Einem, der sich darüber beklagen will, daß er „der antisemitische-antiamerikanische Hauptfeind der Leute, die sich ‚die Antideutschen‘ nennen“ geworden sei und das in der Zeitschrift, als deren Herausgeber er stolz firmiert, sich nicht zu sagen traut, weil sonst der Redaktionsfrieden schief hängen würde, bleibt immer noch das garantiert antizionistische Berliner Stadtmagazin zitty (23/04) als Kotzkübel. Hermann L. Gremliza weiß über uns: „Verrückte aber pflegen sich die Welt ,aus einem Punkte‘ zu erklären, wie es im Faust heißt. Dieser eine Punkt ist für diese Leute der Antisemitismus. Das Gute wohnt, wo es keinen Antisemitismus gibt: bei den Juden. Israel, als Staat der Juden, ist nicht nur politisch zu verteidigen, wie Konkret das tut, sondern seine jeweilige Politik ist bedingungslos zu loben. Das gilt dann auch für alle, die Israels Existenz garantieren, zuvörderst die USA und ihr politisches Personal –sei es auch vertreten durch einen Kretin wie Bush oder eine Knallcharge wie Rumsfeld.“ Wir halten Verhältnisse, unter denen es keinen Antisemitismus gibt, wirklich eher für „gut“ und bedauern, daß es die nur „bei den Juden“ und territorial gesehen nur in ihrem Staat gibt, wodurch wir uns von den Lesern der zitty unterscheiden. Wir verteidigen Israel auch nicht „politisch“, sondern bedingungslos und nehmen uns gerade deshalb nicht heraus, Lob oder Tadel an seine „jeweiligen“ Regierungen zu verteilen, was uns von Hamburger Magazinen für Politik und Kultur unterscheidet. Und wenn wir jemandem seine Selbstdarstellung nicht abnehmen, dann sagen wir es auch. Uns will es nämlich scheinen, daß Länder, deren Regierungen von Kretins und Knallchargen angeführt werden, wohl kaum die verteidigenswerte Existenz des Staats der Juden „garantieren“, sondern lediglich zu garantieren vorgeben. War es nicht diese „antisemitische-antiamerikanische“ Gewißheit der zitty-Leser, die trotz des zu Rückversicherungszwecken eingesetzten Indikativs bestärkt werden sollte?
Andere Punkte zur Welterklärung als die Kritik des Antisemitismus sind inzwischen leider irgendwie anrüchig geworden. Zum Beispiel dieser: „Um Antisemitismus auszuhebeln bedürfe es aber einer universellen Gesellschaftskritik und der Überwindung der Nationalstaaten. Dazu müsse auch die Linke wieder mehr leisten. Oder, wie Zuckermann knapp formulierte: ‚Wir brauchen die Weltrevolution’“ (ND, 3.11.04). Moshe Zuckermann hatte nach einer Tagung der Böckler-Stiftung bei Berlin mit dem Titel „Sind auch Linke antisemitisch?“ wieder Grund zur Klage. Obwohl er energisch kritisiert hatte, „dass innerhalb der deutschen Linken Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik gleichgesetzt“ würden, wollte ihm die Mehrheit der 300 Teilnehmer nicht folgen. „Demzufolge zeigte er sich enttäuscht, dass die ‚barbarische Besatzungspolitik Israels‘ auf der Tagung kaum diskutiert wurde.“ (ebd.) Schuld daran haben „Verrückte“, seien es nun Redakteure der Bahamas oder Mitglieder der Kölner Georg-Weerth-Gesellschaft. Die haben es zusammen mit anderen Freunden der antideutschen Ein-Punkt-Bewegung fertig gebracht, Zuckermann so sehr zu diskreditieren, daß ihm vorläufig nur noch die publizistische Schmuddelecke beim Neuen Deutschland oder analyse & kritik bleibt. Ein steiler Abstieg, wenn man bedenkt, wo er als die an Adorno geschulte, linke israelische Stimme hofiert wurde bis zu seinem gemeinsamen Auftreten mit Berufspalästinensern, Islamisten, Querfront-Politikern und anderen Antiimperialisten auf der Konferenz, „Stop the Wall in Palestine“ im Juni 2004 in Köln: In Konkret, der Jungle World, den Blättern des IZ3W und Phase 2. Diese für differenzierte Antisemitismus-Diskurse mit Option auf weltrevolutionäre Lösungen an der Seite unterdrückter Multitudes bekannten Zeitschriften haben nach seinem Kölner Auftritt vor Moshe Zuckermann die Tür zugeschlagen. Der noch vor kurzem so Vielzitierte kommt in keiner Fußnote mehr vor, auf seine einst so geschätzte Meinung ist keiner mehr neugierig, die Koryphäe von gestern wird heute einfach totgeschwiegen.
