Editorial 94
„Für die Kamera geht der Finger immer wieder in die Höhe“ berichteten die WAZ und andere Zeitungen, allerdings nicht über Antonio Rüdigers Posing-Auftritt auf Instagram vom 11.3.2024 zu Beginn des Ramadans, sondern schon fünf Monate davor am 24.10.2023. Damals erhob im Oberlandesgericht Duisburg in jeder Verhandlungspause der Angeklagte, ein 27-jährige Syrer namens Maan Dahtal, seine rechte Hand und zeigte mit dem Finger triumphierend nach oben zu Allah. Am 19.12.2023 wurde er wegen Mordes und vierfachen Mordversuchs zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt, wegen besonderer Schwere der Schuld wurde eine vorzeitige Haftentlassung ausgeschlossen und wegen seiner Gefährlichkeit die Sicherheitsverwahrung angeordnet.
Dahtal, der 2016 über die Balkanroute nach Deutschland gekommen war und sich als dem Islamischen Staat zugehörig bezeichnet, hatte in der Nacht des 9.4.2023 in der Duisburger Altstadt den 35-jährigen Irfan Dip mit 28 Messerstechen ermordet, der dort mit Freunden einen Geburtstag feierte. Am 18.4.2023 verschaffte sich Maan Dahtal unter dem Vorwand eine Probestunde absolvieren zu wollen, Zutritt zum Duisburger John-Reed-Fitnessstudio, wo er in der Dusche und im Umkleidebereich vier Männer mit einem 20 Zentimeter langen Messer lebensgefährlich verletzte. Das einzige seiner Opfer, dessen Namen man kennt, ist der 21-jährige Lehramtsstudent Yasin Güler, der eine Niere eingebüßt hat und an der anderen so schwer verletzt wurde, dass diese nur noch zu 15 Prozent funktioniert.
„Ich wollte so viele Ungläubige wie möglich töten“, erklärte der Angeklagte als er vor Gericht die Geschehnisse des 9.4.2023 schilderte. „Eigentlich habe er es auf die ganze Gruppe abgesehen, mit der das Opfer an diesem Abend draußen gefeiert hatte. Doch dann habe er Sirenen und Schreie gehört und sei nach Hause gegangen.“ (WDR, 2.11.2023) Ob unter den Männern und evtl. auch Frauen, mit denen Irfan Dip gefeiert und öffentlich Alkohol getrunken hat, noch weitere sichtbar migrantischen Hintergrundes waren, ist unbekannt. Wahrscheinlich war es der „Migrant“, der „Abtrünnige“, dem der besondere Zorn des Täters galt. Auch die WDR-Berichterstattung zur zweiten Tat klärt nicht viel auf: „Neun Tage nach der ersten Tat habe Maan Dahtal das Fitnessstudio in der Nähe seiner Wohnung als Ziel ausgewählt, weil er dort so viele Menschen wie möglich habe töten wollen.“ Es ist bekannt, dass Yassin Güler eine deutsche Mutter und einen türkischen Vater hat, aber über die anderen drei Opfer weiß man nichts. Öffentlicher Alkoholkonsum ist für Freunde des Tauhid-Fingers vor allem dann ein todeswürdiges Verbrechen, wenn der Sünder von ihnen als Muslim „gelesen“ wird. Doch auch Fitness-Studios sind längst schon in den Focus islamischer Glaubenskämpfer geraten. Einen Hinweis darauf, dass die Opfer gar nicht so zufällig ausgewählt worden sind, gibt es: Sie hatten einen gemischtgeschlechtlichen Kraftraum aufgesucht, in dem über Lautsprecher laute Techno- oder House-Musik dröhnt.
Ob man als Muslim überhaupt in ein Fitness-Studio gehen darf, beantwortet einer der vielen Internet-Prediger, die sich übrigens alle einig sind, so: „Sportliche Aktivitäten im Fitnessstudio sind im Prinzip erlaubt, jedoch wird es verboten, wenn es zu verbotenen Dingen führt. Das Hören von Musik ist zweifellos eines der Unarten, die der Muslim vermeiden soll und noch schlimmer an solchen Fitnessstudios ist die Anwesenheit von Frauen, welche nicht anständig gekleidet sind.“ Es gibt nur eine Ausnahme, die den Zutritt rechtfertigt und zwar jene, die Maan Dahtal als Erfüllungsgehilfe des Propheten wörtlich genommen hat: „Falls du also dieses Übel ändern kannst, wenn du in diese Fitnessstudios gehst, indem du versuchst die Verantwortlichen und die Aktivisten davon zu überzeugen, wie schlimm dies ist, dann kannst du dort hingehen und du wirst dafür belohnt in shā' Allāh, währenddessen du daran denkst, deine Blicke vor diesen Frauen zu senken.“ (almumtahana.wordpress.com/2012/01/29/darf-man-ins-fitnessstudio-gehen/)
In Deutschland war Amis Amri der erste Mörder, der seine Tat mit dem Tauhid Finger signierte. Die Berliner Morgenpost berichtete am 4.1.2017, dass der Attentäter vom Breitscheidplatz am 19. Dezember gleich nach der Tat im Bahnhof Zoologischer Garten eine Überwachungskamera gesehen, sich zu ihr umgedreht und der Kamera „den erhobenen Zeigefinger gezeigt (habe), den sogenannten Tauhid-Gruß, der vor allem unter IS-Anhängern bekannt ist“. Vor Gericht konnte er ihn nicht wiederholen, weil er am 23.12.2016 bei Mailand von einem Polizeibeamten in Notwehr erschossen wurde.
