdenken erinnernde Glaube einer ‚Gefahr‘ für ‚die Linke‘ (wer ist das?) aufrecht erhalten lassen, der das eigene Handeln und Schreiben (zu diesem Thema meist auf Blogs) antreibt.“ (Alle Zitate aus dem Blog Critique aujourd‘hui, 14.12.2011) Dabei sollte man über uns Unbedeutende, statt so heftig den Kopf zu schütteln, besser Milde walten lassen, wir können doch gar nicht anders: „Antideutsch? Ach, deutscher kann ja kein Jüngling sein als dieser verträumte Blondschopf, auch nicht deutscher im international berüchtigten Sinn des Wortes: weltfremd eifernd.“ Das stand schon am 15.11.2007 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und stammt vom gleichen Lorenz Jäger, der am 13.10.2011 wieder in der FAZ sich unter der Überschrift Adieu Kameraden, ich bin Gutmensch endgültig von uns lossagte: „Genuin konservativ wäre es, die Vorschläge Barack Obamas zum Friedensprozess im Nahen Osten – Israel in den Grenzen von 1967 – ernster zu nehmen als die expansiven Anliegen der israelischen Siedler. Aber gerade mit deren Parteien haben sich Wilders, Stadtkewitz, die FPÖ und der belgische rechtspopulistische ‚Vlaams Belang‘ im vergangenen Jahr höchst offiziell verbündet. Übrigens treffen sich die Rechten in diesen außenpolitischen Vorstellungen ganz mit den Linksextremen von Konkret, der Jungle World oder den Bahamas. Antideutsch und überdeutsch spielen uns einen Streit vor, aber wir sehen sie Arm in Arm. Und plötzlich findet sich der genuine Konservative, der vermeintliche Militarist, in der ungewohnten Rolle des Pazifisten wieder.“ So schnell ist’s vorbei mit dem Kopfschütteln über eine Zeitschrift, deren Bedeutung weit übertrieben wird, so schnell werden nicht nur die laut, die es den eigenen Geisteskameraden so übel nehmen, dass sie den offenen Israelhass aus dem Programm genommen haben, dass sie flugs auf der Mavi Marmara anheuerten. Auch dort wo aujourd’hui dem Bernard Schmid deswegen Critique zuteil wird, weil er einer „Selbsthilfegruppe für ZwangsneurotikerInnen“ angehöre und nicht etwa weil er ein Antizionist und Zitatenfälscher ist, wird die Stimme heiser, wenn man auf die Bahamas zu sprechen kommt: „Meist handelt es sich dabei um von geringer Sachkenntnis ausgehende, eigene Ressentiments mangels Selbstreflexion/Selbstkritik als gesellschaftliche Realität wahrnehmende, bürgerliche Ideologie (Rechtsstaat, Bürgerlichkeit, Menschenrechte) unkritisch reproduzierende Schwurbeleien. Wenn es dann mit essentialistischen Kategorien und den eigenen Ressentiments im Bauch gegen Unterschichten und Migranten geht, die eigene Position zudem in K-Gruppen-Tradition als die einzig wahre Wahrheit vertreten und jegliche Kritik abgewiesen wird, ist ein Maß von Widerlichkeit erreicht, dass emanzipatorische Linke und damit auch Teile der antideutschen Linken zum deutlichen Bruch zwingen muss bzw. müsste.“

Und plötzlich findet sich der genuin emanzipatorische Gesamtlinke, der vermeintliche Antisemitismus-Kritiker in der ungewohnten Rolle des Vertreters expansiver Anliegen von Revolutionären wieder, die wie 99 % dieser Welt so lange für den Pazifismus streiten, bis der Siedlerstaat weg ist. Verträumt schütteln wir unsere Blondschöpfe und nehmen uns ganz weltfremd vor, noch ein paar unschuldige junge Gemüter mehr darüber aufzuklären, dass das Wort emanzipatorisch heute diejenigen für sich in Anspruch nehmen, die eifernd danach streben, ihr Unterkommen dort zu finden, wo das Maß der Widerlichkeit nicht mehr zu übertreffen ist: In Kultur und Medien, Unterricht und Politik.

    • Magnus Klaue erläutert, warum Der peinlichste Berliner jederzeit sympathischer ist als hauptstädtische Spaßkultur.
    • Londonistan Is Burning. Über den kommunitaristischen Verfall der britischen Gesellschaft berichtet Uli Krug.
    • Vorsprung durch Technik, so könnte der zentrale Werbeslogan der Piratenpartei lauten. Sören Pünjer über die neueste deutsche Avantgarde.
    • Das Viertel bleibt dreckig! – so tönt es, wenn Kiezmilizen zur Tat schreiten. Jan-Georg Gerber erläutert, warum das Leipziger Conne Island gegen militante Milieuschützer Solidarität verdient.
    • Die ägyptische Revolution kennt nur einen zentralen Programmpunkt: Allahu Akbar. Warum, erläutert Thomas Becker.
    • Einst ruhmreich und tatkräftig, nun verschlossen und erstarrt. Über die freiwillige Eindeutschung eines Islamkritikers und ursächliche Frühlingsgefühle, Justus Wertmüller.
    • Schmutzig, arm und ungebildet, so ersehnt sich der Verleger des Kommenden Aufstandes den Revolutionär von heute. Sonja Petersen über französische Verhältnisse.
    • Der Staat fürs Leben oder Sterben für den Staat? Diese Frage beantwortet Thomas Maul mit dem Verweis auf die Vorstellungen von Souveränität bei Benjamin Netanjahu und Helmut Schmidt.
    • Burkaschlampen gegen Benedikt. Über das kollektive Abreagieren anlässlich des Papstbesuches in Deutschland klärt Richard Kempkens.
    • 50 Jahre Mauerideologien nimmt Karl Nele zum Anlass, den Westalliierten einfach mal Danke zu sagen.
    • Kunst, Recycling, Entsorgung. Das ist der Dreiklang für die Zeit des Überganges vom Revolutionär zum Kulturfunktionär. Jan-Georg Gerber über die nimmer endenden Versuche der Adorno-Austreibung.
    • Dem Weltlauf widerstehen, statt Alternativen zu pointieren, das wäre den Freunden der engagierten Kunst zu entgegen. Justus Wertmüller erklärt, warum das Engagement auf dem Einverständnis beruht.
    • Sogenannte Wirtschaftsexperten können gar nicht anders als die Krise zu naturalisieren und von Schicksal zu faseln. Jörg Huber über das Kapital fatal.
    • Die Gewalt des Souveräns beruht auf der Echtzeit des Kapitals. Joachim Bruhn erklärt, warum dieses basale Verhältnis nur ergründen kann, wer weiß, warum Marx so gern den Satz Time is Money zitierte

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