So sehen die Siege der Bahamas aus. Es war einfach kein Durchkommen, als wir vor drei Jahren damit begannen, den Zuckermann-Fans durchzudeklinieren, daß er nichts als antiimperialistisch motivierte Feindschaft gegen den jüdischen Staat im Gepäck habe, nie auch nur eine Ahnung von kritischer Theorie gehabt hätte, und von der Bundesregierung hätte erfunden werden müssen, wäre er nicht längst ihr Berater für die Abwehr „zionistischen“ Mißbrauchs der jüngeren deutschen Geschichte. Als wir voraussagten, daß einer, der wie ein europäischer Antisemit aus globaler Sorge über den Weltfrieden, der von Israel bedroht würde, deliriert, irgendwann wirklich mit dieser Kumpanei einvernehmlich auf dem Podium sitzen würde, galten wir wahlweise als Verrückte oder als Antisemiten. Als Zuckermann es dann wirklich tat, rieb man sich verwundert die Augen und ging auf Distanz. Und das aus dem einzigen Grund, weil die Antifa recherchiert hatte, wer die anderen Damen und Herren waren und mit wem sie Verbindungen unterhielten. Denn Zuckermann hat in Köln genau das gleiche Zeugs verkündet, was von den vier Organen der weichgespülten Israel-Solidarität in Interviews und Dossiers und sogar einem Buch breitgetreten wurde. Deshalb war in diesen Zeitschriften auch kein Wort der Scham über die eigene Schamlosigkeit erschienen, ausgerechnet mit dieser Knallcharge die Israelsolidarität diskreditiert zu haben; und auch keines der Selbstkritik über das korrupte Einknicken vor der antizionistischen Mehrheit der eigenen Leser.
Zuckermann hat bei der antisemitismuskritischen Linken zwar vorläufig ausgespielt, nicht aber der Diskurs gegen die Israelsolidarität, der dauernd vor Überidentifizierungen deutscher Täterenkel mit den Nachkommen der Ermordeten warnt, was zu neuen antisemitischen Zuschreibungen führen könnte. „Durch Wegwischen der Differenzen würden ‚die Juden‘ aber wieder zur Kategorie, indem sich ein Ressentiment ausdrücke“ (ND, 3.11.04), warnte der Meister. Sein Verleger höhnte: „Das Gute wohnt, wo es keinen Antisemitismus gibt: bei den Juden“, und Sulaiman Wilms sieht durchaus anschlußfähig Gefahren von rechts aufziehen: „Bedenklich wird dies insbesondere für Muslime, da in der Ideologie der ‚Anti-Deutschen‘ eine Art umgekehrter, unbewußter Antisemitismus zur Anwendung kommt. Den historischen Antisemitismus – der ja gerade nicht in der muslimischen Welt beheimatet war – und den Holocaust als absoluten Nullpunkt betrachtend, kommen die ‚Anti-Deutschen‘ zur verqueren Schlußfolgerung, dass jeder Muslim (...) durch seine Anerkennung des Qur’an als Allahs Wort und die Praktizierung des Islam per se zu einem Antisemiten wird.“ (www.islamische-zeitung.de)
Verteidigung des Sozialstaatesentgegnet Karl Nele mit der Kritik einer kulturellen Ökonomie.
Hegemonialkultur. Von Irene Lehmann.
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