Bekannt geworden ist die Geste in westlichen Ländern nicht etwa deswegen, weil sie zur Alltagskultur der Moslems gehört, wie hartnäckig behauptet wird. Sie wäre heute weitgehend unbekannt, wenn sie nicht in direkter Verbindung mit islamischer Gewalt gegen Ungläubige und Abtrünnige stünde. Anis Amri und Maan Dathal haben nur aufgenommen, was sie aus dem Netz kannten und als Handlungsanweisung verstanden. Bekannt gemacht haben den Tauhid-Finger Osama Bin Laden und die Aktivisten von ISIS, also Massenmörder, die es auf die Rekrutierung von Nachahmungstätern abgesehen haben. Er ist bei der Hamas populär und war auf deutschen Straßen vor allem im Jahr 2016 im Zusammenhang mit der salafistischen „Lies!“-Kampagne zu sehen. Wer sich dieser Geste bedient, will nicht einfach seinem Glauben Ausdruck verleihen oder ein wenig provozieren, sondern drohen, Angst einflößen und könnte irgendwann auch selber zustechen. Der Tauhid-Finger, am besten in Verbindung mit Gebetsteppich und einem frommen Gewand, wie von Antonio Rüdiger vorbildlich demonstriert und via Social Media zur Nachahmung empfohlen, hat sich in nur wenigen Jahren zum einigenden Symbol der islamischen Gegengesellschaft entwickelt. Zwar wird er vorzugsweise den Institutionen und Repräsentanten der Mehrheitsgesellschaft entgegengereckt, er meint aber vor allem jene „moslemischen“ Kollaborateure, die in der dritten oder vierten Generation hier leben, aber weder in die Moschee gehen noch im Schwarzarbeitssektor der moralischen Ökonomie dahinvegetieren, sondern am Ende gar zusammen mit Deutschen im Ramadan einen heben gehen.
Antonio Rüdiger, der für seinen Instagram-Auftritt über zwei Millionen Likes bekommen hat, ist bestimmt kein heller Kopf, aber er wusste wofür er warb. Bundesinnenministerin Nancy Faeser dagegen gab sich ahnungslos, als sie „in der Diskussion über die Geste zur Gelassenheit“ aufrief. Der nach oben ausgestreckte Zeigefinger sei ein Zeichen, das gerade zu Beginn des Fastenmonats Ramadan viele muslimische Gläubige zeigen. Deswegen sollte man dieses auch nicht überbewerten.“ (BR 24, 27.3.2024) Die Aussage ist nicht nur falsch, denn noch zeigen jedenfalls in Deutschland auch zum Ramadan nur sehr wenige Moslems den Tauhid-Finger, sondern auch verlogen, da zu befürchten steht, dass diese Geste schon bald massenhaft gezeigt werden wird, was man gar nicht überbewerten kann. Faeser räumte im gleichen Statement ein, dass das Zeichen seit einigen Jahren von Islamisten und Salafisten vereinnahmt werde. Es könne „in bestimmten Kontexten als Zeichen einer salafistischen bzw. islamistischen Radikalisierung angesehen werden, wenn Akteure sich bewusst dieser Mehrdeutigkeit bedienen“. Dies müsse im Einzelfall geprüft werden. Ansonsten sei die Geste „mit Blick auf die öffentliche Sicherheit als unproblematisch einzuordnen“. (BR 24, 27.3.2024)
Vor zwei Jahren klang das noch anders. Die Welt vom 17.6.2022 berichtete, dass Nancy Faeser damals dafür sorgte, dass mehreren migrantischen Jugendlichen aus Berlin, die wenige Tage zuvor in ihrer Anwesenheit als „Verfassungsschüler“ ausgezeichnet worden waren, ihre Urkunden zurückgeben mussten. Es stellte sich nämlich rasch heraus, dass auf dem vom Innenministerium online gestellten Abschlussfoto einige der Ausgezeichneten „Gesten“ zeigten, die „allen anderen Jugendlichen und diesem wichtigen Bildungsprojekt geschadet“ hätten. Zwei Jugendliche erhoben die Hand zum Rabia-Zeichen der islamistischen Moslembruderschaft, das 2016 vom türkischen Präsidenten übernommen wurde, ein weiterer zeigte den rechtsradikalen türkischen Wolfsgruß und der vierte den gestreckten Tauhid-Zeigefinger. „Wir haben gestern 150 Jugendliche als ‚Verfassungsschüler‘ ausgezeichnet, weil sie an diesem Bildungsprojekt teilgenommen haben. Einige haben auf dem Abschlussfoto Gesten gezeigt, die völlig inakzeptabel sind. Das verurteilen wir scharf“, teilte das Ministerium auf Twitter mit. „Um die ganz überwiegende Zahl der Jugendlichen auf dem Foto zu schützen, die sich korrekt verhalten haben, haben wir das Foto jetzt gelöscht. Wir ziehen daraus Konsequenzen. Wir werden mit dem Projektträger und den beteiligten Schulen zusammen den Jugendlichen, die diese Gesten gezeigt haben, die gestern verliehenen Urkunden entziehen.“ (ebd.)
Auf eine CDU-Anfrage hin, teilte Faesers Ministerium dem deutschen Bundestag mit: „Unmittelbar nach Bekanntwerden des Fotos hat der Zuwendungsempfänger mehrere Gespräche mit den Jugendlichen, den Eltern und dem schulischen Umfeld geführt und hierüber das BMI informiert: Die Jugendlichen wurden in den Gesprächen mit der Symbolkraft ihrer mehrdeutigen Gesten, die sich auch extremistischen Bewegungen zuordnen lassen, konfrontiert. Sie haben beteuert, diese nicht extremistisch gemeint zu haben, sich für ihr Verhalten entschuldigt und jede Form von Extremismus abgelehnt. […] Der Zuwendungsempfänger begreift diesen Vorfall als Lernanlass für die weitere Arbeit in dem Projekt.“ (https://dserver.bundestag.de/btd/20/032/2003287.pdf)
Der Zuwendungsträger nennt sich Teachfirst gGmbH und schreibt auf seiner Website über Armut, Schulabbrecher und Chancengerechtigkeit, aber nicht über den Islam. Dabei wissen die Mitarbeiter von Teachfirst ganz genau, dass vor allem an den immer zahlreicher werdenden Schulen mit sehr hohem moslemischen Schüleranteil Gestalten wie jene Verfassungsschüler, die die „völlig inakzeptablen“ Gesten gezeigt haben, tonangebend sind. „Dort beginnen Konflikte ‚häufig mit Mobbing gegen Schüler, die sich einem anderen Wertekanon zugehörig fühlen‘. Themen wie Selbstbestimmung Kleidungswahl und Religion können zur Abwertung führen. Betroffen seien nicht nur deutsche Schüler ohne Migrationshintergrund, sondern auch alevitische Schüler, liberale Muslime und Juden. ‚Einige dieser Schüler werden sogar Opfer von Gewalt, andere passen ihr Verhalten an, und manche konvertieren zum Islam, um den Schulalltag zu meistern.‘ Es sei alarmierend und beschämend, dass Schulleitungen und Lehrkräfte diese Vorfälle teilweise nicht wahrnehmen, ignorieren oder unsicher sind wie damit umzugehen ist.“ Doch Vorsicht! Das stammt aus der rechten Presse, die ausgerechnet einen Kronzeugen präsentiert, der in der Umma als Abtrünniger gilt. Die zitierten Aussagen stammen von Ahmad Mansour und sind im Focus vom 24.4.2024 erschienen. Nancy Faeser, die weiß, dass er recht hat, redet zusammen mit „Trägern“ wie Teachfirst alle Beschwerden von Eltern, Schülern und gar nicht so wenigen Lehrern klein, die das Übel beim Namen nennen und besteht wie im Fall des Tauhid-Fingers auf Einzelfallprüfung, deren Ergebnis regelmäßig darauf hinausläuft, dass die Situation als „unproblematisch“ bewertet wird.
Das letzte Wort in Sachen Islam haben insofern regelmäßig Initiativen gegen rechts, die sich Willkommenskultur, Vielfalt und Diversität auf die Fahne schreiben. „Weltoffenheit, Respekt und Gemeinschaft sind Werte, die Deutschland nicht nur zu einem lebenswerten, sondern auch zu einem wirtschaftlich starken Land machen. Deshalb stehen wir zusammen für ein offenes Land, das sich Schwierigkeiten mutig stellt.“ (Kampagne #Zusammenland). Wenn es gilt, dumpfem „Populismus“ eine Absage zu erteilen, „aus der Geschichte“ zu lernen, ohne sich von „rechter Propaganda aufheizen und aufhetzen zu lassen“ damit „Spaltung“ keine Chance habe und ein „neues Miteinander“ erblühe, dann steht eines fest: Die Islamisierung wird sich ungebrochen fortsetzen.
Frühere Aktivitäten sind im Aktuell-Archiv aufgeführt. Dort gibt es auch einige Audio-Aufnahmen.
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